"Aufblättern" – Franziskanerkloster Güssing zeigt seine Schätze
Eine neue Ausstellung im Franziskanerkloster Güssing zeigt erstmals Schätze der einzigartigen Bibliothek. Darunter ein fast 900 Jahre altes Werk.
Eisenstadt/Güssing – Seit 9. Juni werden im Refektorium des Franziskanerklosters in der Ausstellung "Aufblättern" einige der wertvollsten Bücher der Bibliothek gezeigt. Die Schau gliedert sich in zehn Bücherstationen, die Namen wie "Heilige Schrift", "Musik", "Historisches" und "Natur & Wissenschaft" tragen. Kuratiert wurde sie von Mag. Heinz Ebner, mit einem engagierten Team um Pater Anton Bruck. Erstmalig und nur bis 17. Oktober ist es den Besuchern möglich diese einmaligen Schätze im Original in einer Bibliothekskulisse in gut geschützten Vitrinen sehen zu können. Eintritt frei!
Schätze in Erinnerung rufen
Die Bücherei des Franziskanerklosters beherbergt 4866 Bücher (2.812 katalogisiert), darunter circa 1551 katholische Schriftwerke. Die meisten stammen aus dem 13. bis 17. Jahrhundert. Dazu zählt das um 1230 geschriebene Messbuch "Missale Zagrebiense". Es ist das älteste Objekt der Güssinger Klosterbibliothek und eines der Prachtexemplare der Ausstellung.
"Wir möchten der Bevölkerung in Erinnerung rufen, welche Schätze sich hier befinden", betont Ebner. Ein großer Teil der Bände befasst sich mit theologischen Themen. Besonders stark vertreten sind Werke protestantischer Theologen der zweiten und dritten Generation.
Auffallend sind die Streitschriften, in denen theologische Themen diskutiert werden. Von den mehr als 200 Inkunabeln (Frühdrucke bis 1500) ist das als "schönste deutsche Bibelausgabe bis 1500" geltende, von Anton Koberger 1483 in Nürnberg gedruckte Werk zu erwähnen.
Festband über die historische Bibliothek
Mönche bewahren im Franziskanerkloster seit vielen hundert Jahren literarische und historische Schätze. Anlässlich des Jubiläums "100 Jahre Burgenland" wurde dazu ein Festband herausgegeben. Unter dem Titel "Bewahrte Geistigkeit und Kulturerbe von drei Nationen" dokumentiert das von Pater Anton Bruck – in Zusammenarbeit mit Bibliotheks-Wissenschaftlern aus Ungarn – geschaffene und reich bebilderte Werk das historische Erbe der Bücher in der Klosterbibliothek. Die Sonderpublikation kann bestellt oder vor Ort käuflich erworben werden.
Eine bewegte Geschichte
Die Entstehung der Bibliothek ist eng verbunden mit der Geschichte der Familie Batthyány. 1524 übergab Ludwig II., König von Ungarn, die Burg und Herrschaft Güssing an Franz I. Batthyány (1497 - 1566). Balthasar III. Batthyány förderte in seinem Herrschaftsgebiet nicht nur den Protestantischen Glauben, sondern auch die Wissenschaft und Kunst. Er erwarb für die damalige Zeit eine enorme Anzahl an Büchern. Adam I. Batthyány (1609 - 1659) führte nach seinem Übertritt zum Katholizismus eine Revision der ererbten Bibliothek durch. Er übergab die Werke nicht-katholischer Autoren den Franziskanern, die er 1638 nach Güssing berufen hatte. 359 Bücher tragen heute noch den Besitzvermerk von Balthasar Batthyány.
1938 wurde den Franziskanern von den Nationalsozialisten der Zutritt zur Bibliothek verwehrt und die Schlüssel abgenommen. 1945 wurde die Bibliothek an die Salinenverwaltung Aussee überstellt, ein kleiner Teil (43 Bände) kam nach Graz in die Landesbibliothek. 1955 wieder nach Güssing gebracht, fand die Bücherei im Obergeschoss des Klosters ihren Platz, wo sie bis heute untergebracht ist.
Mit Blick auf die bewegte Geschichte betont Diözesanbischof Ägidius J. Zsifkovics: "Gott sei Dank steht heute das Miteinander für Katholiken und Protestanten im Burgenland im Vordergrund".
Ausstellungshinweis
Die Ausstellung "Aufblättern" ist bis 17. Oktober 2021 zu besichtigen.
Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag, jeweils von 10 Uhr bis 12 Uhr und von 14 Uhr bis 17 Uhr
Ort: Refektorium des Franziskanerklosters, Franziskanerplatz 1, Güssing
Mehr Infos unter: pfarre.guessing@franziskaner.at
Interessierte können eine Buch-Patenschaft abschließen und mit einem frei gewählten Betrag bei der Erhaltung und Restaurierung einzelner Bücher mithelfen – diese Unterstützung wird im jeweiligen Werk vermerkt.