Predigt beim Begräbnis von GV Martin Korpitsch
Predigt von Herrn Mag. Wilhelm A. Ringhofer beim Begräbnis vom + hwst. Herrn Generalvikar und Dompropst Kan. Geistl. Rat Kons. Rat Mag. Martin Korpitsch in Mogersdorf am Freitag, 21. 05. 2021, 15.00 Uhr (Pfarrkirche),
und auch bei den beiden Gedenkmessen am 06.06.2021 in Eisenstadt-Oberberg und Kleinhöflein.
Hochwürdigster Herr Diözesanbischof!
Liebe Mutter Korpitsch mit der ganzen Großfamilie!
Schwestern und Brüder im Glauben!
Seit voriger Woche, als in der Nacht von Montag (10.05.2021, ca. 22.20 Uhr) auf Dienstag bekannt wurde, dass unser Herr Generalvikar verstorben ist, gehen unsere Gedanken immer wieder zu Martin.
Es sind Gedanken der Traurigkeit, der Betroffenheit, der Dankbarkeit.
Wie bei jedem Menschen, den der Tod so früh von uns nimmt, fragen wir: „Warum?“ Aber darauf bekommen wir keine Antwort.
Um Martin selber müssen wir nicht trauern. Sein Leben hat eine Erfüllung erfahren, die alles Begreifen übersteigt; sein Leben ist REINE Glückseligkeit bei Gott.
Um uns trauern wir.
Wir sind ärmer geworden.
Fast 41 Jahre war Martin Priester in beinahe allen Bereichen des Lebens unserer Diözese. Die letzten fünf Jahre waren geprägt von seiner schweren Krankheit, die er – so schien es manchmal – mit Leichtigkeit und großem Optimismus trug und mit einem unglaublichen Gottvertrauen und Hoffnung.
In den letzten Jahren häuften sich die Krankenhausaufenthalte, sie wurden länger und kurz-aufeinander-folgender. Martin´s Lebenswille blieb ungebrochen. Er wollte LEBEN, ja er lebte gerne und er genoss das Leben.
Zuletzt erfolgte sein körperlicher Zusammenbruch schnell und in dieser Form unerwartet.
Indem uns Martin nun genommen ist, spüren wir erst, WAS uns mit ihm gegeben war.
Der Dichter Matthias Claudius hat am Grabe seines Vaters (1773) geschrieben: „Ach, sie haben einen guten Mann begraben, doch mir war er mehr.“
Dass Martin ein guter Mann war, darüber sind wir uns alle einig. Erlaubt mir, dass ich versuche, über dieses „Ach,… mir aber war er mehr“ zu sprechen.
Unsere erste Begegnung war Ende der 1970er Jahre im Stegersbacher Pfarrhof bei seinem Onkel Dechant Alois Tonweber, der letztlich ausschlaggebend war, dass ich Priester geworden bin. Herr Dechant war die Brücke zwischen Martin und mir.
Unzählige Male begegneten wir einander seit dem, besonders in der Zeit, als ich im Herbst 1983 ins Burgenländische Priesterseminar eingetreten bin.
Immer war Martin so, wie er in den vergangenen Tagen beschrieben wurde: vermittelnd, verstehend, ermutigend und stets durch und durch Mensch.
In dieser Haltung faszinierte er die Leute, die mit ihm zu tun hatten, die sich ihm als Priester anvertrauten, die in ihm einen Seelsorger fanden.
Als nachgehender Priester wurde Martin bezeichnet. Paare, deren Trauung er assistiert hatte, Kinder, die er getauft hatte, Familien, aus deren Mitte er Sterbende begleitete … - bei ihm war es mit dem unmittelbaren Tun nicht vorbei. Er ging ihnen nach, war ihnen vielleicht dadurch manchmal lästig, ABER er war für sie immer in Offenheit da. Ein „Nein!“ aus Martin´s Mund ist mir nicht bekannt.
Die Feier der Sakramente war ihm enorm wichtig. Bei Taufen hatte er zusätzlich seinen eigenen Ritus eingebaut. Der Frage nach der Taufe an die Eltern schloss Martin die Frage an, ob die Anwesenden wussten, WO sie getauft worden sind und ob sie auch wussten WANN. Und er bat sie zu antworten.
