Elisabethfest im Dom zu Košice
Liebe Mitbrüder im bischöflichen, priesterlichen, diakonalen Dienst!
Liebe Ordensleute und Seminaristen!
Liebe Mitfeiernde über das Radio!
Zur Feier des Festes der hl. Elisabeth versammelte Schwestern und Brüder im Herrn!
Es ist mir eine große Freude und Ehre, hier in dieser prachtvollen gotischen Kathedrale von Košice – der größten Kirche der Slowakei – mit Ihnen das Fest der hl. Elisabeth, in dem ihr geweihten Dom als Hauptzelebrant und Prediger feiern zu dürfen. Ich danke nochmals dem Herrn Erzbischof und dem Herrn Dompfarrer für die Einladung und das mir erwiesene Vertrauen! Ich bemühe mich, diesen Festgottesdienst und die Predigt in Ihrer so schönen slowakischen Sprache zu halten – bitte aber Sie alle um Verständnis, wenn ich als Österreicher Ihre so schöne Sprache nicht gut ausspreche und Fehler machen werde. Ich habe Slowakisch nie gelernt. Nehmen Sie einfach meinen guten Willen an! Ich verspreche Ihnen schon aus diesem Grund eine kurze Predigt.
Jeder Besucher und Beter, der diese altehrwürdige Kathedrale betritt, ist überwältigt von diesem gotischen Bau und wird vom Hauptaltar angezogen. Dieser besteht aus 48 Tafelgemälden, die Szenen aus dem Leben und Sterben Elisabeths zeigen. An ihrem Festtag schauen wir heute bewusst in dieser ihr geweihten Kathedrale auf ihr Leben und Sterben und fragen: Was ist und bleibt die Botschaft der hl. Elisabeth für uns Menschen und Christen von heute? Mit Hilfe von drei Worten, die alle mit „S“ beginnen, versuche ich auf diese Frage eine Antwort zu geben.
Das erste Wort heißt: Spiritualität.
Was war Elisabeths Spiritualität? Sie hatte keine theologischen Studien. Sie wurde einfach im christlichen Geist in Ungarn und später in Thüringen erzogen und sie hat aus diesem Geist ihr Familienleben, ihr Leben in der Gesellschaft an der Seite ihres Mannes glaubwürdig gelebt. Dafür wurde sie oft belächelt und als verrückt angesehen. Gebet, Meditation, Gottesdienst, die Feier der Sakramente, Askese, die Sorge um die Armen prägten ihr Leben als Frau, Christin, Heilige. Elisabeth machte ihr „Ich“ klein und wurde dadurch groß für Gott und die Menschen.
Haben wir modere Menschen und Christen das nicht aufgegeben und uns, wie wir oft meinen, wichtigeren Dingen des Lebens zugewandt? Sollten nicht auch wir wieder zu den alten und bewährten Quellen des christlichen Glaubens zurückfinden, aus denen auch Elisabeth für ihr Leben Kraft und Orientierung schöpfte? Muss nicht hier jede Erneuerung im Glauben, die Reform der Kirche und ihr Neuaufbruch beginnen?
Gerade wir Christen auf der anderen Seite des ehemaligen „Eisernen Vorhanges“ haben mit großer Bewunderung auf Euer Glaubenszeugnis während der kommunistischen Diktatur hier im Osten Europas geschaut – Danke Euch und Euren Vorfahren für dieses treu gelebte Glaubenszeugnis in Zeiten der Unterdrückung und Verfolgung! Dieses Zeugnis braucht es auch jetzt im sogenannten „freien und geeinten Europa“, gerade hier in der Slowakei. Nur zügellose Freiheit und Konsum erfüllen nicht. Ohne das Glaubensleben in den Familien und Pfarrgemeinden, ohne echte Spiritualität gibt es kein Christsein. Die Spiritualität der hl. Elisabeth soll auch heute die Christen von Košice, der Slowakei und Europa auszeichnen! Ihr habt der Welt in der Vergangenheit viel gegeben, tut es auch heute!
Das zweite Wort heißt: Synodalität.
