„Den oder die kennen wir schon!“ Immer wieder kann man diese Feststellung hören. Und dies bedeutet für die Benannten nichts Gutes. Wir glauben zu wissen, dass von einer solchen Person nichts anders zu erwarten ist als eben das, was wir von ihr erwarten. Sie sind abgestempelt, man braucht mit ihnen nicht mehr zu rechnen. Und ändern werden sie sich ja auch nicht.
Solches mag man auch zur Zeit Jesu von den Zöllnern, den Steuereintreibern gedacht haben, und nicht nur gedacht, sondern mitunter auch laut ausgesprochen. Und Zachäus, der die Menschen ausbeutete, ihnen oft das Letzte, das sie noch hatten, nahm, war einer von dieser Sorte. Mit solchen Menschen will man nichts zu tun haben. Aber nicht nur wir selbst wollen uns von solchen Menschen abgrenzen, auch andere sollen das tun. Die Menschen erwarten sich von Jesus, dass auch er sich in Solidarität mit ihnen von diesem Zöllner absetzt, ihn wie sie verdammt.
Und dann lässt sich Jesus von diesem Ausgegrenzten einladen, noch schlimmer, er lädt sich selbst bei ihm ein! Dieser Einladung ist aber vorausgegangen, dass Zachäus auf einen Baum stieg, im Bemühen, einen Blick auf Jesus werfen zu können, und dadurch kann Jesus ihn erblicken.
In dieser Begegnung mit Jesus erfolgt die von den Menschen nicht für möglich gehaltene Bekehrung. Der, der die Menschen ausbeutet, will jetzt teilen. Der, den man abgeschrieben hat in Bezug auf ein ehrenwertes Leben, der übertrifft jetzt in guten Taten die, die sich für gut halten. Im Blick auf Jesus gewinnt er einen neuen Zugang zu den Mitmenschen. In diesem Blick auf Jesus gewinnt er den Durchblick auf ein Leben in Liebe zu den anderen, in Verantwortung für die Welt.
Das ist es, was die Heiligen auszeichnet: Sie lassen Jesus, sie lassen Gott durchscheinen, indem sie sich Gott zuwenden. Bei den meisten Heiligen wird von einem Erlebnis der Bekehrung berichtet, von einem Perspektivenwechsel: Wo früher ein auf sich bezogenes Ich war, ist jetzt ein auf Gott und die Mitmenschen ausgerichtetes Ich. Vorher aber sind sie - im Bild des Evangeliums gesprochen - auf den Baum gestiegen oder auf einen solchen gesetzt worden, um den Blick auf den, der Heil schaffen kann, gewinnen zu können. Die Bekehrung war nicht immer nur ein Augenblick, sondern oft dauerte sie eine lange Zeit, ein ganzes Leben.
Aber dieses Berührt-Werden von Gott, das ist das Wesentliche, und auch, dass der barmherzige Gott nicht nachgibt in seiner Liebe, auch wenn er immer wieder die Abwendung des Menschen erfährt. „Der hat mir den Kopf verdreht“, ist nicht dieser Ausdruck der Liebe hier angebracht?
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