"Den Tisch der Gemeinschaft niemals verlassen"
Bischof Zsifkovics appelliert an Studenten und Professoren des Kirchenrechts, im Blick auf die "Wunden des Auferstandenen und die eigenen Wunden die Barmherzigkeit niemals zu vergessen" - Neue Fakultätsmensa als Symbol der Gemeinschaft sowie geistiger, seelischer und körperlicher Nahrung / Hohe Auszeichnung des Eisenstädter Bischofs durch Erzbischof-Powathil-Liturgieinstitut / Kirchweihe in Kumily im syro-malabarischen Ritus als emotionaler Höhepunkt
Eisenstadt / Kerala - Mit dem Thema Bildung in den verschiedensten Facetten befasste sich Ägidius Zsifkovics in den letzten Tagen seines Besuches in Kerala. Beeindruckende Begegnungen mit den Menschen in kirchlichen Bildungseinrichtungen und Ausbildungsstätten bestätigten den richtigen Weg der Diözese Eisenstadt, in ihrer Partnerschaft mit der Diözese Kanjirapally immer auch auf die Karte Bildung als einer der stabilsten Währungen von Nachhaltigkeit zu setzen.
Unterstützung für kirchenrechtliche Fakultät
Unmittelbar nach seinem Abstecher in die lateinische Diözese Vijayapuram besuchte Bischof Zsifkovics das Institut für Ostkirchenrecht an der Paurastya Vidyapitham Universität in Kottayam. Hier war mit Hilfe der Diözese Eisenstadt eine neue Mensa und Küche für den Lehrbetrieb der kirchenrechtlichen Fakultät entstanden. Am Uni-Campus kam es auch zu einer ersten Begegnung mit einer kleinen Gruppe aus Stegersbach und Ollersdorf, die eigens für die in wenigen Tagen bevorstehende Kirchweihe in Kumily angereist war - stellvertretend für viele Menschen aus den beiden burgenländischen Gemeinden, die mit ihrer Spende den Kirchenbau unterstützt haben. Auch sie nahm an der anschließenden Segnung der neuen Küche und Mensa teil.
Zsifkovics: "Auch Kanonisten müssen essen"
In seiner auf Englisch gehaltenen Ansprache vor dem versammelten Kollegium aus Studenten und Professoren des Ostkirchenrechts sowie anderer Disziplinen verknüpfte Zsifkovics den Gedanken der Mensa mit dem Bild von der christlichen Gemeinschaft, die der Nahrung bedarf. "Auch Kanonisten, Studenten wie ihre Professoren, müssen essen" so der Bischof zur allgemeinen Erheiterung, "damit sie selbst in ihrem Dienst als Theologen und Kirchenrechtler den Menschen Nahrung anbieten können." Doch diese geistig-geistliche Nahrung, die der Priester verteilt, könne nur dann eine gesunde Kost sein, wenn er selbst aus der Gemeinschaft mit den anderen und mit Jesus lebt. "Verlassen wir daher niemals die Gemeinschaft mit Gott und den Mitmenschen!", so der Bischof. Zuletzt appellierte Zsifkovics an das Kollegium, "stets sich zu orientieren an den Wundmalen des Auferstanden und auch die eigenen Wunden nie zu übersehen", nur so könne man "seinen Dienst als Theologe und Kirchenrechtler mit der immer wieder zu übenden Barmherzigkeit versehen". Die neue Mensa sei stets eine Erinnerung an Gemeinschaft und Barmherzigkeit.
Der Rektor der Universität, Father Andrew Mekkattukunnel, der Rektor des affiliierten Apostolischen St. Thomas Seminars, Father Joy Ainiyadan, und der Vorstand des Instituts für Ostkirchenrechts, Father James Thalachelloor, dankten Zsifkovics für seine Ausführungen und baten ihn im Folgenden um die Segnung von Mensa und Küche.
