Dankgottesdienst „30 Jahre Bischof Paul Iby“
Predigt von Diözesanbischof Ägidius J. Zsifkovics am 4. Feber 2023 im Martinsdom in Eisenstadt.
Exzellenz, hwst. Herr Apostolischer Nuntius, Herr Nuntiaturrat!
Liebe Mitbrüder im bischöflichen, priesterlichen und diakonalen Dienst, liebe Ordenschristen und Seminaristen!
Liebe Vertreter der Ökumene!
Liebe Fest- und Ehrengäste!
Liebe Gehörlose! Liebe Diözesanfamilie!
Vor allem aber, mein verehrter Vorgänger und Jubilar Bischof Paul!
Im Interview mit unserer Kirchenzeitung „MARTINUS“ hast Du selbst Dein Leben und vor allem Deinen bischöflichen Dienst mit einer Zugfahrt verglichen, ein Schnellzug ohne Haltestellen. Und jetzt, im hohen Alter – so sagst Du – fährt dieser Schnellzug langsamer. Auch wenn die Bahn im Burgenland bis heute ein „Stiefkind“ ist, möchte ich mir für diese Predigt dieses von Dir gewählte Bild der Zugfahrt zu Hilfe nehmen und Dir vorab DANKE sagen für das Vertrauen, dass Du mich heute zu Deinem Festprediger erwählt hast.
Deine Zugfahrt begann am 23. Jänner 1935 – also vor 88 Jahren – in Deinem geliebten Heimatort Raiding. Sie führte Dich nach der Schule und dem Studium nach Eisenstadt, wo Du hier im Martinsdom 1959 von unserem ersten Diözesanbischof Stefan László die Priesterweihe empfangen hast. Weitere Haltestellen Deiner Zugfahrt waren Deine Einsätze als Kaplan in der Dompfarre, als Sekretär des Bischofs, Dein Studium des Kirchenrechts an der Gregoriana und als Kaplan an der Anima in Rom. Heimgekehrt, wurden Dir der Dienst des Caritasdirektors, Schulamtsleiters, Ordinariatskanzlers und Generalvikars anvertraut.
Am 24. Jänner 1993 – vor 30 Jahren – wurdest Du hier im Martinsdom von Deinem Vorgänger Bischof Stefan zum Bischof geweiht unter Mitwirkung Deiner beiden Mitkonsekratoren Weihbischof Helmut Krätzl aus Wien und Kardinal Vinko Puljić aus Sarajevo – beide können heute nicht da sein, sind mit Dir aber im Gebet verbunden.
Was war auf Deiner Zugfahrt als Bischof Dein Kursbuch, Dein Fahrplan?
Es war und ist bis heute das Evangelium von Jesus Christus.
Oder wie es Dein Namenspatron, der Völkerapostel Paulus in der 2. Lesung den Korinthern eindringlich sagt „Ich habe euch das Geheimnis Gottes verkündet: Jesus Christus als den Gekreuzigten.“ Das ist die erste und wichtigste Aufgabe und der Dienst eines jeden Bischofs und Hirten. Unverwechselbar kommt dies in der Liturgie der Bischofsweihe zum Ausdruck, wenn zwei Diakone dem Weihekandidaten während des Weihegebetes das Evangeliar, aufgeschlagen, auf das Haupt legen. Eine tiefe Symbolik! Jesus Christus und sein Evangelium sollen den Bischof von Kopf bis Fuß, also ganz durchdringen. Er soll immer mehr ein „alter“ Christus, ein „zweiter“ Christus sein und werden.
Der Verkündigung des Evangeliums hast Du Deine Talente und Kräfte geschenkt und Du warst bemüht, den Menschen unseres Landes das Evangelium nicht als Drohbotschaft, sondern als „Euangelion“, das heißt übersetzt als „Frohbotschaft“ weiterzutragen. Immer braucht es die Kirche, die Hirten, die Gläubigen, die das Evangelium Jesu verkündigen und mit ihrem Leben bezeugen, damit unsere Welt und die kommenden Generationen nicht Gott - los werden. Heinrich Böll, nicht unbedingt ein Kirchenlicht, sagt: „Selbst die allerschlechteste christliche Welt würde ich der besten heidnischen Welt vorziehen, weil es in einer christlichen Welt Raum gibt für die, denen keine heidnische Welt je Raum gab: für Krüppel und Kranke, Alte und Schwache, und mehr noch als Raum gab für sie: Liebe für die, die der heidnischen wie gottlosen Welt nutzlos erschienen und erscheinen.“ Das wusste schon der Prophet Jesaja, als er sein Volk zum Guten aufrief. In der 1. Lesung heißt es: „Brich dem Hungrigen dein Brot, nimm obdachlose Arme ins Haus auf, wenn du einen Nackten siehst, bekleide ihn und entziehe dich nicht deiner Verwandtschaft.“ Nichts an Aktualität hat dieses uralte Prophetenwort verloren. Das zu tun, ist und bleibt der Auftrag der Kirche und der Christen!
Der Wunsch nach wachsamen Christen und lebendigen Gemeinden.
