
Herbergssuche aus einer anderen Sicht
Esel
Warum ich?
Warum nicht der Esel neben mir !? – der, der immer so laut schreit!
Nein! Ich, Esel, muss die Last tragen! – da war der Esel neben mir wieder ruhig und hat den Mund nicht aufbekommen, ...
Jetzt trotte ich schon Tage lang mit der schwangeren Frau am Buckel durch die Gegend und hab das Gefühl, dass wir nie irgendwo ankommen ...
Obwohl Josef eigentlich recht zielstrebig wirkt und seinen Weg geht, hab ich trotzdem das Gefühl, dass da etwas nicht stimmt. Maria kann sich auch nicht recht entspannen ... und das macht es für mich nicht gerade leichter.
Na Gerüchten zu Folge ist ja er mit ihr ... und dann war da noch ...
Egal. Tatsache ist, dass ich im Grunde stark genug bin – vermutlich stärker als der Esel neben mir ...
Sie reden nicht viel die Zwei. Aber manchmal sprechen sie über einen Gott ... der sie führt ... der ihnen sagt, was sie tun sollen ... damit er – Gott? – auf die Welt kommen kann ... geboren, von der Frau, die ich trage ... ?!?
Ganz verstehe ich es noch nicht, aber ich geh mit ...
Josef
Warum ich?
Warum tu ich mir das eigentlich an !? – mit dem Kind und dieser Frau und ...
Ich könnte gemütlich zu Hause sitzen, bräuchte nicht durch die kalte Nacht marschieren ... hätte keine Angst ... und keine Verantwortung ...
Ich müsste mich nur um mich kümmern ... nur auf mich schauen ... was mir gut tut ... wie es mir geht ...
Wie es Maria wohl geht?
Sie redet nicht viel.
Sie sieht traurig aus, erschöpft, ausgelaugt ... aber auch entschlossen, mutig, stark ...
Ich glaube wir zwei würden das alles nicht schaffen, wenn das nicht „unser“ Weg ist ... und Gott mit uns geht.
Seltsam ist es schon ...
Warum ich?
Warum traut Gott mir das alles zu?
Ich muss einfach darauf vertrauen das Gott mich – uns – nicht im Stich lässt.
Hoffentlich hält Simon durch und trägt Maria bis zu einer Herberge ...
Hoffentlich bekommen wir eine Herberge für Maria und das Kind ...
Hoffentlich ist Maria kräftig genug für all das ...
Hoffentlich bin ich ...
Hoffen ...
Maria
Warum ich?
Warum wurde ich von Gott auserwählt? – was ist an mir so besonderes?
Ich bin doch nur eine junge Frau und muss ...
Was muss ich jetzt eigentlich tun?!
Was ist meine Aufgabe?
Welche Erwartungen muss ich erfüllen?
Welchen Ansprüchen muss ich gerecht werden?
Ich trage Gott in mir ... !
Wie soll ich mich nur verhalten ... !? – Josef gegenüber ... und allen anderen!?
Josef ... ohne ihn wäre ich verloren!
Ich weiß nicht, was der Engel zu ihm gesagt hat.
Aber dass er jetzt mit mir geht und mich nicht alleine lässt, ist wirklich ein Wunder.
Genauso wie das Wunder, das ich in mir trage ...
Dieses Vertrauen! - das Gott mir schenkt ...
Ich kann es noch immer nicht fassen!
Was für ein Gott ist das? - der Mensch werden will?!
Einer von uns ... ein Kind!
Wie wird er sein? - Dieser Jesus.
Dieses Kind. Dieser Gott.
Mein Gott ... !
Wirt
Warum ich?
Warum klopft ihr bei mir an? – ich bin sowieso schon voll bis oben hin! Mir reicht’s!
Dauernd wollen die Leute etwas von mir. Nie hat man auch nur einen Augenblick Pause. Nicht einmal in Ruhe essen kann ich ...
Ja, ja, ich komm ja schon ...
Das muss ja wahnsinnig dringend sein ...
O mein Gott, wen hab ich denn da vor der Tür ... Schwanger, arm und ein Esel ... na bravo!
Ich habe keinen Platz für solche Leute! Die sollen schauen, dass sie weiterkommen!
Allerdings ... wenn ich sie mir genauer anschaue ... die Gesichter der Beiden ... eigenartig ... abgekämpft, erschöpft, müde, ... aber ich muss gestehen, dass ich in diesen Tagen schon andere, hoffnungslosere Gesichter gesehen habe ... diese Beiden strahlen so etwas wie Hoffnung aus ...
Na dann bring ich sie eben im Stall unter ... da hab ich eigentlich noch genug Platz ...
Und außerdem ist sie ja guter Hoffnung ...
© chrisgarz