Besuch im Noviziat der Vinzentiner und im Erzbischof Powathil Liturgical Research Centre
Ausbildung stand auch im Zentrum des Besuchs des Eisenstädter Bischofs im Provinzhaus des Vinzentinerordens in Kottayam, wo ihn der Provinzobere Father Matthew Kakkattupillil aufs Allerherzlichste begrüßte. Hier befindet sich auch das Noviziat der Ordensprovinz, wo die angehenden Kleriker ihre Ausbildung erhalten. Bischof Zsifkovics sprach mit den jungen Männern über ihre Vorstellungen und Perspektiven und ermutigte sie zum Weitergehen auf dem eingeschlagenen Weg. Es handelt sich um jene Ordensprovinz, deren Seelsorger im burgenländischen Seelsorgeraum Mischendorf-Kirchfidisch-Hannersdorf ihre pastoralen Dienste verrichten. Der Ordensobere hatte bereits anlässlich des Starts dieses neuen Seelsorgeraums das Burgenland besucht, Bischof Zsifkovics nutzte die Indienreise nun zu seinem ersten Gegenbesuch. Er dankte Father Matthew Kakkattupillil für den wertvollen Dienst an den burgenländischen Gläubigen.
Die letzte Bildungsstation war der Besuch des Archbishop Powathil Liturgical Research Centre (APLRC) in Changanacherry, wo man Bischof Zsifkovics als Teilnehmer an einem Liturgiekongress erwartete. Doch zuvor musste Bischof Zsifkovics eine traurige Nachricht entgegennehmen: Alt-Erzbischof Josef Powathil, dem er einen eigenen Besuch abstatten wolle, war wegen gesundheitlicher Probleme ins Krankenhaus gebracht worden. Umgehend besuchte ihn Zsifkovics im Spital und überbrachte die Genesungswünsche der Diözese Eisenstadt. Danach ging es in das nach dem Alt-Erzbischof benannte, von ihm gegründete Forschungszentrum für liturgische Fragen. In einer Feierstunde wurden dort Bischof Zsifkovics und der diözesane Beauftragte für die burgenländisch-indische Partnerschaft Dechant Karl Hirtenfelder mit einer hohen Auszeichnung des Instituts geehrt.
Von der Großbaustelle zum Kirchenjuwel in 5 Tagen
Es ist für mitteleuropäische Augen und Ohren nur schwer vorstellbar, mit welcher Feierlichkeit und Freude christliche Gottesdienste in Kerala stattfinden. Zumal, wenn die Menschen ein neues Gotteshaus einweihen, wie an jenem Tag die St. Thomas Forane Church in Kumily. Mit den 5000 Gläubigen der Pfarre hatten sich neben der Pilgergruppe mit ihrem Bischof an der Spitze auch die Besucher aus Ollersdorf und Stegersbach dem Fest eingegliedert – stellvertretend für die vielen Spender aus der Diözese Eisenstadt, die den Großteil der Kosten (Stichwort "Fastenaktion") für den Kirchenbau aufgebracht haben. Pfarrer Thomas Vayalunkal, der seiner auf 5000 Gläubige angewachsenen Gemeinde in Kumily eine eigene Kirche geben wollte, war von 1993 bis 2001 Kaplan in Stegersbach und Ollersdorf gewesen. Er trat diese Stelle nach einem Doktoratsstudium an der Universität Wien in Pastoraltheologie an – eine der vielen Früchte der nun schon 38 Jahre währenden Partnerschaft zwischen den Diözesen Eisenstadt und Kanjirapally. Das in Österreich Gelernte setzt er ab 2008 in Kumily um: Alle Familien der Pfarre wurden besucht und es wurde ein gegliedertes Netzwerk von 60 Basisgemeinden zwischen den Gläubigen gespannt; zuerst wurden Häuser für die Ärmsten gebaut, Projekte zur Ausbildung von Jugendlichen angestrengt und ein Gemeindezentrum errichtet. Mit der neuen Kirche kann Father Thomas nun seinem liebevollen Engagement für die Pfarrmitglieder die Krone aufsetzen. Und tatsächlich: Was vor 5 Tagen noch eine Großbaustelle war - die entsprechenden Fotos sprechen Bände! -, erstrahlte jetzt am Tag der Kirchweihe als sakrales Juwel. Sogar die Nachbarpfarren hatten Tag und Nacht mit angepackt, damit am großen Tag alles fertig ist - eine Form der Solidarität zwischen benachbarten Pfarren, von der sich mancherorts allerhand abschauen ließe.
