Die in diesem Jahr neu gegründete Kulturinitiative Neuberg (kurz: KING)
lud am Freitag, den 25. November 2022 zur ihrer ersten öffentlichen Veranstaltung ein, einen Vortrag zum Thema die "Amerikawanderung". Niemand geringerer als der Doyen der Burgenländischen Gemeinschaft, Hofrat Prof. Dr. Walter Dujmovits referierte in seine unnachahmlichen Art über sein Wissen, dass er sich in vielen Jahrzehnten angeeignet hat. Gewürzt mit vielen Anekdoten brachte er dem geschichtlich interessierten Publikum viele Fakten näher und zog es in seinen Bann. Gerade Neuberg zählte zu den von der Amerikawanderung am stärksten betroffenen Gemeinden des Südburgenlandes.
Laut Hofrat Dujmovits waren es 520 Personen, die nach Übersee auswanderten und dort ihr Glück suchten. Der zur Verfügung stehende Lebensraum wurde zu klein und die Ernährungsgrundlage dadurch immer schmäler. Die Erbteilung der ohnehin kleinen Bauernhöfe mit dem schlechten Grund und Boden war keine Lösung und kein Ausweg aus der Krise am Beginn des 20. Jahrhunderts. Der Glaube und zwei starke Hände waren alles, was die Auswanderer mitnahmen.
Es war eine Eigenart der Auswanderer nach "Übersee", dass sie bestrebt waren, "drüben" Geld zu verdienen, um dann wieder in die Heimat zurückzukehren. So wurde die Auswanderungswelle zuerst von verheirateten Männern und ledigen Burschen getragen. Der eine Teil kehrte zurück, aber der Großteil blieb in Amerika. Hauptziel war Chicago/Illinois. Hier waren viele Neuberger auch gesellschaftlich aktiv. Konrad Berzkovits, Josef Gergits, Johann Kulovits, Gustav Murlasits sowie Justine, Karl und Mathias Neubauer gründeten den "Ersten Burgenländischen Krankenunterstützungsverein" in Chicago. Ein weiterer Verein mit Heimatbezug war der "Burgenländische Neuberger Familien-Club."
John Radostits war ein Neuberger, der in Amerika sich sehr für seine Landsleute interessierte und viel für sie auch organisierte. Er ist 1926 als Kind kroatischer Auswanderer aus dem Burgenland in Chicago zur Welt gekommen. Bald darauf ist die Familie zurückgewandert. John und sein Bruder Frank sind in Neuberg aufgewachsen und zur Schule gegangen. Dort haben sie auch Deutsch gelernt, denn in der Familie wurde nur Kroatisch und Englisch gesprochen. Nach dem Krieg betrieb er einen kleinen Landesproduktenhandel und hat 1956 seine Frau Rose aus Oberdorf geheiratet. Von 1949-56 gingen sie auf landwirtschaftliche Saisonarbeit (Grünarbeit) und sind dann nach Chicago gefahren.
John arbeitete in der größten Druckereien in Chicago und brachte es zum Generalvertreter mit 30 Mitarbeitern. Sein ganzes Berufsleben arbeitete er in dieser Firma.
Bald nach Gründung der Burgenländischen Gemeinschaft ist er dieser weltweiten Organisation beigetreten und hat bereits 1958 das erste große Heimatreffen anlässlich des Besuches des damaligen Landeshauptmannes Johann Wagner in Chicago organisiert. Frank Volkovits und Kolly Knor haben die BG in Chicago aufgebaut. John war viele Jahre Vizepräsident und dann Präsident. Chicago war damals die größte Burgenländerstadt der Welt. Die offiziellen Besuche der Burgenländischen Landesregierung und der Bischöfe Laszlo und Iby hatte er hervorragend organisiert. Er war sehr kontakfreudig und hatte stets einen sehr guten Zugang zu den jeweiligen Bürgermeistern dieser Großstadt, zum Kardinal, zum Generalkonsul und zu anderen hohen Persönlichkeiten in Chicago.
Die Wertschätzung, die er in der alten Heimat erfahren hat, kommt dadurch zum Ausdruck, dass er zur feierlichen Landtagssitzung anlässlich „80-Jahre-Burgenland“ persönlich eingeladen war.
Die Organisatoren des Abends waren mit dem durchschlagenden Erfolg sehr zufrieden und hoffen, dass dieser Impulsvortrag ein Anstoß für die Mitbürger ist, sich in die Aufarbeitung der Neuberger Geschichte einzubringen. Dem Referenten Hofrat Prof. Dr. Walter Dujmovits gebührt Dank und Anerkennung, dass er trotz seiner 90 Jahre den Weg nach Neuberg auf sich genommen hat und frisch und frei über das Thema referierte.
Gruppenfoto: Der Vorstand der Kulturinitative Neuberg (KING) - sitzend: Obfrau Dr. Renate Mercsanits mit HR Prof. Dr. Walter Dujmovits; stehend: Karl Knor, Maria Kovacs, Arnold Boisits, Philipp Halper und Thomas Novoszel
Foto: Karl Knor