Pastoraltagung der Diözese Eisenstadt - Einleitungsvortrag
Einleitungsvortrag von Bischof Ägidius Zsifkovics zur Pastoraltagung der Diözese Eisenstadt, am 12. September 2023.
Liebe Mitbrüder,
Liebe Mitarbeiterinnen, liebe Mitarbeiter,
Genau vor einer Woche hat der amerikanische Außenminister Antony Blinken der Ukraine einen Besuch abgestattet, verbunden mit der Zusage einer großen finanziellen Unterstützung. Was allerdings für mich neu war, war das Lob des US-Außenministers an seinen Amtskollegen in der Ukraine für die Wiedereröffnung einer MC-Donalds Filiale in Kiew. Fast Food – ein Befreiungsschlag westlicher und amerikanischer Kultur?
Fast Food können wir als Kirche nicht bieten, auch dann nicht, wenn der Hunger der Begierden größer ist als der wirkliche. Den Hunger gibt es, heute auch den existentiellen, die Armut ist meist leise, sie schämt sich. Die Brotkörbe hängen für viele Menschen unerreichbar hoch, andere füllen sie mit ihren Sparbüchern und Veranlagungen. Wir leben in einer Zeit großer Diskrepanzen und Widersprüche, gravierender sozialer Ungerechtigkeiten, in einer aufgeriebenen, nervösen, taumelnden, orientierungslosen, egoistischen und individualisierten Welt. In einer solchen Welt ist das, was Glaube, Kirche und wirkliches Leben ausmacht, fragwürdig. Vieles, was bisher selbstverständlich war, ist ins Wanken geraten. Ich meine, wir sind oberflächlicher und belangloser geworden. Irgendwelche Spiritualitäten werden vom Bildschirm heruntergeladen, Yoga wird zum weltweiten Fitnessprogramm, esoterische Heilslehren überholen längst die Glaubenslehren, die Rede von Gott ist weitgehend verstummt – auch in unseren Kirchen! Religiöses ist beliebig austauschbar geworden mit positivem Denken.
„Fast Food“ mit „Drive In“, das funktioniert nicht, was uns, die Kirche betrifft – vielleicht ist das unser Elend, vielleicht auch unser Glück.
Karl Rahner, einer der großen Konzilstheologen – früher gab es noch große Theologen – hat einmal gesagt: „Die Kirche bietet uns keine Fertighäuser an, die man nur zusammenzusetzen und aufzustellen braucht, um auf rechte Weise in ihnen leben zu können. Wohl aber bietet sie uns die Kraft, dass wir – ohne Fertighäuser – als Wandernde den Weg zu Gott finden. Sie bietet uns die Kraft, diesen Weg zu suchen und immer wieder von Neuem zu versuchen, ohne uns vor der Zukunft zu fürchten oder durch die Vergangenheit mutlos machen zu lassen.“
Liebe Freunde, Fertighäuser bieten andere, die Weltverbesserer, die Gottesschwätzer, die Sektierer, die religiösen Marktschreier, all jene, die Gott „light“ anbieten, und ihm an jeder Straßenecke des Lebens schon immer begegnet sind. Gottesgeschwätz, Gottesverdrängung, das Verschweigen Gottes – das alles ist Gottesvergiftung.
„Was fehlt, wenn Gott fehlt?“ – hat der kürzlich verstorbene und umstrittene Literat Martin Walser selbstkritisch gefragt. Seine Klage über den abgesagten Gott macht nachdenklich, seine Antwort ist ehrlich und für viele Zeitgenossen fremd. Walser antwortet: „Wer sagt, es gäbe Gott nicht, und nicht dazusagen kann, dass Gott fehlt und wie er fehlt, der hat keine Ahnung. Einer Ahnung allergings bedarf es.“
Oder, wie der hier anwesende Theologe Jan Heiner Tück in diesem Zusammenhang anfragt, ob die Rede von Gott nicht auch eine Rede zu Gott und eine Rede mit Gott sein müsse.
