Wo die Muttergottes den Sari trägt
Bischof Zsifkovics und Delegation aus der Diözese Eisenstadt unternehmen Pilgerfahrt zum Grab des heiligen Thomas und in das indische "Lourdes" Vailankanni / Zsifkovics am Thomasgrab: "Gott im Gebet und in der Eucharistie tatsächlich berühren" / Großer Besuch in Partnerdiözese Kanjirapally
Eisenstadt / Tamil Nadu / Kerala - Gemeinsam mit einer kleinen Pilgergruppe aus dem Burgenland begab sich Diözesanbischof Ägidius Zsifkovics von 1. bis 16. Februar auf eine Reise nach Südindien. Im Mittelpunkt standen der Besuch des größten indischen Marienwallfahrtsorts Vailankanni und der Partnerdiözese Kanjirapally, wo die Diözese Eisenstadt seit beinahe 40 Jahren soziale und humanitäre Projekte unterstützt.
Zsifkovics am Grab des heiligen Thomas: Zweifel, der uns zur Gewissheit führt
Der erste Besuch der von Bischof Zsifkovics angeführten Pilgergruppe galt den Wurzeln des christlichen Glaubens auf dem indischen Subkontinent: dem Grab des heiligen Thomas in Chennai, dem früheren Madras. Thomas, der zweifelnde unter den Aposteln, kam der Überlieferung nach im Jahr 52 nach Indien und bekehrte - Jahrhunderte vor der Christianisierung Europas - die Einheimischen an der Malabar-Küste zum Christentum. Er verbrachte die letzten Jahre seines Lebens in einer Höhle auf dem Little Mount im heutigen Chennai, bevor er im Jahr 72 durch den Speer eines Einheimischen tödlich verwundet wurde. Seine Anhänger brachten den Leichnam in die Krypta der späteren San-Thomé-Kathedrale in Chennai, die damit heute zu den drei Basiliken weltweit zählt (neben St. Peter in Rom und Santiago de Compostela), in der die sterblichen Überreste eines Apostels ruhen. Die Inder schätzen den heiligen Thomas sehr, 1972 wurde er von Papst Paul VI. zum "Apostel von Indien" ernannt.
Bischof Zsifkovics und die mitreisenden Geistlichen feierten mit der burgenländischen Delegation und indischen Gläubigen einen Gottesdienst in der Krypta. Zsifkovics bezeichnete in seiner Homilie das Grab des Apostels als einen Ort, "der uns Christen auch an den Zweifel im Menschen erinnert", gleichsam aber auch als die "Ruhestätte jenes Mannes, dem der Auferstandene seine Wunden zur Berührung darbot und ihm so die absolute Gewissheit gab, um sagen zu können: Du mein Herr und mein Gott". Ein Wort, auf das, so Zsifkovics, gläubige Christen bis heute dankbar vertrauen dürfen und damit "den auferstandenen Herrn in der Eucharistie und im Gebet tatsächlich berühren können".
Indischer Missionsgeist für Oberpullendorf
Der kommende Tag brachte für die Reisenden eine Begegnung mit Mitgliedern der Kongregation der Missionare des hl. Franz von Sales - jenen Patres, die in der Diözese Eisenstadt in Oberpullendorf seelsorglich tätig sind. Vom Rektor des ebenfalls am Mount Saint Thomas gelegenen Hauses, Pater Ignaci Muthu, herzlich willkommen geheißen, nutzte Bischof Zsifkovics die Gelegenheit, dem Orden für seine seelsorgliche Tätigkeit im burgenländischen Oberpullendorf herzlich zu danken. Beim anschließenden Gottesdienst in der Hauskapelle legte Zsifkovics das Evangelium aus und verglich die in der Synagoge gehaltene Distanz der Pharisäer zu Jesus mit Parallelen im Leben vieler heutiger Christen: "Oft vollziehen wir in der Kirche leere Rituale, sind aber innerlich distanziert vom Leben und der Lehre Jesu." Zum Abschied kamen die Besucher in den Genuss einer einzigartigen Darbietung: Pater Jeyaseelan, ein Mitglied des Salesianerkonvents, tanzte die Auferstehung Christi in der Tradition des sogenannten Kathakali: einer 400 Jahre alten, für Kerala typischen Form der Synthese aus Tanz, Drama und Musik. Jeyaseelan, ein Profitänzer, entwickelte die Auferstehungsgeschichte langsam, bevor sie ihren dramatischen, in einem Crescendo mündenden Höhepunkt erreichte.
Die Weiterreise in die alte französische Kolonialstadt Pondicherry führte die Gruppe vorbei an der Stadt Mahabalipuram, der alten Hafenstadt der Pallavas, die die Kunst des Bauens gigantischer Skulpturen ohne Mörtel beherrschten. Die weltberühmten, aus Monolithen hergestellten fünf Wagen sind beredtes Beispiel dieser verloren gegangenen Handwerkskunst.
