75 Jahre Katholische Jugend
Im Oktober feiert die Katholische Jugend (KJ) und Jungschar (KJS) ihr 75-jähriges Bestehen – im Burgenland gibt es die KJ seit 1947, zwei Jahre später wurde hier die KJS geboren. Somit ist die kirchliche Jugendarbeit älter als die Diözese Eisenstadt selbst. Ein Blick in die Geschichte.
Eisenstadt – "Zu ihrem Jubiläum kann man der Katholischen Jugend wahrscheinlich nichts Besseres wünschen, als daß (sic) sie es auch in Zukunft unter ständiger Beachtung der Herausforderungen der Zeit schaffen möge, in dieser Welt von heute und besonders unter den Jugendlichen Zeugnis für das Evangelium abzulegen und auf diese Weise als 'Sauerteig' zu wirken", mit diesen Worten wandte sich 1996 der damalige Jugendbischof, Altbischof Paul Iby, anlässlich des 50-Jahr-Jubiläums an die Katholische Jugend.
Das Gleichnis vom Sauerteig ist ein Gleichnis Jesu – überliefert in den Evangelien nach Matthäus (Mt 13,33 EU) und Lukas (Lk 13,20–21 EU) – zeigt auf, dass das Reich Gottes sehr klein und unauffällig beginnt, aber dort, wo das Evangelium verkündet und angenommen wird, zunehmend an Raum gewinnt. Und das spiegelt sich seit 75 Jahren in der Katholischen Jugend und Jungschar wider.
Katholische Jugend und Jungschar Burgenland
Im Burgenland wurde die Katholische Jugend 1947 ins Leben gerufen, die Jungschar 1949. Damit ist die kirchliche Jugendarbeit älter als die Diözese selbst. Seit damals sind sie Bestandteil der Lebenswelt von katholischen Kindern und Jugendlichen des jungen Bundeslandes, und seit der Errichtung der Diözese Eisenstadt hat sie einen zentralen Stellenwert in deren Seelsorgebereichen. Die Katholische Jugend und Jungschar Burgenland ist die Servicestelle für Kinder- und Jugendpastoral. Ihre Initiativen, Einrichtungen, Veranstaltungen und Programme zielen darauf ab, Kindern und Jugendlichen Erlebnis- und Begegnungsräume in und mit der Kirche zu eröffnen, ihnen bei der Bewältigung von Alltagsherausforderungen zu unterstützen, ihnen Gehör in Gesellschaft und Kirche zu verschaffen und sie bei der Durchsetzung ihrer Interessen zu bestärken. Ebenso zu ihren Zielen gehört Kinder und Jugendliche auf Ungerechtigkeiten und Benachteiligungen in der Welt aufmerksam zu machen und ihnen entsprechende Auseinandersetzungs- und Handlungsmöglichkeiten anzubieten sowie sie darin zu ermutigen, ihr Leben religiös zu befragen, zu deuten und zu gestalten.
Ein fast fehlgeschlagener Start
Am 23. Dezember 1922 veröffentlichte Papst Pius XI. (1922 bis 1939) seine Antrittsenzyklika "Ubi arcano Dei Consilio", mit der er zur Erneuerung von Welt und Gesellschaft nach dem verheerenden 1. Weltkrieg aufruft und dabei erstmals ausdrücklich eine Mitwirkung der gläubigen Laien einfordert. Die Laien sollten sich in einer "Azione Cattolica", einer "Katholischen Aktion" vereinen und Mitverantwortung in und für die Kirche übernehmen. Das war ein revolutionärer Ansatz, denn bis dato saß das "gläubige Volk" in den Kirchenbänken und der Klerus donnerte von der Kanzel und belehrte die "armen SünderInnen".
Trotz des päpstlichen Aufrufes blieb die Reaktion in den Diözesen bescheiden. Die Berater des Wiener Kardinals Friedrich Gustav Pfiffl fanden einen praktikablen Ausweg, um dem Wunsch Pius‘ XI zu entsprechen. Da bereits eine Vielzahl katholischer Vereine bestanden, entschieden sie, die jeweiligen Obmänner zusammenzurufen und sie zu Mitgliedern der vom Papst gewünschten Katholischen Aktion zu vereinen.
