Frauenkirchen
In Frauenkirchen können Pilger nicht nur Gottesdienste mitfeiern, sondern auch Klosterbier und (in Corona-Zeiten praktisch) Weihwasser in Sprühflaschen erwerben.
Die Basilika Frauenkirchen – eine der schönsten Kirchen des Burgenlandes, Wahrzeichen des Heidebodens und Pilgerzentrum für über
100.000 Pilger pro Jahr – ist neuerdings auch coronafit. Der kreative Pfarrer P. Thomas Lackner OFM hat tägliche Online-Messen im Angebot (knapp 1.000 Gläubige konnten so zur Zeit des Lockdowns mitfeiern). Und auch für die derzeit aus hygienischen Gründen verpönten Weihwasserbecken hat der Franziskanerpriester eine ideale Alternative parat: Er füllt das Weihwasser in wiederverwertbare Tuben, die wie Parfum-Fläschchen funktionieren. So könne man „den Segen des lieben Gottes“ sozusagen „überall mitnehmen“, erklärt P. Lackner. Und weil der Pfarrer gerne mehrere Fliegen mit einer Klappe schlägt, habe er auf die Rückseiten der Tuben QR-Codes drucken lassen – so finden Käufer neben dem Weihwasser viele virtuelle Wege zur Basilika von Frauenkirchen.
„Zuflucht der Sünder“
Das prächtige Gotteshaus von Frauenkirchen zieht nicht nur „klassische“ Gläubige an, sondern auch Touristen, Kulturinteressierte und „Herumschnuppernde“. Viele der Pilger stellen eine Frage: Wie konnte am Heideboden, dem Landstrich am Ostufer des Neusiedlersees, eine so prächtige Kirche entstehen? Die Antwort lautet: Fürst Paul Esterházy war ein tief religiöser Mensch, dem der Kirchenbau ein Herzensanliegen war. Als glühender Marienverehrer wollte er der Muttergottes ein schönes Heiligtum bauen, erzählt P. Thomas Lackner. Als er 1687 von Kaiser Leopold in den Fürstenstand erhoben wurde, konnte er „aufgrund dieser Würde nicht einfach bloß eine Dorfkirche errichten.“ 1702 wurde die Kirche geweiht, 1990 von Papst Johannes Paul II. zur ersten „Basilika minor“ des Burgenlandes erhoben.
Ursprünglich wird der Wallfahrtsort Frauenkirchen bereits 1324 erwähnt. In einer kleinen Kapelle wurde damals ein Marienbild verehrt – eine stillende Gottesmutter. Bei der ersten Zerstörung der Kirche 1529 durch die Türken wurde dieses Gnadenbild unversehrt aus dem Schutthaufen geborgen und wird jetzt beim ersten der acht Seitenaltäre (auf der linken Seite) von den Gläubigen bewundert. Frauenkirchen möchte ein breites Publikum ansprechen. Die Basilika gilt als „Zuflucht der Sünder“ (diese alte Anrufung Mariens steht in Latein zentral auf dem Altaraufsatz). Hier können sich „kleine und große Sünder, kleine und große Heilige begegnen“, betont P. Lackner. Man kann bewegende Gottesdienste mitfeiern, die Beichte ablegen, Kirchenführungen (samt Weinverkostung) besuchen, im wunderschönen Ambiente des alten Klosterrefektoriums „Essen wie ein Mönch“, an einer Wallfahrt teilnehmen, an Andachten, die „Klagemauer für Bitten“ aufsuchen oder einen der Klosterläden besuchen. Dort kann auch ein „Basilika Frauenkirchen“-Klosterbier in der Dose erworben werden. So mancher, so erzählt
P. Lackner, habe alleine deshalb das Gotteshaus betreten und komme seitdem immer wieder. Auch zu Gottesdiensten.
(aus dem martinus - Kirchenzeitung der Diözese Eisenstadt, Ausgabe vom 6. September 2020)
Geschichte
Seit wann genau eine Kirche an dieser Stelle steht, ist unklar. Vielleicht bestand schon ein vorchristliches Aphroditeheiligtum, das nach der Christianisierung als Marienheiligtum weitergelebt hat. In einer verschollenen Urkunde von 1335 wird Frauenkirchen jedenfalls schon als viel besuchter Wallfahrtsort beschrieben. Diese Kirche wurde im Türkenjahr 1529 zerstört, das Gnadenbild blieb wie durch ein Wunder unversehrt. Trotzdem blieb die Kirche mehr als 100 Jahre eine Ruine, wohl der Unsicherheit der Gegend wegen. Erst als sie in den Besitz des Hauses Esterhàzy kam, wurde die Gegend wieder belebt. Nikolaus gründete die Ortschaft neu, ließ die Kirche wieder aufbauen und holte Franziskanerpatres zur seelsorgerischen Betreuung der Menschen. 1680 waren Kirche und Kloster fertig. Aber schon drei Jahre später zerstörten die Türken Kirche und Kloster erneut. Als Paul Esterhàzy 1687 in den Fürstenstand erhoben wurde, gelobte er, in Frauenkirchen eine Kirche zu Ehren der Gottesmutter zu errichten. 1695 wurde unter Baumeister Francesco Martinelli mit dem Neubau der Kirche begonnen. 1702 konnte sie geweiht werden. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Gnadenbild in Wien verwahrt. Dass die Kirche ein Jahrzehnt russische Besatzung unbeschadet überstand, ist dem Geschick des damaligen Pfarrers zu verdanken. Seit damals wurde die Kirche innen und außen gründlich saniert. Im Jahre 1990 wurde das Gotteshaus zur ersten Basilika des Burgenlandes erhoben.