Schon bei Deiner ersten Ansprache als neuer Bischof von Eisenstadt hat Du Deinen Wunsch so formuliert: „Seid wachende Christen, wenn der Herr kommt. Seid aufgeweckte Christen, die die Zeichen der Zeit erkennen und die Not der Menschen wahrnehmen. Seid hellwach, seid sensibel, habt die Augen und Ohren und das Herz offen.“
Es war Dir bewusst, dass es für lebendige Gemeinden in unserer Diözese Seelsorger und Christen braucht – um es mit dem Evangelium zu sagen – die Salz der Erde und Licht der Welt sind. Christen sollen Salz sein! Sie sollen mithelfen, dass die Kirche und die Gesellschaft nicht verdirbt und verfault. Sie sollen ihre Talente und Fähigkeiten für das Gemeinwohl einbringen. Wie eine Prise Salz wirken Christen, die sich für das Evangelium und gegen Ungerechtigkeit, Gewalt und Ausbeutung von Gottes Schöpfung einsetzen. Wenn wir das nicht mehr tun, dann taugen wir nichts, dann sind wir geschmacklos, Christen nach Beliebigkeit. Christen sollen Licht sein! Eine große Berufung, die uns Jesus zumutet. Christen sind keine billigen Blender, wie die Gurus um die Ecke, aber auch keine Untergangspropheten, die dem Blackout verfallen sind. Christen sind Lichtträger, oder sie müssten es sein. Leuchtet das Licht des Glaubens wirklich, oder umgibt uns ein diffuser Lichtsmog? Entzünden wir dieses Licht, auch dann, wenn uns vieles ermüdet oder auch blendet? Oder fehlt es uns Christen doch an Strahlkraft? Licht müssten wir sein: in Familie und Beruf, in Kirche und Gesellschaft! Das hast Du, lieber Bischof Paul mit dem „Dialog für Burgenland“ gewollt, mit Deinem Wunsch nach wachsamen Christen und lebendigen Gemeinden.
Übrigens, Dein Freund Kardinal Van Thuan, der bei Deiner Bischofsweihe hier war, hat in seinem Exerzitienbuch zum Thema „Was der Geist den Gemeinden sagt“ geschrieben: „Im Buch der Offenbarung des Johannes zieht der auferstandene Christus eine Bilanz des Lebens der sieben Gemeinden in Kleinasien und spricht darüber zu ihren Hirten. Mit seiner Botschaft möchte er das Leben der Gemeinden läutern. Von den sieben Gemeinden tadelt der auferstandene Christus fünf wegen des Mangels an brennender Liebe, wegen des Kompromisses, wegen des Götzendienstes, wegen der Verschlafenheit und wegen der Lauheit. Nur zwei Gemeinden wird vom Herrn nichts vorgeworfen: Smyrna und Philadelphia. Die Gemeinde in Smyrna ist eine verfolgte und arme Gemeinde. Die Gemeinde in Philadelphia ist eine kleine, aber treue Gemeinde.“ Ist das nicht ein deutlicher Auftrag des Herrn an unsere christlichen Gemeinden?! Du warst als Bischof bemüht um lebendige Gemeinden. Die Jugend, die Frauen, die Gehörlosen, die Volksgruppen, vor allem der Roma, die Armen und die der Kirche Fernstehenden waren Dir ein besonderes Anliegen.
Mein symbolisches Geschenk zu Deinem Jubiläum ist daher in Zeiten vieler Krisen ein Salzstreuer und eine Multifunktions-Lampe, die auch bei einem Blackout Licht und Musik gibt. Beides soll Dich an Deinen Wunsch nach lebendigen Gemeinden erinnern und dass es dazu wachsame Christen braucht, die „Salz der Erde“ und „Licht der Welt“ sind. Das wünschen wir uns alle und wir arbeiten in unserer Diözese weiterhin mit ganzer Kraft daran!
Dein Wahlspruch als Bischof: „Omnia in caritate – Alles in Liebe.“
Noch immer klingt mir der Kanon, von den Schülern unseres Seminars in Mattersburg, „Omnia in caritate“, bei Deiner Bischofsweihe gesungen, im Ohr. Dieser Wahlspruch war Programm für Dein Wirken, zugleich aber eine Aufforderung und Ermutigung an alle Getauften und Gefirmten unserer Diözese. Diesen Worten Deines Namenspatrons wusstest Du Dich in allen Herausforderungen Deines Hirtendienstes verpflichtet. So entstand bald das Sprichwort: Ubi Iby, ibi caritas – Wo Iby ist, da ist die Liebe. Das kennzeichnet nicht nur Deine Person, sondern ist ein Auftrag an uns alle, besonders an die Seelsorger und Seelsorgerinnen und an die Hirten.
Lieber Bischof Paul! Herzlichen Glückwunsch von uns allen zu Deinem „Triduum episcopale“ – Geburtstag, Bischofsweihe und Namenstag! Ein großes DANKE und VERGELT´S GOTT für Deinen Hirtendienst für die Menschen unserer Diözese und unseres Landes! Mein Wunsch ist: Möge Deine Zugfahrt noch lange dauern und einmal am Ziel des Lebens im Himmel bei Christus, Deiner großen Liebe, ankommen!
Und noch etwas zum Schluss – 1993 bei Deiner Bischofsweihe tobte ein Krieg in Europa im ehemaligen Jugoslawien. Deshalb hast Du Dir den Erzbischof von Sarajevo bewusst als Mitkonsekrator erwählt und er ist trotz der Kriegswirren zu Deiner Bischofsweihe gekommen. Heute tobt wieder ein Krieg in Europa, in der Ukraine – bitten und beten wir inständig zu Gott, dass er diesem leidgeprüften Volk und Land Frieden, Freiheit und Versöhnung schenke!
Amen.
Ägidius J. Zsifkovics
Bischof von Eisenstadt