Zsifkovics: Seliger Ladislaus Batthyány eindrucksvolles Vorbild in der Coronazeit
Eisenstädter Diözesanbischof Ägidius J. Zsifkovics hielt in Güssing Gedenkmesse für bisher einzigen Seligen des Burgenlandes – Scharfe Kritik an Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs, wonach Hilfeleistung zum Selbstmord nicht mehr verboten werden darf
Eisenstadt – Als eindrucksvolles Vorbild gerade in der Zeit der Corona-Pandemie hat der Eisenstädter Diözesanbischof Ägidius J. Zsifkovics am Sonntag in Güssing den bisher einzigen Seligen des Burgenlandes, den Arzt Ladislaus Batthyány-Strattmann, gewürdigt. Battthyány starb vor 90 Jahren – am 22. Jänner 1931 – und wurde 2003 von Papst Johannes Paul II. seliggesprochen. Seine letzte Ruhestätte hat er in der Güssinger Familiengruft. Die Gedenkmesse musste im kleinsten Kreis stattfinden, wurde aber im Livestream übertragen.
Es sei mehr als angebracht, gerade heute auf das Leben und Wirken des seligen Ladislaus zu schauen "und von diesem Familienvater, Arzt und Christen in Zeiten der Pandemie, mit so vielen Kranken und Toten bei uns und weltweit, in Zeiten großer Herausforderungen für Kirche und Gesellschaft und im Jubiläumsjahr unseres Burgenlandes von ihm zu lernen und ihn um seine Hilfe und Fürsprache zu bitten", sagte Zsifkovics. Von ihm lernen könne man besonders, was Zuwendung zum Mitmenschen – besonders Kranken und Alten –, Miteinander – in Familie, Kirche, Gesellschaft – sowie Solidarität und Nächstenliebe bedeuteten. Denn "wir sind mehr denn je in Gefahr, diese Haltungen zu verlieren".
Die Pandemie habe Mängel im Gesundheitssystem und bei der Betreuung Kranker ans Licht gebracht, denn "neben einer guten medizinischen Versorgung sind die Zuwendung und der Beistand der Kranken von größter Bedeutung; das ist schon die halbe Heilung", so der Bischof.
Zuwendung statt Beihilfe zur Selbsttötung
Er übte Kritik an der jüngsten Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs, wonach die Hilfeleistung zum Selbstmord nicht mehr verboten werden dürfe: "Es braucht heute bei uns nicht eine Sterbehilfe, sondern vielmehr eine Lebenshilfe, wo Sterbenden beigestanden wird und sie in dieser schwierigsten Phase des Lebens liebevoll begleitet werden und ihnen unsere ganze menschliche Zuwendung und Nähe geschenkt wird. (…) Braucht unsere moderne und kalte Welt nicht mehr denn je gerade diese Zuwendung und Nähe zum Mitmenschen sowie eine ‚Kultur des Beistands‘ – und nicht eine Beihilfe zur Selbsttötung? Für mich bleibt es unverständlich, warum unsere Höchstrichter diesem Dammbruch zugestimmt haben. Jetzt muss die Politik den Schaden beheben."
Was die Pandemie hingegen zeige, sei Einsatzbereitschaft und Großzügigkeit des Personals im Gesundheitswesen, der Ehrenamtlichen, der Priester, Ordensleuten und anderer, die "mit Professionalität, Opferbereitschaft, Verantwortungsbewusstsein und Nächstenliebe vielen Kranken und ihren Familienangehörigen geholfen" hätten, sie "gepflegt, getröstet und versorgt haben, oft auch unter dem Einsatz ihrer eigenen Gesundheit und des eigenen Lebens". Ihnen, den "Engeln des Alltags", sage er Danke und Vergelt’s Gott, so Zsifkovics: "Sie alle tun das, was auch unser seliger Ladislaus als Arzt, Vater und Christ getan hat – sich ganz seinen Mitmenschen, besonders den Alten, Kranken und Armen, aber genauso auch den Kindern und Jugendlichen zuzuwenden und ihnen unsere Nähe spüren lassen."
Miteinander und Abkehr vom Neid
Im Blick auf das aktuelle Jubiläum "100 Jahre Burgenland" appellierte der Bischof zu einem Miteinander und einer Abkehr von Neid. Es tue ihm weh, zu sehen, "wie gerade in dieser schweren Zeit der Corona-Pandemie, wo wir alle Zusammenstehen sollten, immer mehr der Egoismus, der eigene Vorteil und das Gegeneinander aufkommen – der Neid und Kampf um die Impfungen ist nur ein Beispiel dafür". Leider befeuerten Medien diese Situation zusätzlich, weil sie News bräuchten.