Liebe Mitbrüder, liebe Mitarbeiterinnen, liebe Mitarbeiter! Wir bieten keine Fertighäuser an, und die Kirche ist auch keine Verwalterin der Himmelschlüssel, wir schreiben keine Rezepte, wie man mit frommen Sprüchen und mit moralischen Fingerzeigen die Menschen befriedigen, ihr Suchen und Fragen unterbinden kann. Aber wir müssen den Mut haben, auch, wenn es viel Kraft kostet und ein lebenslanges Ringen bedeutet, Gott ins Gespräch zu bringen. Auch der alte Jakob hat dies erlitten, allerdings er mußte in seine Zukunft hinken und Gott ist ihm letztlich ein Fremder geblieben. Wir mögen vieles tun, die Aktivitäten mögen uns einholen, der Ideenreichtum sprudeln, die Broschüren auf Umweltpapier sich häufen und die Nachrichten auf den Bildschirmen uns in ihren Bann ziehen, aber wenn wir den Mut nicht haben, Gott zur Sprache zu bringen, dann würden unsere Häuser leer bleiben und es ist nur mehr eine Frage der Zeit, bis das Unbewohnte, das Leblose ein Relikt der Vergangenheit und eine Reliquie sind.
Verkündigung braucht Mut, das betrifft uns alle, von der Schule bis zur Sterbe- und Hospizbegleitung, von der politischen Verantwortung bis zum tröstlichen und aufrichtenden Wort, bei der Arbeit mit jungen Menschen, den Kindern, den Alten, den Fremden, den Hinzugezogenen, den Eingesessenen, den Selbstzufriedenen, den Oberflächlichen, den Suchenden und Unruhestiftern.
Die Bibel des Alten und Neuen Bundes ist ein einziges großes Narrativ, ein Kunstwerk der Erzählung, sie erzählt die Geschichte Gottes mit den Menschen und die Geschichte des Menschen mit ihrem Gott. Warum sollen wir sie nicht weitererzählen, ähnlich wie es in der alten und jungen jüdischen Tradition geschieht? Der Religionsunterricht, das geistliche Gespräch, das Reden bei Pfarrgemeinderatssitzungen und bei anderen Gremien, an denen wir keinen Mangel haben, das Leben der Hauskirche, die gute Sonntagspredigt, das wissenschaftliche Geschäft der Theologie – sie alle gehören zum Areopag unserer Gottesrede. Die Hermeneutik des Lebens darf der Hermeneutik des Glaubens nicht fremd sein. Weder Glauben noch Leben sind Freizeitbeschäftigungen, beide durchbrechen den Horizont des Machbaren und Verfügbaren, sie sind sinnstiftend. Bitte verwandelt das Brot des Evangeliums nicht in Steine, um mit ihnen auf die Menschen zu werfen!
Liebe Freunde, wir brauchen uns vor der Zukunft nicht zu fürchten! Ich erinnere an das tröstende Wort von Papst Benedikt XVI.: „Wer glaubt, ist nie allein.“ Wir dürfen uns von der eigenen Vergangenheit nicht mutlos machen lassen, auch wenn wir als Kirche vieles zu verantworten und vieles getan haben, was wir besser nicht getan hätten. Kardinal Jean Claude Hollerich, Generalrelator der kommenden Weltsynode, unserer Diözese sehr verbunden und beim letzten Martinsfest unser Gast, hat dazu vor kurzem bei einem Treffen mit Medienbischöfen gefragt: „Wie konnten wir als Kirche in vielen moralischen Fragen eine solche Strenge entwickeln, die Menschen ausschließt, obwohl Christus so nie gehandelt hat?“ Und ich möchte ergänzen: „Wie konnten wir als Kirche so verantwortungslos, verletzend und so herzlos sein?“
In der neuen Broschüre über den Gewaltschutz als Handlungsauftrag in unserer Diözese, die an alle hauptamtlichen und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausgehändigt wird, heißt es: „Als Christen und Christinnen stehen wir in der Nachfolge Jesu Christi. Sein Wirken und Handeln an und mit den Menschen prägt auch unser Denken, Reden und Tun. Aus dieser christlichen Überzeugung heraus achten wir die Würde jedes Menschen und setzten uns dafür ein, Würde und Integrität jedes Menschen zu schützen. Als katholische Kirche bieten wir Vertrauensräume, die Beziehung schaffen und die Möglichkeit zur kritischen Reflexion bieten, damit sich neue Lebens- und Glaubenswege eröffnen können. Wir regen Kinder, Jugendliche und Erwachsene dazu an, ihre persönlichen Stärken zu entdecken und sie zum Wohl aller in der Gesellschaft einzusetzen. Wir fördern ein Klima, das offen ist für kritische Reflexion und in dem Bedenken und Zweifel geäußert werden dürfen. In seelsorglichen Gesprächen, in der pastoralen Arbeit und der Sakramentenvorbereitung ist es wichtig, Nähe zuzulassen. In einer gelebten Kultur und Achtsamkeit gehen wir respektvoll mit den unterschiedlichen Bedürfnissen nach Nähe und Distanz um und achten darauf, dass Grenzen wahrgenommen und geschützt werden.“ Ich möchte diesen Grundlagentext unterstreichen und Euch allen als gute Wegweisung mitgeben.
