Vor fast 500 Jahren siedelten sich die Vorfahren der Burgenländischen Kroaten auf dem Gebiet des heutigen Burgenlandes an. Hauptgrund für ihre Auswanderung waren die Türkenangriffe in ihrer Heimat - in den öden Dörfern des österreichischen Kaiserreiches fanden sie eine neue Heimat. Mitgebracht haben sie ihren katholischen Glauben, den das kroatische Volk vor mehr als 1600 Jahren angenommen und seine Treue zum Papst und der Lehre der Katholischen Kirche bewahrt hat.
Heute leben die Burgenländischen Kroaten auf dem Gebiet dreier Staaten: der Großteil in Österreich (im Burgenland und in Wien), eine bedeutende Zahl in Ungarn und eine beachtliche Zahl auch in der Slowakei - seit dem Jahr 2004 unter dem gemeinsamen Dach der Europäischen Union.
In der Diözese Eisenstadt lebt der größte Teil der Burgenländischen Kroaten, in Ungarn sind sie auf die Diözesen Győr und Szombáthely aufgeteilt, in der Slowakei leben sie in der Erzdiözese Bratislava. In diesen vier Diözesen gibt es etwa 50 Pfarren, in denen in der Kirche die burgenländisch-kroatische Sprache verwendet wird. Seelsorge eigens für Burgenländische Kroaten gibt es auch in den Großstädten.
Durch die Jahrhunderte hat die Kirche stets ihre Verantwortung für die Burgenländischen Kroaten als Lehrerin, Hüterin und Förderin des Glaubens, der Muttersprache und Kultur wahrgenommen. Priester und Ordensleute waren die ersten und bedeutendsten Schriftsteller, Kulturträger und Gründer von Vereinen. Nach den großen Veränderungen nach dem Ersten Weltkrieg als das Burgenland zu Österreich kam und die Apostolische Administratur Burgenland mit dem Erzbischof von Wien als Apostolischen Administrator errichtet wurde, begann auch der institutionelle Aufbau der Seelsorge an den Burgenländischen Kroaten. Neben der Betreuung der kroatischen Pfarren im Burgenland wurde auch ein Seelsorger für die Burgenländischen Kroaten in Wien eingesetzt.
Die Kirchenleitung war bemüht, den Bedürfnissen der kroatischen Gläubigen durch die Herausgabe von geistlichen Schriften, liturgischen Büchern und pastoralen Behelfen zu entsprechen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde mit der Herausgabe der kroatischen Kirchenzeitung “Glasnik” begonnen (1946). “Glasnik” ist das wichtigste kirchliche Kommunikationsmittel der Burgenländischen Kroaten, das ihnen den Glauben in ihrer Muttersprache vermittelt, die Verbindung innerhalb der Volksgruppe in Österreich, Ungarn und der Slowakei fördert und den Kontakt mit der “alten Heimat” Kroatien lebendig hält. Während der Zeit des Kommunismus war der “Glasnik” ein besonderes Bindeglied der burgenländisch-kroatischen Gläubigen über die Grenzen hinweg, sowie mit der Kirche in Kroatien.
Mit der Errichtung der Diözese Eisenstadt im Jahr 1960 begann auch eine intensive Phase des Auf- und Ausbaues der Seelsorge bzw. der Institutionalisierung der Seelsorge an den Burgenländischen Kroaten. Da der erste Bischof von Eisenstadt DDr. Stefan László selbst Burgenländischer Kroate war, legte er ein besonderes Augenmerk auf die Seelsorge an den Burgenländischen Kroaten. Er war stets bestrebt, “die Einheit in der Vielfalt” zu erhalten, indem er die Diözesanen ermutigte, “das Eigene zu lieben und das Andere zu schätzen”. Seiner Weitsicht und Beharrlichkeit ist es zu verdanken, dass die grundlegenden Richtlinien und der institutionelle Ausbau der Seelsorge an den Burgenländischen Kroaten durch zwei Diözesansynoden (1960 und 1970) und zwei Diözesantage (1980 und 1990) auch formell geregelt wurden. So errichtete er 1979 die Kroatische Sektion im Pastoralamt, zuständig für die seelsorglichen Belange des kroatischen Volksteile, die Arbeitsgemeinschaft kroatischer Priester, das kroatische Dekanat Großwarasdorf, regelte den Anteil der Kroaten in den diözesanen Gremien und verlegte die Redaktion der kroatischen Kirchenzeitung “Glasnik” von Wien nach Eisenstadt.