Im Wiener Diözesanblatt betonte Kardinal Pfiffl, dass es nicht notwendig sei, "etwas ganz Neues zu erschaffen, denn die Elemente der Katholischen Aktion sind bereits seit längerem vorhanden und arbeiten mit schönem Erfolge." Als hemmendes Phänomen gesellte sich dazu, dass die Kirchen voll waren und die Beichtstühle brav frequentiert wurden. Weshalb sollte man am Bestehenden etwas ändern?
Klerikale Querdenker
Eine Gruppe junger Kleriker und Laien – besonders der katholischen Jugendbewegung "Bund Neuland" – fühlten das Ende des Traditionschristentums herannahen und drängten auf eine Neuorientierung in der praktischen Seelsorge. Diese wurde durch die offizielle Gründung der Katholischen Aktion, die einher ging mit der Errichtung diözesaner Hauptstellen für die Seelsorge, im ersten Schritt erreicht. In der Erzdiözese Wien etablierte sich die "Hauptstelle Kinder", wo Karl Dorr und Wilhelmine Lussnigg tätig waren und Konzepte für die Errichtung einer zeitgemäßen pfarrlichen Kinderseelsorge zu erarbeiten begannen.
Als Kardinal Pfiffl 1932 starb erschien es zunächst unsicher, ob sein Nachfolger Theodor Innitzer den begonnenen Weg weiterführt. Doch der neue Kardinal schritt entschlossen voran und ermunterte die Erneuerer.
Im Rahmen einer Tagung im Jahr 1933 spricht Karl Dorr Grundsätze bezüglich der Neuausrichtung der kirchlichen Jugendarbeit aus. Diese überdauerten nicht nur die Jahre der nationalsozialistischen Herrschaft, sondern legten auch den Grundstein für den Aufbau der Katholischen Jugend und Jungschar nach 1945.
Paukenschlag 1938 – plötzlich illegal
Als 1938 Hitlers Armee in Österreich einmarschierte und der "Anschluss" Österreichs an das Großdeutsche Reich vollzog, wurde die Kirche – trotz anders lautender Versprechungen – besonders hart getroffen. Die bisherigen katholischen Vereine und Verbände wurden zu Selbstauflösung genötigt. Die neuen Machthaber erreichten ohne Gegenwehr zwei Ziele: Zum einen kassierten sie das Vereinsvermögen, zum anderen erhielten sie durch den Auflösungsantrag die Namen und Adressen aller bisher Verantwortlichen. Einige von ihnen trafen einander sehr bald wieder: im KZ Dachau.
Die Bischöfe bemühten sich um gesetzliche Regelungen für die Fortführung seelsorglicher Arbeit. Unter ihrem Schutz konnten vormalige Hauptstellen der Katholischen Aktion weiter tätig bleiben – wenn auch versteckt. Kardinal Innitzer richtete in den Tagen des Umbruchs im Erzbischöflichen Ordinariat neue Abteilungen ein, in die er auch Personal und Material für die Fortführung der Kinder- und Jugendseelsorge übernahm.
Junge Menschen, die nach echter freiwilliger Gemeinschaft suchten und geistige Geborgenheit begehrten, begannen sich trotz allem in Pfarrhöfen, Sakristeien und Unterkirchen zu treffen. Die "Pfarrjugend" wurde geboren. Ihr Selbstverständnis und Agieren als systemkritische Gemeinschaft trug dazu bei, dass ihre Mitglieder von den Machthabern verfolgt wurden.
Wiedergewonnen Freiheit – Ringen um Struktur
Als im Jahr 1945 der 2. Weltkrieg zum Ende kam und die NS-Herrschaft zusammenbrach, begannen die Seelsorgeämter sich auf die Suche nach den katholischen Kindern und Jugendlichen zu machen. Zaghaft wurde zu Glaubenstagen eingeladen. Hunderte junge Menschen wurden erwartet – tausende kamen.