Die Feier der Sakramente: Taufe, Erstkommunion, Firmung, Ehe darf nicht etwas sein, was nur dem Eventkatholizismus und den Festplanern überlassen wird. Die Krankensalbung und Wegzehrung, die Beichte und das Bußsakrament, die sonntägliche Eucharistiefeier sind auch weiterhin die ganz besonderen Berührungspunkte mit dem barmherzigen und grenzenlos liebenden Gott in all unserer menschlichen Zerbrechlichkeit. Und das Weihesakrament ist dort missverstanden, wo es nur mehr um die Ämterfrage und die Funktion geht. Ich bin überzeugt, wir müssen die Sakramente wieder neu entdecken, sie sind und bleiben das Einbruchstor der Liebe Gottes in die Ungestümheit und Unberechenbarkeit, in die Sehnsucht unseres Lebens. Bitte nehmt die Sakramentenvorbereitung und die Feier der Sakramente sehr ernst. Das ist, um es salopp zu sagen, das eigentliche Geschäft der Priester.
Ein Pfarrer schrieb am Ende einer Pfarrgemeinderatsperiode einen Satz, den ich bei anderer Gelegenheit schon zitiert habe: „Von Programmen sprachen wir und Tagesordnungspunkten, von Aktionen sprachen wir und von Sofortmaßnahmen, von Modellen sprachen wir und neuen Perspektiven, von Problemen sprachen wir und Meinungsäußerungen, von Strukturen sprachen wir und Gemeindebildung. Von Jesus Christus sprachen wir nicht, und seine Meinung war nicht gefragt. So hing er still am Kreuz.“
Ich bin überzeugt, das betrifft auch die Theologie als Wissenschaft. Der Relevanzverlust der Theologie im öffentlichen Diskurs und die Entwicklung der Studierendenzahlen machen große Sorge. Gut ausgebildete Priester, gut ausgebildete Religionslehrerinnen und Religionslehrer, gut ausgebildete Diakone, Katechistinnen und Katechisten werden auch in Zukunft gebraucht. Ohne theologische Wachheit und ohne interdisziplinären Diskurs werden wir uns an die anstehenden aktuellen Probleme nicht heranwagen. Reduktionen und billige Vereinfachungen werden, so bin ich überzeugt, neue Problemfelder schaffen. Bitte achtet auf die Sprache, lernt die Sprache der Menschen und manchem möchte ich sagen: Mach bitte einen Sprachkurs!
Der Schweizer Theologe Kurt Koch, Kardinal und „Ökumeneminister“, in unserer Diözese kein Fremder, spricht von drei entscheidenden Themen. Ich zitiere: „Die spezifisch religiöse Kompetenz der Kirchen, die sie heute zur Geltung zu bringen haben, liegt genauerhin in den drei Themen von Gotteserkenntnis, Gerechtigkeit und Barmherzigkeit. Dies sind die drei entscheidenden Themen, mit denen die Kirche auf die Herausforderungen der heutigen Gesellschaft antworten muss. Denn in diesen drei Themen liegen die elementaren Lebenskräfte einer zukunftsfähigen Gesellschaft verborgen. Für den christlichen Glauben muss es sich dabei aber wiederum von selbst verstehen, dass bei dieser Trias der Gotteserkenntnis der eindeutige Primat zukommt. Denn nur, wenn die Kirche die Kostbarkeit jener Wahrheit im Blick hat, die ihr anvertraut ist, kann sie sich gelassen und entschieden zugleich den gesellschaftlichen Herausforderungen von heute stellen.“
Daraus leite ich einige Anmerkungen für die „to do – Liste“ unserer Diözese ab:
Im Oktober beginnt der erste Durchlauf der Weltsynode. Die Einladung des Papstes für eine synodale Kirche wird auch für unsere Diözese, wie auch für die anderen Diözesen, nicht ohne Folgen bleiben.
