"Mittendrin" – Endspurt für die Pfarrgemeinderatswahlen
In der Diözese Eisenstadt finden am 20. März 2022 die Pfarrgemeinderatswahlen statt. Derzeit gibt es 1.449 Pfarrgemeinderätinnen und -räte. Rund 180.000 Katholikinnen und Katholiken sind wahlberechtigt. Das Motto der diesjährigen Wahl: "mittendrin"
Eisenstadt – Alle fünf Jahre finden österreichweit die Pfarrgemeinderatswahlen statt. Katholikinnen und Katholiken, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, können daran teilnehmen. Das heißt, sie sind wahlberechtigt und können ebenso als Pfarrgemeinderätinnen und -räte kandidieren. In der Diözese Eisenstadt sind das rund 180.000 Personen. Bis zum 7. Februar liefen die Vorwahlen.
Dem Medienbüro gaben der Leiter der Pastoralen Dienste Richard Geier und die Bereichsleiterin für Gemeindepastoral Barbara Buchinger – Hauptverantwortliche für die Betreuung der Pfarrgemeinderatswahlen – Einblick in die Vorbereitungen, Herausforderungen und die Bedeutung.
Was bedeutet für euch das Motto der diesjährigen Wahl "mittendrin"?
Richard Geier: "Mittendrin" ist ein ausgezeichnetes Motto. Es beschreibt einerseits die Wirklichkeit von ehrenamtlichen Pfarrgemeinderäten: Sie sind mittendrin im kirchlichen und gesellschaftlichen Leben! "Mittendrin" ist aber auch eine Ermutigung, sich noch mehr einzumischen. Ich wünsche mir eine Kirche, in der Glaube und Alltag nicht getrennt sondern gut vermischt sind. Religion sollte keine Nische sein, die man hin und wieder bedient. Auch Jesus war mittendrin im Alltag der Menschen seiner Zeit. Ich wünsche den künftigen Pfarrgemeinderäten, dass sie sich das Stichwort "mittendrin" als spirituelles Programm für die Entwicklung einer menschennahen Pastoral aneignen können!"
Medienbüro: Wie laufen die Vorbereitungen der Pfarren und wie werden sie von den Pastoralen Diensten unterstützt?
Barbara Buchinger: "Es wurde das Statut, die Wahl- und Geschäftsordnung zeitgemäß überarbeitet und angepasst. Im Herbst wurde die Wahlmappe mit verschiedensten Unterlagen zur Vorbereitung der Wahlen – Handbuch, Plakate, Methodenset zur Kandidatengewinnung, Formulare, etc. – an alle Pfarren verteilt. Und es wurden Infoabende zur Pfarrgemeinderatswahl in allen Dekanaten veranstaltet. Es gibt regelmäßige Newsletter an die Wahlvorstände und regelmäßige Jour fixes auf Zoom, um aktuelle Fragen aus den Pfarren zu klären und den Austausch zu fördern. Auch die Homepage mit Materialien und Unterlagen wird ständig aktuell gehalten.
Die Pfarren sind mittendrin in den Vorbereitungen, und die Pastoralen Dienste stehen laufend für Anfragen aus den Pfarren zur Verfügung."
Medienbüro: Was sind die größten Herausforderungen für die Organisatorinnen und Organisatoren der Pfarrgemeinderatswahlen?
Barbara Buchinger: "Durch die Corona-Pandemie werden persönliche Begegnungen für die Gespräche mit möglichen Kandidatinnen und Kandidaten erschwert. Es gibt wenig Begegnungsmöglichkeiten wie Pfarrcafés, Agapen, Pfarrfeste, Gesprächsrunden. Auch der Gottesdienstbesuch ist stark zurückgegangen. Dafür wurden aber digitale Medien vermehrt genutzt, wie das Online-Tool auf der Homepage der Diözese, wo man online Kandidatinnen- und Kandidatenvorschläge an die einzelnen Pfarren eingeben kann. Eine grundlegende Herausforderung ist der Wandel – oder die Krise – des traditionellen Ehrenamts und der katholischen Kirche."
Medienbüro: Worin zeigt sich, dass die Pfarren – respektive die Pfarrgemeinderatswahlen – bedeutend sind?
Richard Geier: "Unsere Pfarren sind nach wie vor das Epizentrum für kirchliches Leben! Dort entstehen viele Impulse für Glaubensverkündigung und Gottesdienst. In vielen Pfarren gibt es lebendige Seelsorge. In vielen Dorfgemeinschaften sind pfarrliche Aktionen im Lauf des Kirchenjahres ein fester Bestandteil des gesellschaftlichen und kulturellen Lebens. Kurz und gut: Unsere Pfarren sind wichtig! Darum sind auch die Pfarrgemeinderatswahlen von enormer Bedeutung! Durch die KandidatInnen und Kandidatensuche entsteht ein wichtiger Reflexionsprozess bei vielen Gemeindemitgliedern: "Ist mir die Pfarre ein Anliegen, das ich unterstützen möchte? Wie viel von meiner Freizeit kann ich für das ehrenamtliche Engagement bereitstellen? Wer wird die Sache Jesu weitertragen, wenn nicht ich?" All das sind wichtige Fragen, die durch die Pfarrgemeinderatswahlen reflektiert werden und so die Christinnen und Christen dazu bringen, ihre Beziehung zur Pfarre zu überdenken.