Das wohl wichtigste Verdienst seiner Amtszeit ist die Durchsetzung der Anerkennung der burgenländisch-kroatischen Sprache als Liturgiesprache von Seiten der zuständigen römischen Kongregation. Dies wurde notwendig, da die Burgenländischen Kroaten, vom Mutterland durch Jahrhunderte getrennt, ihr mitgebrachtes Sprachgut weitgehend bewahrten und an den neuen Lebensraum anpassten. Das hat zur Folge, dass die liturgischen Bücher von Kroatien nicht übernommen werden können, sondern eigener Ausgaben in burgenländisch-kroatischer Sprache bedürfen. So hat Bischof László die Herausgabe einer Reihe von liturgischen Büchern, die für die Seelsorge unbedingt notwendig sind, in burgenländisch-kroatischer Sprache veranlaßt. Darüberhinaus hat Bischof László auch den ständigen Kontakt mit der Kirche in Kroatien gesucht und gepflegt, indem er regelmäßig als Vertreter der Österreichischen Bischofskonferenz an den Sitzungen der damaligen Jugoslawischen Bischofskonferenz teilnahm, Gast bei großen Festlichkeiten in Kroatien war und auch kroatische Bischöfe zu Wallfahrten der Burgenländischen Kroaten in die Diözese Eisenstadt eingeladen hat. Um die Seelsorge bei den Burgenländischen Kroaten zu gewährleisten, hat er von den Bischöfen Kroatiens Priester und von den Ordensoberen geistliche Schwestern erbeten und in die Diözese Eisenstadt aufgenommen.
Einen wichtigen Stellenwert im Leben der Burgenländischen Kroaten hatten durch die Jahrhunderte die jährlichen Wallfahrten nach Mariazell, Loretto und Eisenstadt-Oberberg sowohl in religiöser Hinsicht als auch hinsichtlich der Erhaltung der Sprache und Bewahrung der Kultur. In jüngerer Vergangenheit kamen noch die Wallfahrten nach Györ, Dürnbach und eine Kinderwallfahrt dazu.
Wie Bischof László nahm auch sein Nachfolger Bischof Dr. Paul Iby gerne an den Kroatenwallfahrten teil, zelebrierte den Gottesdienst in kroatischer Sprache und setzte den begonnenen institutionellen Ausbau der Seelsorge an den Burgenländischen Kroaten mit Wohlwollen und den gegebenen Möglichkeiten fort.
Eine große Wertschätzung und Auszeichnung erlebten die Burgenländischen Kroaten im Jahr 2010, als Papst Benedikt XVI. am 9. Juli den burgenländisch-kroatischen Priester und damals Generalsekretär der Österreichischen Bischofskonferenz, Leiter der Kroatischen Sektion und Chefredakteur des „Glasnik“ sowie Pfarre in Wulkaprodersdorf, Msgr. Mag. Dr. Ägidius J. Zsifkovics, zum dritten Diözesanbischof von Eisenstadt ernannte.
Die größten Herausforderungen für die Seelsorge an den Burgenländischen Kroaten sind das Fortschreiten der Säkularisierung und die damit verbundene Glaubensverdunstung im Volk, der akute Priestermangel sowie die schwache Weitergabe der Muttersprache bzw. die große Assimilierung. Um so mehr bedarf es einer guten und gesicherten Institutionalisierung der Seelsorge mit Hilfe der Kroatischen Sektion und des Kroatischen Vikariats.
Einen großen Beitrag dazu leistete der dritte Diözesanbischof Msgr. Dr. Zsifkovics, als er am Tag seiner Bischofsweihe am 25. September 2010 einen eigenen Bischofsvikar für die Belange der kroatischen Gläubigen in der Diözese Eisenstadt ernannte: P. Stefan Vukits OMV, dem mit Beginn 2019 Mag. Željko Odobašić nachfolgte, sowie mit der Erichtung des Kroatischen Vikariats mit 1. Oktober 2019, in das die damalige Kroatische Sektion mit allen Aufgaben und Personen überging.
Daneben initiierte Bischof Dr. Zsifkovics 2018 auch die Gründung der Internationalen Vereinigung der Burgenlandkroaten “Gradišćansko društvo Hrvat S.A.M. (Slovačka-Austrija-Madjarska)”. Das diesbezügliche Statut schreibt: „ Der Verein bezweckt die Förderung und Weiterentwicklung burgenlandkroatischer Identität, Kultur und Sprache unter dem gemeinsamen europäischen Dach mit dem besonderen Schwerpunkt auf länderübergreifender Zusammenarbeit von Burgenlandkroaten, unter besonderer Pflege der Beziehungen zum Stammland Kroatien sowie zum Staat Bosnien und Herzegowina mit seiner kroatischen Volksgruppe.“
Bischof Dr. Zsifkovics sorgt auch weiterhin für das ihm anvertraute burgenländisch-kroatische Volk, aus dem er auch kommt. Davon zeugt auch die Errichtung des neuen kroatischen Dekanates Trausdorf a. d. W. im Nordburgenland 2020