Äußeres
Der mächtige einheitliche Barockbau wird von der Doppelturmfassade geprägt. Die dreigeschossigen Türme werden von Doppelzwiebelhelmen mit Laternen bekrönt. Der dazwischen liegende zweigeschossige Giebelrisalit ist leicht vorgezogen. Die Fassade ist durch flach gestufte Pilaster, im Erdgeschoss ionisch, oben korinthisch, gegliedert. Über dem Portal steht in einer Nische eine steinerne Madonna. Die Datierung „1240“ ist nicht authentisch, sondern bezieht sich auf das legendäre Alter der Gnadenstatue. Den Fassadengiebel bekrönt ein hl. Erzengel Michael zwischen Engeln. Dem hohen Langhaus sind Seitenkapellen angebaut. Der stark eingezogene Chor mit flachem Schluss ist gleich hoch wie das Langhaus.
Innenraum
In ihrer Einheitlichkeit von Bau, Ausstattung und Einrichtung ist die Basilika der schönste barocke Kirchenraum des Burgenlandes. Der vierjochige helle Raum hat nicht weniger als acht Seitenaltäre mit darüber liegenden Emporen. Überwölbt ist die Basilika von einer reich verzierten und bemalten Stichkappentonne. Als Maler des reichen Freskenschmuckes, der die Rosenkranzgeheimnisse und zahlreiche Heilige des Franziskanerordens darstellt, ist Luca Antonio Columba ausgewiesen. Die Stuckarbeiten schuf Pietro Antonio Conti. Der Hochaltar täuscht auf einer bemalten Holzwand in typisch barocker Manier einen mächtigen Marmoraufbau vor. Unter einem Baldachin steht im Zentrum die Gnadenstatue. Flankiert wird das gotische Werk von mächtigen Figuren der heiligen Könige Stephan und Ladislaus. Das Ovalbild im Obergeschoss zeigt Gott Vater mit dem Hl. Geist, bekrönt vom hl. Josef, seitlich die Eltern der Gottesmutter, Anna und Joachim. Die Seitenkapellen sind in Stuck, Fresken und Altären jeweils gegenüberliegend ähnlich gestaltet. In der ersten Kapelle vorne steht der Marienaltar mit dem ursprünglichen Gnadenbild, dem sogenannten „Maria lactans“, einer stillenden Madonna, das historisch schwer einzuordnen ist. Der Altar in der nächsten Seitenkapelle ist dem hl. Franziskus geweiht. Es folgt der Jakobusaltar, der in seinem hervorragenden Altarblatt das Martyrium des Heiligen darstellt. Das Bild auf dem Georgsaltar zeigt den hl. Georg im Kampf mit dem Drachen. Die hinterste linke Seitenkapelle ist als Fatimakapelle gestaltet. Wenn man den Rundgang auf der rechten Seite fortsetzt, betritt man zuerst die Kapelle mit dem Barbaraaltar, dann die Kapelle mit dem Altar der hl. Magdalena, dessen Altarblatt zu den besonderen barocken Kunstwerken der Kirche zu zählen ist. Der Wand- und Altarschmuck der nächsten Kapelle verehrt den hl. Antonius. Die vorderste Kapelle auf der rechten Seite birgt den Herz-Jesu-Altar. Links vorne, unmittelbar vor dem Hochaltar, ragt ein kleiner Erker, das Oratorium des Fürsten Esterhàzy, hervor. Die Kanzel mit reichem Figurenschmuck entstand 1713. Das vielleicht bedeutendste Schnitzwerk des Burgenlandes ist die Priestersedilie, in ihrem Reichtum dadurch erklärbar, dass sie einst als Hochaltar diente. Nach dem Rundgang durch die Kirche lohnt sich auch ein Besuch des Klosters. Dorthin gelangt man durch die Anbetungskapelle, das ursprüngliche Refektorium der Patres, links vom Volksaltar. Das Altarblatt stammt von 1697 und stellt das Letzte Abendmahl dar. Die anderen Ölbilder zeigen das Leiden und die Auferstehung des Herrn. Im Kloster ist vor allem das jetzige Refektorium (Speisesaal) mit den originalen Intarsien und Ölgemälden sehenswert. Besonders wertvoll sind die Stirnbilder von Stefan Dorffmeister.
Kreuzweg auf den Kalvarienberg
Der künstlich angelegte Kalvarienberg an der Westseite der Basilika entstand um das Jahr 1685. Schneckenförmig windet er sich zu einem Plateau empor, aus dem eine kolossale steinerne Kreuzigungsgruppe aus dem Jahre 1759 in den Himmel ragt. Die Kapellen zeigen in Steinreliefs Stationen der Leiden des Erlösers.
aus „Bedeutende Wallfahrten, Kirchen und Kapellen“
Band II: Niederösterreich und Burgenland
Journal-Verlag