
Natur und Umwelt 04/2020
Biodiversität und Regionalität
Regionalität ist und führt zu Biodiversität. Ich stelle diese Behauptung einfach so in den Raum und versuche eine Begründung.
Biodiversität ist nicht nur Artenvielfalt, sondern auch genetische Vielfalt und Vielfalt von Ökosystemen. Vielfalt bedingt Gesundheit, Stabilität, Unabhängigkeit und Autonomie. Eine vielfältige klein- und reich- strukturierte Natur- und Kulturlandschaft ist nicht eintönig und nicht nur für das Auge schön, sondern befindet sich durch die Vielzahl von Strukturelementen, wie Wiesen, Hecken, Baumgruppen, Trocken- und Feuchtlebensräumen, Tümpeln, Weihern, Seen, Flüssen, Wäldern u. ä., in einem stabilen und gesunden Gleichgewicht. Die dadurch bedingte Artenvielfalt sorgt für ein ausgeglichenes Nützlings-/Schädlingsverhältnis, das, sofern es nicht durch negative Einflüsse des Menschen gestört wird, eine Grundlage für eine optimale Produktion von gesunden Lebensmitteln darstellt. Lebensmittel, wie sauberes Wasser, gute Luft, stabiles Klima, gesunder Boden und ebensolche Nahrung. Und dies nicht nur für den Menschen, sondern für alle Mitlebewesen, also auch Pflanzen und Tiere.
Artenvielfalt bedingt auch eine Vielzahl von Rassen und Sorten. Diese Vielfalt ist in einer stabilen, vielfältigen Natur- und Kulturlandschaft, mitunter auch durch gezielten Einfluss des Menschen, über viele Jahrhunderte oder gar Jahrtausende entstanden und an diese bestens angepasst; ergibt gesunde und robuste, bodenständige Formen, die negativen Einflüssen trotzen und diesen auch widerstehen können, wie wir in Beiträgen in dieser Zeitschrift lesen können.
Eine Landwirtschaft, die diesen Voraussetzungen verpflichtet ist, liefert gesunde Lebensmittel und somit auch eine Vielfalt von frischen, gesunden und geschmackvollen Nahrungsmittel und führt zu einer ausreichenden Versorgung der Bevölkerung sowie zu Autonomie in der Region wie auch im Land.
Desgleichen verhält es sich, wenn Wirtschaft und Handel der Regionalität, den Orten, Regionen und dem Land verpflichtet sind, Produkte und Dienstleistungen in jener Vielfalt erbringen, die vollständig den Bedürfnissen der Bevölkerung, der Menschen entsprechen. Das führt zu gesunden Betrieben, zu ausreichend vielen Arbeitsplätzen, zu Stabilität, Autonomie und Unabhängigkeit. Die Krisensituation, in der wir uns derzeit befinden, hat es uns ja deutlich vor Augen geführt.
Ein Vergleich aus dem Bereich der Gesundheit sei mir noch gestattet, nämlich aus der Gesundheits- und speziell Suchtprävention: Ein Mensch ist dann wirklich gesund, stabil und nicht suchtgefährdet, hat ein reiches, vielfältiges und glückliches Leben, wenn er neben seiner Arbeit noch eine Vielzahl von Interessen und Hobbys hat. Gleichsam so, wie ein Klavier, das viele Tasten hat, mit denen man eine schöne, vielstimmige Melodie erzeugen kann.
Und was können wir zu alldem beitragen? Nun, das ist ganz einfach und gerade die derzeitige Krisensituation lehrt es uns: Jeder von uns kann und soll die Produkte und Dienstleistungen verstärkt und überhaupt nutzen, die die Region bietet und liefert. Dies stärkt die Betriebe, schafft und fördert Arbeitsplätze, nützt auch einer vielfältigen Natur- und Kulturlandschaft, fördert somit die Artenvielfalt und Biodiversität, sorgt für eine gesunde Umwelt. Und wenn man so nebenbei in einer solch reichhaltigen, erlebnisreichen und gesunden Region Freizeit und Erholung sucht und im eigenen Land Urlaub macht, praktiziert man zusätzlich noch aktiven Klimaschutz.
Schön zu sehen und zu beobachten, dass dies im Sommer und Herbst dieses Jahres schon viele unserer Mitmenschen so umgesetzt haben. Leider passiert es dabei immer wieder, dass manche unserer Zeitgenossen bei der Freizeitnutzung in unserer Landschaft diese mit einem Abfüllkübel verwechseln. So kann man dann in Straßengräben und neben Rad- und Wanderwegen jede Menge Abfall finden. Das führt dann, abgesehen von der Verunstaltung der Landschaft, oft zu schwersten Verletzungen bei Tieren, und mancher Tierhaltungsbetrieb hat schon Verluste zu beklagen gehabt, wenn diese Abfälle mit dem geernteten Gras oder Heu als Futter zu den Haustieren gelangen und diese in der Folge auf Grund schwerster innerer Verletzungen notgeschlachtet werden müssen. Das kann die Existenz solcher Betriebe durchaus gefährden.
Eine sinnvolle und achtsame Nutzung unserer Natur- und Kulturlandschaft in allen Bereichen kann die Regionalität fördern und der Region sowie uns Menschen eine gesunde, stabile und somit glückliche Zukunft bringen, meint Ihr
Hermann Frühstück
Landesleiter Naturschutzorgane Burgenland