Begegnungen mit Indiens hinduistischer Seele
Auf der Weiterfahrt von Pondicherry nach Vailankanni machten die burgenländischen Pilger einen Abstecher zum Schrein von Sri Aurobindo Gose. Der Dichter-Philosoph aus Bengalen kämpfte Anfang des 20. Jahrhunderts für die Unabhängigkeit Indiens und war für seine extremen Ansichten bekannt. Er floh vor den Briten ins französische Territorium von Pondicherry, wo er spirituellen Studien nachging und die Grundlagen des Yoga populär machte. Sein blumenverziertes Denkmal zieht bis heute Anhänger aus aller Welt an. Besonders aber die Begegnung mit einem Tempelelefanten während einer Zeremonie in einem nahe gelegenen Hindutempel prägte sich der burgenländischen Pilgergruppe ein. Im Gegensatz zu ihrer bedrohlich wirkenden Größe war die Elefantendame sehr sanft und ließ sich willig fotografieren.
Fürbitte für kranke Priester bei der indischen "Mutter von der Gesundheit"
Die Fahrt endete schließlich in Vailankanni, dem als "indisches Lourdes" bzw. "Lourdes des Ostens" bekannten größten Marienwallfahrtsort des indischen Subkontinents. Die dortige Basilika wurde erbaut, nachdem es im sechzehnten Jahrhundert drei Marienerscheinungen gegeben hatte. Die Kirche wurde mehrfach umgebaut und erweitert, zuletzt 1974/75. Im Jahr 1962 erhob Papst Johannes XXIII. die Kirche von Vailankanni in den Rang einer Basilica minor. Dass Bischof Zsifkovics an der als "Mutter der Gesundheit" verehrten Gnadenstatue in englischer Sprache seinen eigenen bischöflichen Wappenspruch aus dem Johannesevangelium wiederfand - "Was er euch sagt, das tut!" -, dürfte spontanen Niederschlag in seine einleitenden Worten bei der anschließenden Messfeier gefunden haben. Der Bischof appellierte an die mitfeiernden Pilger, "im Lärm der Welt Gottes Wort immer wieder zu uns durchdringen zu lassen, um seinem leisen Anruf folgen zu können." Zsifkovics betonte aber auch, dass er bei der indischen Mutter der Gesundheit insbesondere für zwei schwerkranke Priester der Diözese Eisenstadt beten wolle, die er "im Herzen mit nach Indien getragen" und denen er beiden seine Fürbitte vor der Gnadenstatue versprochen habe. "Wenn man zur Mutter kommt, darf man alles ablegen, was einen belastet und einem Sorge bereitet", so Zsifkovics wörtlich.
Indien-Beauftragter Hirtenfelder: "Muttergottes meint es nicht nur mit den Christen gut"
Dechantpfarrer Kanonikus Karl Hirtenfelder, langjähriger Beauftragter für die Partnerdiözese Kanjirapally, weihte bei seiner Predigt am Marienheiligtum die Pilger in zwei sehr persönliche Indien-Erfahrungen ein: "Die Mutter der Gesundheit hat mir in meinem Leben und insbesondere in Zeiten der Krankheit geholfen, den Willen Gottes anzunehmen", so Hirtenfelder. "Immer wieder erfahre ich, dass bei ihm nichts unmöglich ist. Die Muttergottes meint es dabei aber nicht nur mit den Christen gut. Von der gegenseitigen Ehrfurcht der Hindus und Moslems in Südindien können wir in Europa viel lernen. Hier lebt man, anders als etwa in Nordindien, religiöse Akzeptanz und gegenseitige Wertschätzung. Und: Hier schämen sich die Männer nicht, ihren Glauben offen zu zeigen.", so Hirtenfelder.
Pfarrer Brei im indischen "Lourdes": "Bei Gott ist alles gratis - auch unter Indiens Himmel"
Kreisdechant Franz Brei erinnerte bei der Morgenmesse des folgenden Tages in seiner Predigt an Bernadette Soubirous, die er auch, wie er ebenfalls in Erinnerung rief, auf seiner achten CD als singender Pfarrer anlässlich des 160-jährigen Lourdes-Jubläums zum Thema gemacht hatte: "Der Himmel hat sich aufgetan, weil ein Engel auf die Erde kam - so lautete damals der Text meines Liedes", so Brei, der uneingeschränkt auch "unter dem Himmel Indiens" gelte, wo es wichtig sei, "dass die Menschen sich immer wieder der Transzendenz öffnen und die geistigen Tankstellen anzapfen. Bei Gott ist alles gratis. Doch der Himmel tut sich nicht einfach so auf, sondern man muss darum beten." Die vielfältigen Transzendenzbezüge indischer Kultur lernte die Pilgergruppe auch auf ihrer Weiterfahrt nach Thanjavur kennen, wo sich der weltberühmte Brahadishvara-Tempel befindet. Der im 11. Jahrhundert vollendete Tempelkomplex gilt als das schönste Beispiel der Chola-Architektur und gehört heute zum UNESCO-Weltkulturerbe.
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