Dabei kann es nicht um Polarisierungen gehen, wie in deutscher Gründlichkeit vorexerziert, sondern um einen Prozess des Hörens und Nachdenkens, der Begegnung im Glauben, der Verbundenheit mit dem Herrn, der Geschwisterlichkeit zwischen den Menschen und der Liebe zur Kirche.
Jan Heiner Tück beklagt den ekklesiologischen Narzissmus und die Sorge der Kirche um ihre eigene Machtsicherung. Auch die Kirchen, so sagt er, hätten Christus den Gekreuzigten weitgehend vergessen. Ich zitiere Tück: „Er ist auch in vielen Reformdiskursen der große Abwesende.“
Synodale Kirche heißt:
- Sie ist eine Kirche des Zuhörens
- Sie ist demütig und weiß, dass sie um Vergebung bitten und viel dazulernen muss
- Sie ist eine Kirche der Begegnung und des Dialogs
- Sie hat keine Angst vor der Vielfalt, sondern bringt diese zur Geltung, ohne sie zur Gleichförmigkeit zu zwingen
- Eine synodale Kirche ist offen, einladend und nimmt alle auf
- Sie ist ehrlich und angstfrei
- Sie ist fähig mit Spannungen umzugehen, ohne von ihnen erdrückt zu werden
- Sie bringt uns mit der gesunden Unruhe des Unvollständigen in Berührung
- Sie lebt von der Quelle des Mysteriums, das sie in der Liturgie feiert.
Übrigens, der Protagonist der Synode und unserer Kirche ist schlicht und einfach der Heilige Geist!
Und so komme ich zum Schluss meiner Anmerkungen auf unserer Pastoraltagung mit der anspruchsvollen Wegweisung:
„Dem Evangelium ein Gesicht geben“.
- Gehen wir gemeinsam den synodalen und pastoralen Weg, zu dem wir uns als Diözese verpflichtet haben.
- Die Errichtung der Seelsorgeräume als größere pastorale Räume soll 2025 umgesetzt sein. Die bischöflichen Visitationen in den Dekanaten Deutschkreutz und Güssing werden sich nicht so sehr nach den einzelnen Pfarren und Filialgemeinden richten, sondern vor allem nach den Seelsorgeräumen. Ich bitte, dies in den Vorbereitungsarbeiten für die Visitation zu berücksichtigen und miteinzuplanen.
- 2024 feiern wir 100 Jahre Landespatron „heiliger Martin“. Als Diözesanpatron ist er viel jünger, doch hat er auch hier das Rennen gegen den heiligen König Stephan von Ungarn gewonnen. Die Verantwortlichen des Landes, der politischen Gemeinden, der Gesellschaft und der politischen Parteien werden gemeinsam mit unserer Diözese nach Tours pilgern. Das ist ein willkommener Anlass, uns als Kirche der Herausforderung zu stellen, dass Kirche nie sich selbst genügen darf, sondern immer eine Kirche für die Menschen sein muss, wie wir es zum 60-Jahr-Jubiläum unserer Diözese zum Ziel gesetzt haben. Übrigens: Papst Johannes XXIII., der Errichter unserer Diözese, ist vor 60 Jahren am Pfingstmontag gestorben.
- Wir werden eine neue Pfarrkirche in Bruckneudorf bauen, die Planungen sind ziemlich abgeschlossen und von der Pfarre gutgeheißen. Das bedeutet nicht nur eine architektonische und finanzielle Herausforderung oder einen zusätzlichen Kirchenbau. Wir werden das ehemalige Franziskanerkloster und die Kirche St. Michael so revitalisieren, dass diese alte und geschichtlich bedeutsame Substanz in Eisenstadt zu einem vitalen Zentrum der Kroatischen Mission werden kann. Auch die ungarische Gemeinde und die angestammte deutschsprachige Gemeinde werden weiterhin in diesem Zentrum beheimatet sein, ein „Europakloster“ im kleinen. Ich bitte Euch auch aufrichtig und mit Nachdruck, auf unsere Kirchen so zu schauen, dass sie einladende, heilige Orte, Orte der Gegenwart Gottes sein können. Kitsch, Verdreckung, Billigkeit und Banalität haben in diesen Räumen nichts zu suchen. Das betrifft auch die sakralen und liturgischen Geräte und Gewänder.
