Pannonische Geschichte(n). 60 Jahre Diözese Eisenstadt – 100 Jahre Land Burgenland
Das Diözesanmuseum öffnet am 8. Juli 2020 wieder seine Türen und präsentiert anlässlich des Doppeljubiläums eine neue Ausstellung – Eine spannende Geschichte in Bildern, Schriften, Ornaten und einem Zeppelin.
Eisenstadt – Diözesanbischof Dr. Ägidius J. Zsifkovics ist die Öffnung der Klausur des ehemaligen Franziskanerklosters für die Jubiläumsausstellung zu verdanken. Leiter des Diözesanmuseums Mag. Bernhard Weinhäusel und seine Frau und Kunsthistorikerin Dr. Ildikó Weinhäusel-Farkas arbeiten seit Jahren daran wertvolle Schriftstücke auszugraben und Kunstschätze zur Diözesangeschichte zusammenzutragen. Anlässlich des Jubiläums 60 Jahre Diözese Eisenstadt – 100 Jahre Land Burgenland kuratieren sie gemeinsam eine Ausstellung, die die Entstehungsgeschichte(n) dokumentiert und erzählt, die Gegenwart reflektiert und Zukunftsperspektiven gibt.
Künstlerische Gestaltung auf mehreren Ebenen
Gemeinsam mit dem langjährigen Grafiker des Diözesanmuseums Martin Helge Hrasko und den Künstlern Heinz Ebner und Herwig Tollschein erfolgt auf mehreren Ebenen die künstlerische Gestaltung des Hauses. Auf mehreren Ebenen im wahrsten Sinne des Wortes, denn zum ersten Mal wird auch der erste Stock des Gebäudes, jener Teil der zuvor die Klausur des Franziskanerklosters war, für die Öffentlichkeit zugänglich sein. Der Gang im ersten Stockwerk bietet mit seinem Blick in das Kircheninnere ein einzigartiges Raumerlebnis. Insgesamt sind es 1800 m2 die erstmalig im Zuge der Doppeljubiläumsausstellung bespielt werden.
Bereits im Herbst des Vorjahres wurde eine Zusammenfassung der Landes- und Diözesangeschichte in einem Projekt mit Dr. Dominik Orieschnig, Leiter des Bischöflichen Sekretariates und persönlicher Referent des Diözesanbischofs, umgesetzt. Im Zuge dessen wurden Teppiche mit historischen Eckdaten designed, welche Martin Helge Hrasko mit der Grafikstudentin Anna Mattes gestaltete. "Das ist die Grundlage auf der wir uns ausbreiten im ganzen Haus", so Bernhard Weinhäusel. (nähere Informationen zu besagtem Teppich finden Sie hier) Die von Anna Mattes entwickelte grafische Handschrift wird nun auch für die Ausstellungstexte des Diözesanmuseums verwendet.
Wertvolle historische Exponate und zeitgenössische Kunst
Artefakte der römischen Antike von Ausgrabungen im Burgenland bilden den Einstieg in die umfassende Ausstellung im zweiten Stock des Gebäudes. Punktuell und vielfältig werden die wichtigsten Momente der Entstehungsgeschichte des Landes sowie der Diözese aufgezeigt. Wertvolle Exponate wie kirchenpolitisch brisante Schriftstücke, Biedermeiersessel mit aufgeklebten Zeitdokumenten, Ornate – liturgische Kleidung, und Reliquien präsentiert das Diözesanmuseum zum ersten Mal. Über die Möglichkeit der Ausstellung von Schlüsseldokumenten zur Diözesangründung freut man sich selbstverständlich besonders. Dazu zählen neben der Magna quae – der Gründungsbulle – auch ein Gratulationsschreiben aus der Mutterdiözese Győr und die erste Glocke der Regierung als Zeichen des guten Miteinanders.
Eine Gegenüberstellung und gleichsam Fusion von Geschichte und Gegenwart passiert schwerpunktmäßig im ersten Stock, der ehemaligen Klausur. "Die Verbindung von Vergangenheit und Zukunft wollen wir hier zeigen. Und, dass Qualität zu jeder Zeit seinen Platz hat. Dabei versuchen wir eine Parallele in der Farbigkeit durchzuziehen", so Kunsthistorikerin Dr. Ildikó Weinhäusel-Farkas. Zur Ausstellung kommen hier nicht nur Werke des Grazer Künstlers Herwig Tollschein, sondern auch barocke Paramente aus der Propsteipfarre Eisenstadt-Oberberg. Das Diözesanmuseum bemüht sich seit vielen Jahren um die Restaurierung wertvoller Paramente aus dieser Sammlung. Im Rahmen der Ausstellung werden von Ing. Gabriele Klein restaurierte Exponate gezeigt.
In der Zusammenarbeit mit dem Landesmuseum Burgenland wurde ein Restaurierungsprojekt von historischen Zunftfahnen gestartet. Drei Fahnen aus dem 18. Jahrhundert, die Christine Liebmann restaurierte, sind ebenfalls in der Ausstellung zu sehen. Außerdem kann erstmals ein Gemäldezyklus mit der Darstellung der franziskanischen Heiligen, eine Arbeit des berühmten Barockmalers Stephan Dorfmeister aus dem 18. Jahrhundert, besichtigt werden.
