Michael Chalupka, Bischof der evgl. Kirche in Österreich, hat in seiner Kolumne in der Kronen Zeitung am vergangenen Samstag folgendes geschrieben: „Fasten heißt den Blick auf das Wesentliche zu lenken, die Schwächsten nicht zu vergessen, den Zusammenhalt zu suchen.“
Am Beginn der Fastenzeit sind diese Worte für uns Christen eine wichtige und notwendige Orientierung. Was heißt das konkret für den Einzelnen, für Kirchen und christliche Gemeinschaften sowie für die Politik und Gesellschaft? Ich denke, wir alle brauchen heute mehr denn je diesen mutigen und prophetischen dreifachen Neubeginn.
Den Blick auf das Wesentliche zu lenken.
In vielen Bereichen des Lebens und Glaubens ist es heute kompliziert geworden, sind wir in Gefahr das Wesentliche aus den Augen zu ver-lieren oder wir haben es bereits verloren. Gerade auch die Politik der letzten Monate in der großen Welt, in Europa, aber auch im kleinen Österreich zeigt uns das deutlich. Die Menschen sind mit der bisherigen Politik unzufrieden, verlangen nach Veränderung und einfachen Lösungen. Eine jahrzehntelange „Linksbewegung“ ohne die Anerkennung von Grenzen schlägt ihr Pendel aus in eine radikale „Rechtsbewegung“ mit dem Ruf nach Ordnung und Sicherheit, Abgrenzung und Ausgrenzung sowie leider oft auch nach dem sogenannten „starken Mann“.
Wohin das führt, wissen wir allzu gut aus unserer Geschichte! In unserer globalisierten und komplizierten Welt braucht es wieder den Blick auf das Wesentliche! Politik und Kirchen sind gut beraten dies zu tun, wenn sie heute noch mitreden und mitgestalten wollen. Die Fastenzeit ist eine gute Gelegenheit damit ernsthaft zu beginnen und in allen Lebensbereichen wieder den Blick auf das Wesentliche zu lenken, besonders auch auf das Wesentliche unseres Glaubens.
Die Schwächsten nicht vergessen.
Der Slogan „We make Amerika great again – Wir machen Amerika wieder groß“, den viele übernehmen, ist im ersten Augenblick eine verständliche, mutmachende Ansage, aber beim genaueren Hinsehen ist sie gefährlich. Mit der Ansage die Kleinen groß zu machen, werden zugleich Schritte gesetzt, die gerade auf Kosten der Schwächste und Kleinen gehen. In der aktuellen Situation unserer Welt werden die Schwächsten oft von den politischen Playern vergessen oder bewusst ausgebeutet, unterdrückt und missbraucht. Papst Franziskus prangert dies seit seinem Amtsantritt vor 12 Jahren unermüdlich hart an: Das ist eine Schande, ein Skandal, eine Sünde, die zum Himmel schreit.“ Politik und Kirchen sind heute mehr denn je gefordert, die Schwächsten nicht zu vergessen. Auch dafür ist die Fastenzeit ein Neubeginn, nicht nur für die Politik und unsere neue Regierung, auch für jeden Bürger und noch mehr für uns Christen im Alltag die Schwächsten in unserer Umgebung und in der weiten Welt nicht zu vergessen. Die Fastenaktion in den Pfarren unserer Diözese ist ein konkreter Beitrag dazu!
Zusammenhalt zu suchen.
Ein Blick in Kirche und Welt zeigt deutlich, dass Individualismus, Egoismus, Gleichgültigkeit und die Abkapselung in die eigenen 4 Wände immer stärker werden, die Einheit u. den Zusammenhalt gefährden, untergraben und zerstören. Heute braucht es mehr denn je Gemeinschaft und Zusammenhalt, um die Herausforderungen zu bewältigen. Nicht „einsam“, sondern „gemeinsam“ ist das Motto! Denn nicht Individualismus und Egoismus haben unser Land und Europa nach den beiden Weltkriegen aufgebaut, sondern vor allem der Fleiß und Zusammenhalt. Gerade im Blick auf die überfallene und leidgeprüfte Ukraine braucht es jetzt in Europa Einheit und Zusammenhalt, damit Autokraten, Dikatatoren, Populisten, brutale Manager u. Dealer, die auch unter dem Deckmantel der Demokratie auftreten, nicht das Recht des Stärkeren durchsetzen, den Kleinen diktieren, sie ausbeuten. Die Fastenzeit ist ein guter Beginn, dass Europa endlich aufwacht, den Zusammenhalt sucht, damit der Krieg in der Ukraine beendet wird und ein gerechter Friede einkehrt. Den Zusammenhalt suchen – dazu sind wir als Einzelne, Kirchen, christliche Gemeinschaften und als Gesellschaft aufgefordert. Beginnen wir damit in unserer kleinen Welt, dann wird auch in der großen Welt Einheit und Frieden möglich.
Wenn wir uns heute am Beginn der Fastenzeit Asche auf das Haupt streuen lassen, dann ist das zugleich eine Einladung und ein Auftrag an uns: Den Blick auf das Wesentliche zu lenken – Die Schwächsten nicht zu vergessen – Den Zusammenhalt zu suchen. Oder wie es das Evangelium schlicht u. einfach sagt: Fasten – Beten – Almosen geben.
Beginnen wir damit in dieser besonderen Gnadenzeit des Hl. Jahres als Einzelne und Familien, als Kirchen in unseren Pfarrgemeinden und christlichen Gemeinschaften sowie als Politik und Gesellschaft hier bei uns im Burgenland, in Österreich, Europa und in der Welt, dann geben wir als „Pilger der Hoffnung“ dieser unserer Welt Hoffnung und Zuversicht, die sie so dringend braucht.
Auch das neue „digitale Fastentuch“ hier im Martinsdom mit dem Blick auf Jesus Christus durch die Jahrhunderte seit dem ersten ökumenischen Konzil in Nicäa vor 1700 Jahren will uns dabei helfen. Amen.
Foto: Diözese Eisenstadt
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