Dieses aus dem Altgriechischen kommende Wort bedeutet so viel wie: Den Weg miteinander gehen. Auch dazu muss man sich klein machen, um auch anderen und vor allem dem Hl. Geist, ohne den es keine Synodalität gibt, Raum zu lassen. Es ist das, was Gott sich von der Kirche des dritten Jahrtausends erwartet, sagte Papst Franziskus. „Die Kirche ist kein Parlament, sondern eine Weggemeinschaft, in der sich die Einheit mit Gott und die Einigkeit unter den Menschen verwirklicht.“ Auf diesem gemeinsamen Weg ist jeder und jede Getaufte berufen, mit seinen Charismen-Talenten an der Sendung der Kirche mitzuwirken, um Christus zu den Menschen zu bringen. Das holt uns aus der bequemen Rolle des Besserwissens, Kritisierens und Forderns heraus und nimmt uns als Getaufte in die Verantwortung für unsere Kirche, für die Diözesen, die Pfarrgemeinden, auch für die Gesellschaft. Es braucht die Bereitschaft aller – Bischof, Klerus, Volk Gottes – zur Zusammenarbeit, zum Zuhören und Lernen, zum Unterscheiden, vor allem bei notwendigen Veränderungen, Erneuerungen und Reformen.
Gerade die hl. Elisabeth zeigt uns in ihrem Dienst als Frau und Christin, was es heißt, in Kirche und Gesellschaft die Synodalität zu leben. Braucht es nicht Synodalität in unserer Kirche, aber auch in der Politik und Gesellschaft auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene? Die Bischofssynode in Rom ist ein Beispiel, wie Synodalität geht und dass dieses gemeinsame Gehen möglich und notwendig ist. Daher meine Bitte als Hirte an Sie alle: Übernehmen Sie als Getaufte eine konkrete Aufgabe in Ihrer Diözese und Pfarrgemeinde, bringen Sie im Miteinander mit anderen Ihr Talent in die konkrete kirchliche Gemeinschaft ein – das ist gelebte Synodalität. Allen, die es bereits tun, danke ich von Herzen für Ihren Beitrag und Ihr Glaubenszeugnis! Keine Gemeinschaft kann nur vom Jammern und Kritisieren leben. Gelebte Synodalität wie Elisabeth sie lebte, soll die Christen von Košice, der Slowakei und Europa auch und gerade heute auszeichnen.
Das dritte Wort heißt: Solidarität.
Die hl. Elisabeth zeigt uns einfach, aber eindrucksvoll, was christliche Solidarität ist und heißt. Die barmherzige Tat Elisabeths galt den vielen Armen und Kranken ihrer Zeit, letztlich aber Christus selber. Elisabeth wird so zur Mittlerin und zum Wasserrohr, durch das die Gabe Christi die Armen erreicht. Dieses Bild beschreibt einen klaren Auftrag für jeden einzelnen Christen, aber auch für unsere Kirche: Wir sollen Christus, der sich klein machte, nachahmen in seinem Dienst für die Menschen. Elisabeth ist dafür ein gutes Vorbild. Wir müssen keine großen Taten vollbringen, es geht darum, heute Mittler und Wasserrohr Jesu zu sein. Zeigt uns unsere Zeit nicht viele neue Arten der Armut, die wir als Kirche und Christen erkennen sollten?
Am Fest der hl. Elisabeth und am heutigen Welttag der Armen lautet daher meine Bitte an uns alle: Setzen wir in unserer Umgebung konkrete Taten wie Elisabeth, scheuen und schämen wir uns nicht, damit christliche Nächstenliebe und Solidarität hier bei Euch in Košice, in der Slowakei, in Europa und in der ganzen Welt weiterleben – Ihr seid als Dompfarre und Diözese der hl. Elisabeth mehr als andere zur Nächstenliebe und Solidarität mit den Armen unserer Zeit verpflichtet!
Die 3 Worte mit „S“ – Spiritualität, Synodalität, Solidarität – sollen die geistliche Konfektionsgröße von uns Christen auf dem Weg in die Zukunft sein und werden. Elisabeth zeigt uns diesen Weg. Sie ist mit uns auf dem Weg, Sie erinnert uns, dass wir als Einzelne, Diözesen, Pfarrgemeinden, christliche Gemeinschaften, als Kirche und Gesellschaft die Spiritualität, Synodalität, Solidarität im Alltag nicht vergessen dürfen.
Gott segne Euch und die hl. Elisabeth beschütze Euer schönes und geliebtes Košice, die Erzdiözese, die Menschen der Slowakei und sie erbitte Euren Nachbarn in der Ukraine, den Menschen im Hl. Land und in allen Kriegsgebieten dieser Welt den ersehnten Frieden, sowie den Armen Hilfe und Helfer in ihren Nöten!
Amen.
Ägidius J. Zsifkovics
Bischof von Eisenstadt