Licht von Ostern
Liebe Pfarrfamilie,
Wir gehen nicht vom Karfreitag, an dem wir an das Sterben Jesu am Kreuz denken, zum Osterjubel über. Nein, die Osternacht zeigt uns den Weg vom Licht ins Dunkel – es wird ganz langsam hell.
Nächtliche Feiern haben in der Kirche eine ganz besondere Bedeutung. Vor fast 4 Monaten haben wir die Heilige Nacht gefeiert: die Nacht, in der Jesus geboren wurde. Gott wird Mensch in dunkler Nacht. Weihnachten ist die Nacht, an der das neue Leben beginnt.
Am Gründonnerstag gedachten wir der Nacht, in der Jesus verraten wurde. Der Karfreitag ist geprägt von der dunklen Nacht des Todes. Es ist die Nacht, die jede Hoffnung raubt, die Unsicherheit und Angst verbreitet.
Die Nacht ist das Symbol für alle Dunkelheit im menschlichen Leben. Nacht ist dort, wo wir die Orientierung verlieren, weil es dunkel um uns scheint. Nacht ist auch dort, wo wir allein und hilflos sind, wo Krisen unser Leben erschüttern. Wie oft fragen wir uns, wenn uns nachts Sorgen quälen: „Wie lange dauert die Nacht denn noch?“
Heute feiern wir die Osternacht als die Nacht, in der das Dunkel dem Licht weichen muss: die Nacht, in der die Ketten des Todes gesprengt werden und allen Trauernden Freude geschenkt wird. Der Tod ist kein ewiges Dunkel mehr, sondern nur der Durchgang zu neuem Licht. Das feiern wir jeden Sonntag aufs Neue:
DAS GEHEIMNIS DER AUFERSTEHUNG – OSTERN.
Ostern aber übersieht nicht unsere Gedanken, die voll Sorge, Angst und Trauer sind. Ostern lädt ein zur Begegnung mit der Dunkelheit in unserem Leben.
Wir haben heute die brennende Osterkerze in die dunkle Nacht hineingetragen. Sie ist das Symbol für Jesus Christus, den Auferstandenen, das Licht unseres Lebens. Ihre Flamme schenkt uns Orientierung in der Dunkelheit. Der Glaube an die Auferstehung Jesu ist für uns das Licht, das niemals erlischt.
„Dies ist die Nacht!“ heißt es im feierlichen Osterlob, das den Jubel der Osternacht verkündet. Die Nacht ist hell geworden! Keine Nacht war jemals wie diese. Ihn ihr ist auch die Finsternis nicht finster, die Nacht leuchtet wie der Tag, die Finsternis ist wie Licht.
In der Heiligen Nacht ist Gott Mensch geworden und hat sein Licht in die Finsternis gesandt. Mit seinem Tod ist dieses Licht nicht erloschen. Jesu Tod ist nicht das Ende, durch seine Auferstehung wird die Nacht taghell. Was an Weihnachten als ein Leuchten in dunkler Nacht begann, wird in dieser Osternacht zum Strahlen, das alles Dunkel schwinden lässt.
Das Licht von Ostern will die Welt erhellen und erleuchten; es will Orientierung geben, wo es an Durchblick fehlt und sich Angst und Dunkelheit breit machen wollen. Im Licht von Ostern können wir die Welt und die Menschen mit anderen Augen sehen. Im Licht von Ostern erkennen wir im anderen den Bruder, die Schwester, im Fremden den Freund. Aber wir sollen dieses Licht nicht für uns behalten. Wir sollen dorthin gehen, wo Menschen einsam und traurig sind, wo Verzweiflung und Angst herrschen, wo es dunkel ist bis hin zur Nacht des Todes. Das österliche Licht weist uns dabei den Weg. Es hilft uns, den anderen zu erkennen; es schenkt Wärme, die Kraft gibt und uns in Bewegung bringt. Es tröstet und macht froh, denn es ist das Licht des Lebens. Wir tragen dieses österliche Licht mit uns: Lumen Christi – das Licht der Welt.
Pfarrer Mag. Shinto V. Michael