Zsifkovics erinnerte, dass das Burgenland vor 100 Jahren noch ein Armenhaus gewesen sei: "Es wäre heute wohl nicht ein gleichwertiges Bundesland Österreichs und eine aufstrebende Region im Herzen Europas, hätten unsere Väter und Mütter, Großväter und Großmütter trotz der beiden schrecklichen Weltkriege mit ihren Opfern, einer großen Auswanderungswelle nach Amerika, trotz Armut, politischer, konfessioneller, sprachlicher und anderer Unterschiede nicht die Zusammenarbeit gesucht. Nur im Miteinander konnten sie die Herausforderungen auch bewältigen. Gerade dieses Miteinander ist heute in Gefahr.“
Das zeige die Corona-Pandemie mit ihren Herausforderungen und schweren Folgen für Familie, Arbeitswelt, Kirche und Gesellschaft. Eine Einladung zum Entgegenhalten sei hier die bis 25. Jänner anberaumte Weltgebetswoche um die Einheit der Christen, der es um ein Miteinander durch Dialog, Friedensbemühen und Versöhnung gehe. Superintendent Manfred Koch und den evangelischen Christen gelte Dank, "dass wir im Burgenland ein gutes ökumenisches Miteinander pflegen und so als Christen für die Menschen da sind". Ladislaus Batthyány-Strattmann habe als Vater seine Familie jeden Tag zum Essen, Gespräch und Gebet versammelt – "Wäre dieses alte Rezept nicht auch gut für den Zusammenhalt und das Miteinander heute in unseren Familien, in Kirche und Gesellschaft? Ladislaus konnte es, weil er das Miteinander seiner Familie aus dem Miteinander mit seinem Gott im Gebet gespeist hat", gab Zsifkovics zu bedenken.
Arroganz des Menschen mitschuld an Covid
Er erinnerte an ein Interview mit dem Molekularbiologen Giulio Superti-Furga über den Ursprung des Coronavirus und über seine Verbreitung. Mitschuld sei auch die "Arroganz der Menschen", die für Christen auch mit der Trennung von Gott und Mensch zu tun habe. "Ich glaube, es ist nicht falsch zu sagen, dass die Arroganz der Menschen, ihre Art, mit Tieren umzugehen, ihre Gier, überallhin zu reisen, immer mehr Geschäfte zu machen, auch Geschäfte mit Wildtieren zu machen, dass all das die Verbreitung des Virus begünstigt", zitierte der Bischof den Wissenschaftler. Arroganz und Gier des Menschen seien das Gegenteil von Solidarität und Nächstenliebe, und sie hinterließen tiefe Negativ-Spuren im Menschsein und auch im Christsein. Eine Antwort der Schöpfung sei der Klimawandel.
Gefragt sei ein anderer Lebensstil, in dem Solidarität und Nächstenliebe zentral sein müssten. Vorbild sei der selige Ladislaus, der "Arzt der Armen" genannt werde, weil er "in seinen Mitmenschen und Patienten immer Christus gesehen" habe, schloss der Bischof: "Er hat als Augenarzt nicht nur Menschen das Augenlicht zurückgegeben, sondern er hatte auch offene Augen für die körperliche und seelische Not der Menschen. Arme Patienten behandelte er kostenlos, gab ihnen noch das Geld für die Medikamente und die Heimfahrt." Solidarität und Nächstenliebe seien in dieser Pandemie mit ihren schweren wirtschaftlichen Folgen gefragt; Arbeitslosigkeit, ein "weithin aufgeblasener Lebensstil" und neue Formen der Armut seien Warnrufe, sich auf diese Haltungen zu besinnen.
Täglich mehr als 80 Patienten behandelt
Ladislaus Batthyány-Strattmann wurde am 28. Oktober 1870 als sechstes Kind einer für Ungarn und das Burgenland bedeutenden Adelsfamilie in Dunakiliti (Komitat Györ) geboren. Nach Beendigung seiner Mittelschulausbildung an den Jesuitengymnasien Kollegium Kalksburg und Kalocsa studierte er an der Universität Wien vorerst Bodenkultur, Astronomie, Chemie und Physik. Im Jahr 1900 erhielt er das Diplom für Medizin. 1898 heiratete er Maria Theresia von Coreth. Das Paar hatte 13 Kinder.
In Kittsee, wo die Familie das Neue Schloss bewohnte, errichtete Batthyány im Jahre 1902 ein Spital. Anfangs arbeitete er dort als praktischer Arzt, nebenbei spezialisierte er sich als Chirurg und später als Augenarzt. Täglich behandelte er 80 bis 100 Patienten. Batthyány wollte ganz bewusst Arzt der Armen sein: Er behandelte seine Patienten unentgeltlich, und den Ärmsten gab er auch Geld. Den größten Teil seines ererbten Vermögens verschenkte er.
Nach dem Ersten Weltkrieg übersiedelte die Familie nach Körmend in Ungarn. Auch hier errichtete Batthyány ein Krankenhaus.
Anfang September 1929 erkrankte Batthyány an Krebs. Er verstarb am 22. Jänner 1931 im Sanatorium Löw in Wien. Sein Leichnam wurde in der Familiengruft im Franziskanerkloster und Klosterkirche Güssing beigesetzt. Am 23. März 2003 wurde Ladislaus Batthyány-Strattmann von Papst Johannes Paul II. seliggesprochen.
Die Predigt von Diözesanbischof Zsifkovics ist hier nachzulesen.