Die Kirchen sind nicht das Steckenpferd der spezifischen Frömmigkeit einzelner Priester, oder gut meinender Gläubiger. Die Altäre sind keine Abstell- und Ablageplätze für Blumen, technisches Gerät und Verlautbarungszettel. Einladende Räume schauen anders aus! Heilig, schlicht und schön sind keine Widersprüche. Wenn unsere Kirchen die Mitte eines Ortes sein wollen, dann müssen sie offen sein, wie Kardinal Schönborn kürzlich bei den kommunalen Sommergesprächen an die Bürgermeister appelliert hat: „Die Kirchen sind Nahversorgung für die Seele, die Menschen müssen seelisch auftanken können.“
Ich bitte Euch und ich hoffe, mein Appell wird gehört. Die Kirchen offen und einladend zu halten, müsste schon längst Allgemeingut sein. Es gibt weniger Kirchendiebe, als wir vermuten, aber es müsste mehr Menschen geben, die unsere Kirchen als Lieblingsort entdecken. - In den Herbstferien fahren wir auf Pilgerreise nach Südtirol. Im kommenden Jahr zum heiligen Martin nach Tours und im Heiligen Jahr 2025 werden wir die Apostelgräber in Rom besuchen. Auch in unserer Diözese gibt es viele besondere Orte, die zum Aufbrechen und zur Wallfahrt einladen. Ich bitte Euch, diese durchbetenden Orte anzunehmen. Auch Dürnbach ist einer von diesen, dort wird bis zur nächsten Kroatenwallfahrt die kroatische Wandermadonna aus Mariazell beheimatet. „Pilger sind Wandernde, die den Weg zu Gott finden“, sagt Karl Rahner.
- Belebt die Gemeinschaft der Kirche! Eine Kirche ohne Communio ist ein Widerspruch. Zu dieser Gemeinschaft gehören alle Generationen, auch die Zugezogenen, die noch Fremden und die Kirchenfernen – sie braucht unsere Kirche ganz besonders. Bitte seid einfallsreich, einladend, aber nicht aufdringlich. Seid bitte authentisch und heutig, modern und postmodern sind wir schon lange nicht mehr und die Flucht in das Gestern würde das Morgen verstellen.
- Haltet die Pfarrhäuser offen! Gastfreundschaft ist seit Anfang ein Erkennungszeichen der Christen. Die Erreichbarkeit und Ansprechbarkeit des Pfarrers, der Hauptamtlichen in unserer Diözese, all derer, die von den Kirchenbeiträgen finanziert werden, muss eine Selbstverständlichkeit sein. Bitte zeigt den Ehrenamtlichen Euren Dank und Eure Anerkennung, sie arbeiten um Gottes Lohn.
- Der von Papst Franziskus angeprangerte Klerikalismus scheint nicht nur eine Krankheit mancher Kleriker, sondern auch ein Missgriff vieler Laien zu sein. Das allgemeine Priestertum aller Getauften meint etwas ganz anderes, als die Frage, in welcher liturgischen Kleidung ich mich in Szene setzen kann. Der alltägliche Arbeitsplatz, das Alten- und Pflegeheim, die Kindergärten, die schulischen Einrichtungen, das Geschäft, der Schreibtisch, das Zuhause in der Familie sind heilige Orte, Orte der Begegnung mit Gott und Umschlagplätze Gottes.
- Bitte belebt die Hauskirche. Diese ist nie exklusiv oder extravagant. Hauskirche könnte schon ein Tischgebet oder ein Kreuzzeichen auf die Stirn sein, muss die Feier des Sonntags als Schöpfungstag und Tag der Auferstehung sein, die Anleitung zum Beten, das Reden über Gott und der Mut, junge Leute auf geistliche Berufe anzureden, nicht nur, weil das mangelnde Interesse an diesen Berufen groß ist, sondern auch, weil Kirche und Gesellschaft ohne sie verarmen würden. Bitte redet darüber mit unseren jungen Menschen und lasst sie mit Euch leben.
- Wie die 10 Gebote, ohne ein Dekalog zu sein. Ich sage Euch Dank, Dank für Euren Einsatz, für Euren Mut, für Euren Glauben, für Eure Gottsuche, für Euer Fragen, für Eure Ehrlichkeit, für Euer Nachdenken, für Euer Ungenügen und für Eure Intelligenz – für alles, wo Ihr über Euch selbst hinauswachsen dürft.
Ägidius J. Zsifkovics
Bischof von Eisenstadt