Eisenstädter Bischof in Hirtenbrief: Nach den Krisen wieder neu aufbrechen
Anlass für Hirtenbrief ist 60. Jahrestag der Ereignisse vom 15. August 1960, als Papst Johannes XXIII. die Bulle "Magna quae" zur Errichtung der Diözese Eisenstadt unterzeichnete – Zsifkovics sieht es als "Fügung", dass die Errichtung am Marienfeiertag erfolgte
Eisenstadt – Gläubige Katholiken sollten die Umstände der Errichtung der Diözese des Burgenlands, das vor 60 Jahren vom Papst vom Status einer Apostolischen Administratur zu einer Diözese erhoben wurde, als Auftrag zu einem steten Neuaufbrechen nach Krisen verstehen, hat der Eisenstädter Bischof Ägidius J. Zsifkovics in einem Hirtenbrief zum Jubiläum betont. Anlass ist der 60. Jahrestag der Ereignisse vom 15. August 1960. Mit der an jenem Tag von Papst Johannes XXIII. unterzeichneten Bulle "Magna quae" erfolgte die Errichtung der Diözese Eisenstadt und die damit verbundene endgültige Abtrennung des Burgenlands von den ungarischen Mutterdiözesen Györ und Szombathely.
Mit dem 15. August 1960 sei "eine lange Zeit des Übergangs und der Unsicherheit für dieses neue kirchliche Gebiet als Apostolische Administratur zu Ende gegangen", so Zsifkovics. Er zitiert den emeritierten Papst Benedikt XVI., der in einem von ihm verfassten Gebet, das er der Diözese aus Anlass des Jubiläums geschenkt hat, über die durch das alte Österreich im Jahre 1918 gehenden Risse, über die auseinandergefallenen Bruchstücke, aber auch über das langsame Zusammenwachsen des Burgenlands zu einem Ganzen schreibt. "So ist unsere Diözese zu einer neuen Einheit zusammengewachsen. Unser Auftrag ist es, die unterschiedlichen Sprachen und die vielfältige Geschichte zu einer inneren Einheit zusammenzuführen", lautet ein Absatz im Gebet Benedikts.
Wenige glaubten an Lebensfähigkeit
Bischof Zsifkovics erwähnt, dass nach 1920 nur wenige an die Lebensfähigkeit des Burgenlandes und der werdenden Diözese geglaubt hätten. Aber "im Blick auf Gott, durch Fleiß, durch Opferbereitschaft und durch den Willen zur Zusammenarbeit" seien Land und neue Diözese zum Blühen gebracht worden. Und aktuell, nach den schweren Monaten der Corona-Pandemie, seien Kirche und Gesellschaft im Burgenland wieder zu einem Aufbruch herausgefordert.
Für Zsifkovics ist dabei das Faktum, dass die Diözese "ausgerechnet am 15. August 1960, dem ‚Großfrauentag‘", errichtet worden sei, "wohl kein Zufall, sondern eine Fügung Gottes", und es sei für die Diözesanfamilie Hinweis, "auf Maria, die Mutter Jesu, zu schauen". Maria sei wegen ihres festen Vertrauens in die "unfassbare Botschaft des Engels", dass sie Mutter des Sohnes Gottes werden sollte, ja auch "die große Frau des Aufbruchs".
Der Bischof erkennt drei geforderte Verwirklichungen dieses Auftrags zum Aufbrechen: Besinnung auf das Wesentliche unseres Lebens und christlichen Glaubens; Besinnung auf das Notwendige, und Notwendende, bei unseren Mitmenschen; schließlich Besinnung auf die ständige Öffnung und Erneuerung als Kirche im Geist des Zweiten Vatikanischen Konzils. Zsifkovics ruft auf, die Bibel zu lesen, das Gebet zu praktizieren und die Sakramente immer wieder neu zu entdecken. Gerade während der Corona-Pandemie, als keine gemeinsamen Messfeiern möglich waren, habe sich für viele schmerzlich gezeigt, "wie unverzichtbar die Kirche, unsere Diözese und unsere Pfarren sind".