Natürlich gibt es in den Pfarren auch Probleme. Dazu zählen die Überalterung und die damit verbunden Traditionsverliebtheit ("Das haben wir schon immer so gemacht"), klerikales Verhalten von Priestern, die Unfähigkeit auf "kirchenferne" Menschen zuzugehen und sie zu integrieren sowie eine gewisse Fixiertheit auf Gottesdienste und Feste.
Pfarren sind eben keine heile Welt, aber wenn ein guter "Spirit" herrscht, können sie wachsen und sich entwickeln. Unser kirchliches Leben wäre ärmer, wenn es nicht die Menschen gäbe, die sich für die Pfarren engagieren!"
Medienbüro: Gibt es Interesse seitens jüngerer Generationen sich als Pfarrgemeinderätinnen und -räte zu bewerben? Wie werden sie angesprochen, erreicht, motiviert?
Barbara Buchinger: "Das ist von Pfarre zu Pfarre sehr unterschiedlich, ich kann keinen eindeutigen Trend erkennen. Positiv stimmen Rückmeldungen von Pfarren, die wieder Jugendliche als Kandidatinnen und Kandidaten gewinnen konnten. Es gibt natürlich auch viele Pfarren, die mit der gelungenen Partizipation von Jugendlichen oder jungen Menschen etwas Schwierigkeiten haben. Dazu wurde die Arbeitsunterlage PGR-Selbsttest zum Download den Pfarren zur Verfügung gestellt. Junge Menschen zu erreichen, stellt in vielen Pfarren eine besondere Herausforderung dar. Dieses Poster ist ein gutes Werkzeug, um im Rahmen einer PGR-Sitzung oder einer Klausur ein geeignetes Beteiligungskonzept für junge Menschen in der Pfarre zu finden und festzulegen. Es ist auf jeden Fall herausfordernd eine gute Mischung für den Pfarrgemeinderat zusammenzubringen: Ältere und Jüngere, Frauen und Männer, Menschen mit unterschiedlichen Talenten und Charismen."
Ist es schwieriger als 2017, genug Frauen und Männer zu finden, die sich der Wahl stellen?
Barbara Buchinger: "Vergleichende Aussagen mit 2017 fallen mir schwer, weil ich 2017 nicht in begleitender diözesaner Position dabei war. Es ist immer eine Herausforderung, sich Zeit für Gespräche mit Kandidatinnen und Kandidaten zu nehmen und eine gute Mischung zu finden. Hier hängt viel vom Engagement der verantwortlichen Personen ab. Dieses Jahr war es uns ein besonderes Anliegen, für die Kandidatinnen und Kandidatensuche den Blick zu weiten und auf Talentsuche zu gehen, Menschen anzusprechen, die nicht ins traditionelle Pfarrgemeinderats-Bild passen oder nicht zum innerkirchlichen Kreis gehören. Menschen aus unterschiedlichen Milieus sollen in den Blick kommen und gefragt werden, ob sie ihre Talente und Interessen in die Gemeinschaft der Pfarre einbringen wollen. Unterstützend dazu gibt es auf der Homepage die Personas-Karten, die exemplarisch die Werte, Einstellungen und Lebensumstände der Menschen aus den zehn Sinus-Milieus anhand fiktiver Beispielpersonen zeigen. Sie dienen als Inspiration und Hilfestellung, um im Pfarrgemeinderat über die Menschen in der Pfarre ins Gespräch zu kommen."
Hat der initiierte Synodale Prozess eine merkbare Auswirkung für die PGR-Wahl? Kann man ihn als "Motivation zum Mitmachen" identifizieren?
Barbara Buchinger: "Der Pfarrgemeinderat ist eine der wichtigsten Einrichtungen der Katholischen Kirche, in der das Prinzip der Synodalität in Strukturen gegossen ist. Der synodale Prozess gibt grundsätzlich Rückenwind für das Gewicht und die Weiterentwicklung des Pfarrgemeinderats. Wir werden am Beginn der neuen Periode auf jeden Fall intensive Bemühungen seitens der Pastoralen Dienste setzen, um den Schwung dieser Auseinandersetzungen in die neugewählten Pfarrgemeinderäte hineinzutragen.
Darüber, dass es eine zeitgemäße Gestaltung von Kirche vor Ort braucht, ist sich der Großteil der PfarrgemeinderätInnen einig. Leider bleibt aufgrund der Dringlichkeit des unmittelbaren Planens und Organisierens des pfarrlichen Lebens oft nur wenig Zeit und Energie für Innovation und Strategisches. Gerade synodale Prinzipien wie z.B. das Ansprechen neuer Zielgruppen, die Entwicklung innovativer Ideen oder auch das interne Teambuilding und die Entwicklung einer guten Arbeitskultur brauchen Zeit und eine professionelle Herangehensweise."
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Materialien "PGR-Selbsttest", "Personas-Karten", u.v.m. …