"Sinn" und "Unsinn" der Wallfahrt
Die Sehnsucht als Wallfahrer unterwegs zu sein, scheint im Burgenland tiefe Wurzeln zu haben. Doch was bedeutet "sich auf eine Wallfahrt zu begeben"?
Eisenstadt – Ob als Pilger entlang der traditionellen Marienwege unterwegs, oder auf den Spuren des Heiligen Martin am Martinusweg wandern – das Burgenland bietet sich an, in vielen verschiedenen Kurzetappen die große Landkarte der Wallfahrtsstätten zu begehen und kennenzulernen. Darüber hinaus verbinden Pilgerwege über Grenzen, Geschichte, Sprachen und Kulturen hinweg.
Das Phänomen der Wallfahrt ist wahrscheinlich so alt wie die Menschheit selbst. Ebenso die Suche nach dem Sinn des Lebens – Aktualität haben beide, nicht erst bedingt durch die Corona-Pandemie. Es ist eine Sehnsucht. Es ist die Auseinandersetzung mit und das Eintauchen in die eigene Spiritualität und Glauben, was Menschen aufbrechen lässt. In mehrfachem Sinn.
Sehnsucht und Eigeninitiative
"Wenn ich über Gott bescheid wissen möchte, dann muss ich an der Universität inskribieren. Wenn ich aber IHM begegnen möchte, zu begegnen hoffe, dann muss ich aufbrechen. Und darum geht es bei einer wirklichen Wallfahrt, dass ich Sehnsucht nach IHM zulasse, dass ich staunen kann ohne wissen zu müssen und doch erfahre: Irgendwas hat es in mir bewirkt, ausgelöst", so Pater Karl Schauer, ehemaliger Superior von Mariazell und seit 2016 Bischofsvikar für Wallfahrt und Berufung in der Diözese Eisenstadt. "Wichtig ist es, darauf Wert zu legen, dass die Pilger selber die Experten sind und die Leiter ihrer Wallfahrt!" betont er weiter. Denn: Es gehe nicht darum, dass die aus Eigeninitiative entworfenen, gedruckten und verteilten Büchlein und Wallfahrtshefte theologisch auf Punkt und Komma stimmen. Es gehe um die Freiheit, sich auf den Weg machen zu können, ohne berufsmäßig Vorschriften folgen zu müssen, ohne Zeugnisse vorweisen zu müssen, einfach seinem Gespür folgend. Wallfahrt ist letztlich eine Sache des Herzens.
Irgendwo hin zu kommen
Am Beginn der Wallfahrt steht auch irgendwo hin zu kommen. Während eine Wallfahrt heute ein mehr oder weniger freiwilliges und freudiges Aufbrechen ist, war sie früher fast immer mit großen Gefahren verbunden und auch eine Kirchenstrafe. Gerade jene großen Wallfahrtsorte wie Jerusalem mit der Grabeskirche Jesu, oder Rom mit den Gräbern der Apostel Petrus und Paulus, sind Schlüsselorte der Pilgersehnsucht und waren gleichsam aufgrund der Gefährlichkeit der Reise oftmals ein Todesurteil.
Heute wie damals, ganz gleich ob man eine kurze oder lange Wallfahrt macht, ob man geht oder mit dem Rad fährt – es ist in jedem Fall wichtig sich zu fragen: Was packe ich in meinen Rucksack und was lasse ich zuhause? Der wahre Pilgernde flüchtet nicht aus dem Leben, er verdrängt nichts und begibt sich auch nicht in einen Ausnahmezustand. Grundmuster des Lebens kommen zum Ausdruck, manchmal wird unnötiges Gepäck zu einer schier unüberwindbaren Belastung. Vielleicht ist es leichter als man denkt zu reflektieren "Muss ich alles mitschleppen auf den Wallfahrtsweg meines Lebens?" und Dinge einfach auf dem Weg zurückzulassen.
Nora Demattio, BA