Nicht auf Kosten kommender Generationen leben
Zur Hinwendung zu den Mitmenschen bemerkt Zsifkovics, dass Kirche und Gesellschaft viel zu stark von Geschäftigkeit geprägt würden. "Viele unserer Initiativen mögen wichtig sein. Vieles davon läuft aber auch Gefahr, in einer immer komplizierter und unpersönlicher scheinenden Welt das zu übersehen, was heute, hier und jetzt, zu tun ist. Papst Franziskus fordert uns daher immer wieder zu einem einfachen Lebensstil auf, der nicht auf Kosten kommender Generationen geht, Mensch und Natur nicht ausbeutet und die Armen nicht vergisst. Maria, die große Frau des Aufbruchs, hat mit ihrem Leben gezeigt, wie man zu diesem Wesenskern des Miteinander vordringt", so der Hirtenbrief.
Gerade der Eisenstädter Diözesanpatron Martin von Tours sei ein Vorbild, was die Worte "notwendig" und "notwendend" bedeuten, so der Bischof weiter: "Braucht es nicht gerade in unserer modernen Welt, besonders in dieser Zeit der Pandemie, Christen, die wie Martinus bereit sind zur Solidarität mit allen Menschen, vor allem mit den Armen, Schwachen und Benachteiligten, mit Fremden, Verfolgten und Menschen auf der Flucht? Maria und Martinus laden uns ein, als Christen und als Kirche nicht in der eigenen Frömmigkeit aufzugehen, sondern das Wesentliche zu tun und aus dem Glauben heraus Martinstaten für unsere Zeit zu setzen."
In der Diözese Eisenstadt bemühten sich diesbezüglich viele. Zu erwähnen seien etwa die vielfältigen Bereiche der Caritas, das engagierte Wirken der Pastoralen Dienste, die Kinder- und Jugendseelsorge, die Männer- und Frauenbewegung und die Arbeit für die Partnerdiözese Kanjirappally in Indien. Das sei für ihn – betont Zsifkovics – "konkretes, glaubwürdiges und anziehendes Christentum".
Resignation und Frustration überwinden
Was die Erneuerung als Kirche betrifft, so müsse zu allererst die Glaubenskrise angegangen werden, meint Bischof Zsifkovics. Sie zeige sich bei Klerus und Kirchenvolk oft in Form von Resignation und Frustration und lasse für Glaube und Kirche keine Zukunft mehr sehen. Übersehen werde das viele Gute, das durch die Kirche und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in aller Welt geschehe.
Zsifkovics räumt aber ein, dass sich auch immer wieder "die Kirche der Sünder" zeige; die Missbrauchsskandale der jüngeren Vergangenheit stünden dafür. Daher brauche es ständig die Öffnung, Erneuerung und Neuausrichtung des einzelnen Christen und der ganzen Kirche, zu der das Zweite Vatikanische Konzil ermutigt habe – "das heißt für unsere Diözese: Offenheit im Blick auf die Gemeinschaft selbst, Zusammenarbeit im Gehen neuer Wege in der Pastoral, vor allem gegenüber Suchenden, Fernstehenden, Ausgetretenen, Andersdenkenden. Offenheit im Blick auf unsere Volksgruppen, die Ökumene und die Brückenfunktion zu unseren Nachbarn".
Einladung für Fest am 24. Mai 2021
Abschließend wird im Hirtenbrief zum nachgeholten Diözesanfest am 24. Mai 2021 (Pfingstmontag) in Eisenstadt eingeladen, einem "Fest des Dankes, der Begegnung und der Ermutigung. Wir hoffen, dass es dann möglich sein wird, dieses Fest gemeinsam mit dem Jubiläum ‚100 Jahre Burgenland‘ zu feiern".
"Vor allem aber lade ich Euch alle ein, auf unserem Weg in das siebente Jahrzehnt unserer Diözese im Vertrauen auf Gottes Segen und im Blick auf Maria immer neue Aufbrüche zu wagen. Ihr Leben und das Fest ihrer Aufnahme in den Himmel zeigt uns den Weg zum Ziel", schreibt der Bischof im Blick auf das Hochfest am 15. August.