Neben dem klaren Auftrag an die Bischöfe nach überzeugender Seelsorgearbeit stand auch die Neupositionierung der Kirche im wieder erstandenen Österreich am Programm. Vor allem die diözesanen Jugendseelsorger und ihre MitarbeiterInnen aus den Seelsorgestellen befassten sich mit den Fragen der Neuordnung der Kinder- und Jugendarbeit.
Bischöfe laden zur Mitgliedschaft in die Katholische Jugend
Ende 1945 und Anfang 1946 kam es im Rahmen von Bischofskonferenzen zu mehreren Treffen. Letztendlich wurde am 2. Oktober 1946 die Entscheidung zur zukünftigen Struktur der Katholischen Aktion – nach einem Grundmodell des Linzer Jugendseelsorgers Ferdinand Klostermann – unter Jugendlichen festgesetzt und angenommen. Die Jugend sollte als Teil der Katholischen Aktion, als Jugend der Kirche unter der direkten Leitung der Hierarchie zusammengefasst und nach der Methode einer Jugendbewegung aufgebaut werden.
Statt einer Vielzahl katholischer Vereine sollte künftig die KJ als einzige, offiziell im Auftrag der Bischöfe und innerhalb der Strukturen der Katholischen Kirche tätige, Jugendorganisation auftreten und sich um die Erfassung und Aktivierung aller katholisch getauften Kinder und Jugendlichen in Österreich bemühen. Erstmals luden die Bischöfe zur Mitgliedschaft in die Katholische Jugend ein.
Zur konkreten Umsetzung dieses Beschlusses richteten die Bischöfe zugleich eine Zentralstelle für die kirchliche Kinder- und Jugendarbeit ein: Das Katholische Jugendwerk Österreichs (KJWÖ). Es ist bis heute als Dachorganisation für die Bundeszusammenarbeit der österreichischen Diözesen in Fragen der Kinder- und Jugendpastoral verantwortlich.
Die Katholische Jungschar wird selbständig
Die Katholische Jungschar war ursprünglich als "Kinderstufe" der Katholischen Jugend gedacht und mit der unmittelbaren Erfassung, Bildung und Betreuung der 8- bis 14-jährigen Mädchen und Buben beauftragt. Konzeptionelle Überlegungen wurden in entsprechenden Arbeitskreisen beraten und führten aufgrund pädagogisch-pastoraler Überlegungen zur Gründung einer eigenständigen "Teilorganisation" im Oktober 1947. Im Burgenland wurde sie 1949 ins Leben gerufen. Die Kooperation und inhaltliche Abstimmung mit der Katholischen Jugend unter dem Dach des KJWÖ besteht bis zum heutigen Tag. Ebenso ist der Richtlinienbeschluss der Österreichischen Bischofskonferenz bis heute Grundlage für die Tätigkeit als Kinderorganisation der Katholischen Kirche in Österreich.
Engagement im Geiste Jesu Christi
Die Katholische Jugend und Jungschar fiel nicht vom Himmel; ihre Wurzeln sind in den pastoralen Reformbemühungen der 1920er und 1930er Jahre zu finden.
Sie sind nicht nur "Jugend der Kirche", sondern mit dem Auftrag verbunden, Kirche, Gesellschaft und Welt im Geiste Jesu Christi zu gestalten und weiterzuentwickeln.
Die Diözese Eisenstatt gratuliert den Jubilaren und wünscht weiterhin den leidenschaftlichen, kritischen und überzeugten Einsatz, mit dem sie die Menschen – vor allem die Kinder und Jugendlichen – erreichen, motivieren und begeistern.
Weitere Informationen
Kinder- und Jugendpastoral Diözese Eisenstadt
Katholische Jugend und Jungschar Burgenland
Geschichte der Jungschar
Nora Demattio, BA