Mit dieser Nuance hob er die Bedeutung des „Neugeborenwerdens bei Gott“ in besonderer Weise hervor.
Mit Menschen, die er in einer Krise wusste, ging er SO um, dass sein Langmut und seine Bereitschaft zu verstehen ihm manches Unverständnis einbrachten. Aber Martin wollte ein geknicktes Rohr nicht brechen, er wollte einen glimmenden Docht nicht auslöschen (vgl. Jes 42,3).
Und wie der Gärtner in Jesu Gleichnis wollte er den Boden um einen Baum, der schon drei Jahre keine Frucht brachte, noch einmal umgraben. Vielleicht, sicher ist das nie, bringt er dann doch noch Frucht (vgl. Lk 13,6 ff.).
So ein Mensch war Martin.
Sein Tun als Seelsorger findet sich in den Worten des Apostels Paulus wieder, der schreibt: „Erschienen ist die Güte und Menschenfreundlichkeit Gottes“ (vgl. Tit 3,4). Und SO wie es die Schrifttexte dieser Messfeier sagen: Er ging gerne überall hin, um seinen geistlichen Dienst zu tun, quasi bis ans Ende der Welt. Und Martin hatte FREUDE daran.
Er wollte nie „herrschen“, weder kraft seines Amtes, noch kraft seiner Persönlichkeit. Er wollte versöhnen und er wollte überzeugen. Und es hat ihm viel gekostet, innerlich, als er spüren musste, wie schwer das manchmal war. Gejammert hat er nie.
Seelsorger blieb Martin auch als Generalvikar. Er saß nicht nur über den Akten und bei den üblichen Konferenzen und Sitzungen. Sobald es möglich war suchte er den unmittelbaren Kontakt mit den Leuten.
Wie kaum einer war Martin Brückenbauer – selbst wo keine Ufer in Sicht waren suchte er vermittelnd zu wirken.
Und wenn er mit keinem Argument mehr überzeugen und punkten konnte – sein Lächeln bewirkte Vieles und Lösungen wurden greifbarer.
Ein Generalvikar wird auch manchmal „geschimpft“. Das scheint zur Berufsbeschreibung zu gehören. Irgendwer hat irgendwo irgendwas immer auszusetzen.
Die Geduld, die Martin auch in solchen Momenten aufbrachte, das Miteinander-reden auf Augenhöhe und dem Gegenüber trotz allem Gutes-wollen war sein Charisma und seine Stärke.
„… mir aber war er mehr“. – In den gemeinsamen Jahren im ehemaligen Dekanat Rust und vor allem in den letzten Jahren in Eisenstadt verging kaum eine Woche, wo wir uns nicht angerufen oder einander gesehen haben.
Auch als Generalvikar blieb er der Bergkirche verbunden – in echter Liebe und großer Treue.
Ich erlaube mir, hier eine Episode zu erzählen, die hoffentlich nicht den Rahmen sprengt und auch richtig verstanden wird. Sie ist typisch für Martin.
An einem Samstag am Vormittag rief er mich an und fragte, wann heute am Oberberg die Trauung ist. Ich antwortete, dass wir heute keine Trauung haben – weder am Berg noch in Kleinhöflein.
Er meinte nachdenklich: Das ist interessant, bei mir im Kalender steht „Trauung“, aber kein Name und kein Ort.
Du, danke, dann muss ich weiter suchen.
Am frühen Abend wurde ich neugierig und schrieb ihm eine SMS: Passt alles mit der Hochzeit? Martin schrieb zurück: Habe gerade mit der Braut getanzt.
Auch das war er in seiner Originalität.
Bei unserer letzten Begegnung am Samstag vor seinem Sterben bat er mich um eine persönliche, freundschaftliche Predigt, nicht um einen geistlichen Nachruf.
Vieles wurde zuletzt über ihn geschrieben und gesagt. Er wird uns fehlen – in der Kirche und Gesellschaft.
Dieser Tage sagte mir ein Mann in der Fußgängerzone in Eisenstadt – und in diesem Satz ist alles gesagt - : „Es war ein Geschenk, ihn zu kennen.“
Martin, lieber Freund, der HERR möge vollenden, was er an Dir begonnen hat. –
Pfiat Di!
Amen.