Vom Exil auf rettendem Palmblatt zurück in die Wirklichkeit der feiernden Gemeinde: Die Qurbana
Die Heilige Qurbana, wie die Eucharistiefeier im syro-malabarischen Ritus bezeichnet wird, ist eine uralte Liturgieform der Thomas-Christen, die die Gründung ihrer Gemeinden auf den Apostel Thomas zurückführen. Dass die Thomas-Christen Indiens ihre Gottesdienste heute wieder in der traditionellen Weise feiern können, verdanken sie Erzbischof Powathil. Der legendäre Alt-Erzbischof von Changancherry, große Beter und scharfsinnige Intellektuelle, der als die "Krone der Syro-Malabarischen Kirche" bezeichnet wird, hatte in seiner Amtszeit den uralten, von den Portugiesen verbotenen und auf Palmblättern im Geheimen festgehaltenen Messritus der Thomas-Christen im Land wieder aufgebaut und in den liturgischen Alltag der syro-malabarischen Kirche zurückgeholt.
Emotionaler Höhe- und Schlusspunkt einer unvergesslichen Reise
Das Fest der Kirchweihe wurde zu einem unvergesslichen Abschluss dieser Reise. Nach einem prachtvollen Einzug der Kleriker und einer herzlichen Begrüßung der burgenländischen Gäste durch Bischof Arackal, bei der auch im Besonderen der beinahe 4 Jahrzehnte währenden Diözesanpartnerschaft gedacht und dafür gedankt wurde, begann die Heilige Qurbana, Ritus und Messopfer der Gemeinde. Bischof Zsifkovics hatte die besondere Ehre, ein geistliches Wort zu halten - dies in Konsekutivübersetzung durch Father Aby Puthumana, den Pfarrer von Lockenhaus - und gemeinsam mit Bischof Arackal und Weihbischof Pulickal die anschließende Segnung der neuen Kirche und die Altarweihe vorzunehmen. Davor hatte Zsifkovics die anwesenden Gläubigen auf Malayalam, der Sprache Keralas, begrüßt. In seinem geistlichen Wort erinnerte rief Zsifkovics an die Bedeutung des Gotteshauses als Ort der Begegnung zwischen Mensch und Gott, aber auch der Menschen miteinander in ihren unterschiedlichsten Lebenssituationen, mit ihren unterschiedlichsten Anliegen und Freuden, Leiden und Problemen. Er rief die Gläubigen dazu auf, ihr neues Gotteshaus stets zu einem Ort zu machen, an dem alle Platz haben. Besonderen Dank sprach Zsifkovics dem Pfarrer und Initiator der Kirche Father Thomas Vayalunkal für sein Werk aus, aber auch den anwesenden Gästen aus Stegersbach und Ollersdorf mit dem Ollersdorfer Bürgermeister Bernd Strobl an der Spitze, deren Gemeinden mit Spenden den Bau der neuen Kirche ermöglicht hatten. Erinnert wurde auch an den verstorbenen Leopold Heller, der sich in seinen letzten Lebensjahren dem Bau der neuen Kirche verschrieben hatte. Seine bei der Kirchweihe anwesende Gattin Renate nahm nach der Messe, ebenso wie Bernd Strobl, eine Auszeichnung der dankbaren Gemeinde entgegen - stellvertretend für die vielen Menschen in der Heimat, die das großartige Werk mitunterstützt haben.
Bischof Zsifkovics nutzte die Stunde nach der Qurbana für das, was ihm zu den liebsten Dingen seiner Berufung zählt: die direkte Begegnung mit Menschen. Der indische Subkontinent hat ihm dafür reichlich Gelegenheit geboten.