Leichter Rückgang der Katholikenzahlen in der Diözese
Gesamtzahl der Katholiken im Burgenland liegt 2021 bei 184.458 – Kirchenaustritte angestiegen: 1.719 Personen verließen im vergangenen Jahr die katholische Kirche, 89 Neuzugänge wurden verzeichnet – Bischof Zsifkovics: Realistische Interpretation der Lage ebenso nötig wie Kreativität als Zeichen lebendiger Kirche
Eisenstadt – 184.458 Personen sind mit Beginn des Jahres in der Diözese Eisenstadt als Katholiken gemeldet. Das sind rund 62,3 Prozent aller Burgenländerinnen und Burgenländer zur Gesamtbevölkerung von 296.040 Personen (Stichtag: 3.5.2021). Im Vorjahr wurden 186.800 Katholikinnen und Katholiken registriert, was bei einer Gesamtbevölkerung von 294.466 Personen im Burgenland (Stichtag: 10.3. 2020) einem Prozentsatz von etwa 63,4 Prozent entsprach. Der Rückgang von etwa 1,1 Prozent hat sich im Vergleich zum Jahr davor – da lag er bei 0,5 Prozent – mehr als verdoppelt. Offensichtlich dürften nicht wenige Personen den Austritt nachgeholt haben, nachdem im ersten Jahr der Pandemie, 2020, die Kommunikation mit den staatlichen Behörden stark eingeschränkt war.
Stabile Verhältnisse trotz höherer Kirchenaustritte
Im Jahr 2021 gab es mehr Kirchenaustritte in der Diözese Eisenstadt: 1.719; das entspricht 0,9 Prozent. 2020 wurden hingegen 1.309 Austritte aus der katholischen Kirche gezählt, umgerechnet 0,7 Prozent. Etwas zurückgegangen ist die Zahl der Eintritte, die 2021 bei 89 lag, davon waren 7 Konversionen – Aufnahmen – und 82 Reversionen – Wiederaufnahmen. Im Jahr 2020 wurden noch 98 Eintritte registriert. Insgesamt bleibt damit aber das Niveau der Katholikenzahlen in der Diözese Eisenstadt weitgehend stabil.
Zsifkovics: Realistische Analyse und Interpretation notwendig
Diözesanbischof Ägidius J. Zsifkovics spricht angesichts der gestiegenen Austrittszahlen dennoch von einem "signifikanten Zeichen, das genau analysiert und richtig interpretiert werden" müsse.
"Dass die Zahl der Katholiken österreichweit geringfügig, aber doch stetig zurückgeht, ist eine Tatsache. Dennoch schmerzt jeder einzelne Austritt", so der Bischof. "Es muss uns als Kirche noch mehr gelingen, eine lebendige, offene, zukunftsorientierte Gemeinschaft zu sein. Das bedeutet Kreativität und Authentizität zu zeigen, unsere Stärken und Schwächen wahrzunehmen, neue Wege zu entdecken und auf die Menschen zuzugehen."
Zugleich seien die aktuellen Austrittszahlen auch im Kontext der Pandemie zu sehen: "Wir erleben die größte gesellschaftliche Ausnahmesituation seit Ende des zweiten Weltkriegs. Unsere Gesellschaft ist gezeichnet von Verunsicherung und Polarisierung. Das trifft natürlich auch die Kirche, die so stark mit unserem Land verwurzelt ist."
Kirchenaustritt auch als "Frustventil"
Diözesansprecher Dominik Orieschnig betont angesichts der aktuellen Zahlen die Bedeutung und die wachsende Herausforderung an die Kirche, "gerade in Zeiten der Unsicherheit und der Veränderungen den Menschen Stabilität zu geben." Konkret hätten über einen Zeitraum von nunmehr fast zwei Jahren "Einschränkungen des persönlichen Lebens, Lockdowns und Impfdebatte bei vielen Menschen enorme Frustrationen aufgebaut. Dieser psychologische Stau muss irgendwie abgebaut werden, der Kirchenaustritt ist hier offensichtlich für manche ein Ventil." Das zeigten laut Orieschnig etwa Rückmeldungen von Ausgetretenen, "die sich in der Pandemie von der Kirche bestimmte Schritte gegenüber dem Staat erwartete hätten." Das zeige ironischerweise aber auch, "welche Möglichkeiten und Verantwortlichkeiten man der Kirche in gesamtgesellschaftlichen Fragen attestiert, wieviel Hoffnung man immer wieder und trotz allem auf die Kirche setzt", so der Diözesansprecher.
Derzeit gebe es laut Orieschnig österreichweit zwei gegenläufige gesellschaftliche Trends: "Einerseits Verlust von Vertrauen in die großen Institutionen, andererseits steigendes Bedürfnis nach Verbindlichkeit in Zeiten allgemeiner Verunsicherung. Es wird entscheidend sein, wie die Kirche, die ihrem Wesen nach beides ist, sich hier in Zukunft positioniert."
Gemeinsam an den Herausforderungen wachsen
Insofern "wurde durch die Corona-Pandemie die Diözese jedenfalls auf den Prüfstand gestellt. Bereiche, die situationsbedingt eines Ausbaus oder einer Umgestaltung bedurften, wurden aufgezeigt. Gemeinsam arbeiten Angestellte sowie Ehrenamtliche, Laien und Kleriker unserer Diözese daran, im Bereich der Seelsorge und darüber hinaus, für die Menschen dazusein und den Bedürfnissen entsprechend das Angebot auszubauen. Wir wachsen gemeinsam an den Herausforderungen und das ist schön", so Orieschnig. Zugleich dürfe man aber auch nicht übersehen, dass es bei den Austritten "einen österreichweiten Trend gibt, demzufolge nicht wenige Menschen 2021 den Kirchenaustritt nachgeholt haben, da 2020 der Amts- und Parteienverkehr bei den Behörden nur stark eingeschränkt möglich war. Das muss man nüchtern sehen."
Bischof: Nicht aufhören, den Menschen nachzugehen!
Bischof Zsifkovics zeigt sich jedenfalls betroffen von der "Tatsache, dass statistisch gesehen pro Jahr ein ganzes Dorf bzw. eine ganze Pfarre sich im Burgenland von der Kirche verabschieden. Dagegen gibt es keine Patentlösung." Dennoch ist er "von vorsichtigem Optimismus, was die Zukunft bringt. Wir schrumpfen statistisch, das ist klar. Dennoch wird die Kirche im großen Kontext gesellschaftlicher Instabilität immer noch als Teil der Lösung und nicht als Teil des Problems gesehen. Man schätzt ihre vermittelnde Fähigkeit und ihre Sendung, kritischen Widerspruch gegenüber Extremen dort aufrecht zu erhalten, wo das Humane leidet. Gemeinschaft und Zusammenhalt gewinnen wieder an Bedeutung. Die Menschen suchen nach Fundamenten, die sie in unsicheren Zeiten tragen. Der Glaube ist ein verlässliches Fundament." Umso wichtiger sei es,
"dass die Kirche weiterhin klar an der Seite der Menschen erkennbar ist, dass sie durch offene Türen und durch Gesten der Zuwendung signalisiert, dass die Einladung Gottes für jeden Menschen gilt. Wir dürfen einfach nicht aufhören, den Menschen nachzugehen und bei den Menschen zu sein!"