Kardinal Koch: "Keine Alternative zur Ökumene"
Kurienkardinal Kurt Koch betonte in seinem Vortrag bei der Festakademie des Martinsfestes am Sonntagnachmittag in der Eisenstädter Wirtschaftskammer die Bedeutung der Ökumene und die Unerlässlichkeit des Dialogs zwischen unterschiedlichen christlichen Kirchen: "Gerade die Zunahme der Christenverfolgungen verdeutlicht die existenzielle Dringlichkeit der Ökumene in der heutigen Welt"
Eisenstadt – "Es gibt zur Ökumene schlechterdings keine Alternative. Dies gilt zumal, da die christliche Ökumene eine besondere existenzielle Dringlichkeit in der heutigen Welt erhalten hat, in der mehr Christenverfolgungen als in den ersten Jahrhunderten stattfinden": Das betonte Kurienkardinal Kurt Koch in seinem Festvortrag bei der Festakademie in der Eisenstädter Wirtschaftskammer. Der hochrangige Ehrengast, der auch Präsident des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen ist, stellte in seinen Ausführungen die Situation der Ökumene in den Mittelpunkt.
Dass die Ökumene das zentrale Thema der Festakademie bildete, war alles andere als Zufall. Schließlich, so Pastoralamtsleiter und Akademie-Mitveranstalter Richard Geier, sei die "Diözese Eisenstadt der Hotspot der Ökumene in Österreich. Bei uns herrscht keine ökumenische Stille, sondern Zuneigung." Neben Kurienkardinal Koch als Festvortragenden sprachen auch der evangelische Superintendent Manfred Koch, der griechisch-orthodoxe Metropolit Arsenios Kardamakis sowie zum Abschluss Diözesanbischof Ägidius J. Zsifkovics. Mehr dazu im Artikel Eisenstadt als "Hotspot der Ökumene"
Gemeinsame Leiderfahrung als Aufruf zur Ökumene
"Alle christlichen Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften haben heute ihre Märtyrer. Christen werden heute nicht verfolgt, weil sie katholisch oder orthodox, protestantisch oder pentekostalisch (christliche Pfingstbewegung; Anm.) sind, sondern weil sie Christen sind. Das Martyrium ist heute ökumenisch und man muss von einer eigentlichen Ökumene der Märtyrer sprechen", betonte der Kurienkardinal und "Ökumeneminister" des Vatikans. Das Leiden so vieler Christen in der heutigen Welt bilde somit eine "gemeinsame Erfahrung", die ein überzeugendes Zeichen und ein starker Aufruf für Bemühungen um die Ökumene sei. "Die Märtyrer gehören allen Kirchen und ihr Leiden ist eine ‚Ökumene des Blutes‘", woraus eine "vordringliche ökumenische Verantwortung" resultiere, so der prominente Festvortragende beim Martinsfest in Eisenstadt.
Herausforderungen entschlossen angehen
Angesichts dieser existenziellen Dimension der Leiderfahrung so vieler Christinnen und Christen in der heutigen Zeit müssten auch zentrale Kontroversen im ökumenischen Dialog der Gegenwart entschlossen und engagiert gelöst werden. So sei zwar unter verschiedenen christlichen Kirchen und Gemeinschaften heute ein weitgehender Konsens über "viele Einzelfragen des Glaubensverständnisses" erzielt worden. Eine breite Kluft bestehe aber gerade im Verständnis von "ökumenischer Einheit der Kirche selbst".
Suche nach Einheit für Christen essentiell
Der postmodernen Skepsis gegenüber das Streben nach Einheit, das im "starken Gegenwind eines relativistischen Zeitgeistes" die "Suche nach Einheit nicht nur als unrealistisch, sondern auch als nicht wünschenswert" aussehen lasse, erteilte Kurienkardinal Koch eine Absage. Denn "Einheit ist eine Grundkategorie des christlichen Glaubens": Ohne Bemühen um Einheit der Christen und damit um Überwindung der Spaltungen des einen Leibes Christi in der einen von Gott geschaffenen Welt "würde sich der christliche Glaube selbst aufgeben", so der Präsident des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen.
In ethischen Fragen mit einer Stimme sprechen
Gerade angesichts dringlicher ethischer Fragen – von Aspekten des Lebensschutzes bis zur Gerechtigkeit und einem christlichen Menschenbild – brauche es ein gemeinsames und einheitliches Auftreten der Christen: "Wenn die christlichen Kirchen und Gemeinschaften zu den großen ethischen Fragen in der heutigen Zeit nicht mit einer Stimme sprechen können, wird diese christliche Stimme in den säkularistischen Gesellschaften heute immer schwächer", stellte Kardinal Koch fest. Angesichts dieser ethischen und vor allem der existenziellen Dimension gemeinsamer Grunderfahrungen von Christen auf der ganzen Welt rief der Kurienkardinal zu mehr Mut für die christliche Ökumene, für die Solidarität und Geschwisterlichkeit der Christen auf.
Der Festvortrag von Kurienkardinal Kurt Koch steht hier zum Download bereit.