Widerstandskämpfer, Mönche und Musiker
Einzelne nun erstmals geöffnete Räumlichkeiten der Klausur erwarten BesucherInnen mit Einblicken in das Leben und die Geschichte hier vormals lebender und wirkender Persönlichkeiten. Einer von ihnen war Kapistran Pieller, ein ehemaliger Vorsteher des Franziskanerklosters in Eisenstadt, der sich im Zweiten Weltkrieg der Widerstandsgruppe "Antifaschistische Freiheitsbewegung Österreichs" anschloss und Flugblätter herstellte. Kurz vor der Befreiung der Alliierten im Jahre 1945 wurde er von der SS in Stein an der Donau erschossen. Mit der Österreichischen Franziskanerprovinz wurde vereinbart, anlässlich des 75. Hinrichtungstages von Kapistran Pieller eine Gedenktafel am ehemaligen Klostergebäude in Eisenstadt anzubringen, betonte Bernhard Weinhäusel.
Auch das Gäste- bzw. Empfangszimmer des Klosters ist erstmals BesucherInnen geöffnet. Was es auszeichnet ist nicht nur seine Optik sondern auch, dass sich hier viele wichtige Geister getroffen haben. Joseph Haydn, Franz Liszt und der Franziskaner Pater Joseph Stanislaus Albach. Der Musiker Liszt und der Naturwissenschaftler Albach haben mit ihren liberalen Ansichten im Zusammenhang mit der ungarischen Revolution und Freiheitskampf 1848/49 gegen die Politik der Habsburger Kritik geübt.
Keine Diözese ohne Landeswerdung
Ohne die Entstehung des Bundeslandes Burgenland gäbe es keine Diözese Eisenstadt. Erst durch die politische Veränderung wurde der Hl. Martin auf die Initiative der damaligen Landesregierung zum Landespatron. Im burgenländischen Raum wurde bis dato jährlich am 20. August der Hl. König Stefan von Ungarn als Patron gefeiert.
Die Diözese und ihre Diözesanbischöfe
Als Baumeister der Diözese Eisenstadt gilt der erste Diözesanbischof DDr. Stefan László. Am Höhepunkt seiner Amtszeit fand am 24. Juni 1988 der Pastoralbesuch von Papst Johannes Paul II. in Trausdorf an der Wulka und in Eisenstadt statt. Nach langjährigen Bemühungen der Diözese Eisenstadt und der Mutterdiözese Szombathely wurde unter der Amtszeit des zweiten Diözesanbischofs Dr. Paul Iby, der "Arzt der Armen", Dr. Ladislaus Batthyány-Strattmann, im Jahre 2003 in Rom seliggesprochen.
Dr. Ägidius J. Zsifkovics ist seit 25. September 2010 der dritte amtierende Diözesanbischof von Eisenstadt. Ein Grundanliegen von Ägidius J. Zsifkovics kam bereits mit der Bischofsweihe zum Ausdruck: die Wertschätzung, der Einsatz und die Förderung der sprachlichen, kulturellen, spirituellen und ökumenischen Vielfalt des Burgenlandes und seiner Verortung im Herzen, in der Mitte Europas. Er ist Europabischof der Österreichischen Bischofskonferenz und wurde 2015 von der EU-Bischofskommission ComECE, in der er als Vertreter der Österreichischen Bischofskonferenz sitzt, zum europaweiten Koordinator für Flüchtlingsfragen ernannt. Bischof Zsifkovics, der als Referatsbischof für die Roma und Sinti in Österreich der ranghöchste Minderheitenvertreter der Republik ist, wurde Ende Oktober 2015 auch mit dem Referat "Flucht, Migration und Integration" der Österreichischen Bischofskonferenz betraut.
Warum der Hl. Martin von Tours Landespatron wurde, und aus welchem Grund sein caritatives Beispiel im Burgenland auch heute gelebt wird; weshalb man aus einem Zeppelin einen Fallschirm mit Weinflaschen über Eisenstadt abwerfen wollte und wie Computerkunst am Kreuz funktioniert – diese und viele weitere Fragen werden bei einem Besuch dieser Ausstellung voller einzigartiger Exponate beantwortet.
Das Resümee: Spannend, informativ und kurzweilig.
Leiter des Diözesanmuseums Mag. Bernhard Weinhäusel und seine Frau und Kunsthistorikerin Dr. Ildikó Weinhäusel-Farkas haben in ihrer kuratorischen Zusammenarbeit eine Ausstellung geschaffen, die BesucherInnen begeistern wird.
Die Sonderausstellung 60 Jahre Diözese Eisenstadt – 100 Jahre Land Burgenland kann vom 8. Juli 2020 bis 11. November 2020 und vom 28. April 2021 bis 11. November 2021 besichtigt weren
Geöffnet: Mittwoch bis Samstag 10 bis 13 Uhr und 14 bis 17 Uhr; Sonn- und Feiertag für Gruppen gegen Voranmeldung.
Diözesanmuseum
Joseph Haydn-Gasse 31/2. Stock
7000 Eisenstadt
Tel.: +43 676 880 701 017
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Nora Demattio, BA