Homilie zur Eröffnungsmesse beim Generalkapitel 2023
11. Juli 2023, um 9 Uhr, im Theresianum Eisenstadt
Liebe Mutter Generaloberin mit der Generalleitung,
Versammeltes Generalkapitel mit den Provinzoberinnen und Delegierten,
Liebe Erlöserschwestern aus der Slowakei, aus Ungarn, aus der amerikanischen Region und aus Österreich!
Was wäre unsere Kirche ohne unsere „Erlöserschwestern“?
Die Geschichte unserer Diözese ist eng mit dem Tun und dem Zeugnis der Schwestern vom Göttlichen Erlöser verbunden. Generationen von Menschen, Junge und Alte wurden von den Schwestern begleitet und geprägt.
Kindergärten, Schulen, Altenheime, das Haus St. Martin, das Theresianum, die Klöster in Steinberg und in Rechnitz, das Krankenhaus, die Pfarren tragen Eure Spuren. Dazu kommt der Einsatz für die Menschen in vielen Lebensbereichen. Mein persönlicher Bezug zu den Erlöserschwestern zieht sich durch mein Leben: vom Knabenseminar in Mattersburg bis zum Priesterseminar in Wien. Als Sekretär von Bischof László konnte ich mit den Schwestern im Bischofshof leben. Mein Studium in Rom von 1988 – 1992 ermöglichte mir eine enge Verbindung zum Generalat unter den General-oberinnen, angefangen von Sr. Floriella Lang bis zu Sr. Johanna Vogl. Im Provinzhaus Eisenstadt konnte ich die Gottesdienste übernehmen, nachdem Paul Iby Diözesanbischof wurde und bei der Seligsprechung von Mutter Alfonsa Maria in Straßburg durfte ich diesen Tag in der großen Gemeinschaft der Schwestern feiern.
Was bedeutet der Blick auf das Kreuz und den Gekreuzigten? Was macht erlöstes Christsein aus – für die Erlöserschwestern und für alle Christen?
Das Thema Eures Generalkapitels heißt: „Mit Zuversicht als erlöste Menschen leben und zur Entwicklung von Kirche und Welt heute beitragen.“
Das überdimensionale Kreuz in der Kapelle unseres Provinzhauses im Zentrum des Altarraumes und das kleinere Kreuz in der ehemaligen Kapelle im Generalat in Rom sind die Conclusio Eures Lebens. Christliche Existenz ist erlöstes Leben! Alles im Leben, alles, was wir sind und tun, ist ein Geschenk der Erlösung. Mit seinem geneigten Haupt nimmt der gekreuzigte Christus uns in seinen Blick, mit den ausgebreiteten Händen umarmt er uns und zieht uns an sich. Sein durchbohrtes Herz ist offen für alle. Der barmherzige und erlösende Gott verschwendet sich für uns Menschen, er gibt uns niemals auf. Das zu leben, ist Euer Grundauftrag, Euer Apostolat.
Gerade deshalb ist Eure Gründerin, die selige Elisabeth Eppinger, die Mystikerin von Niederbronn, zu einer Prophetin der Zukunft geworden. Ihr Leben war geprägt von Leid, Krankheit und harten Lebensbedingungen. Das „Klösterle“ von Schwester Alfonsa Maria war ein Instrument der Barmherzigkeit Gottes. Die Aufmerksamkeit für die Armen, das Mitleben mit den Bedrückten, die Liebe zu den Menschen, wurde zu ihrem unverwechselbaren Kennzeichen und ist für Euch, liebe Schwestern, ein großes Erbe.
Welchen Auftrag habt Ihr, die Erlöserschwestern in Kirche und Gesellschaft heute?
Das II. Vatikanische Konzil und die nachkonziliare Zeit haben für die Orden, besonders für die Schwesterngemeinschaften eine grundlegende Neuausrichtung gebracht.
Es lohnt sich und es ist gut, Euer besonderes Charisma zu erkennen, zu leben und dieses in das Leben der Kirche einzubringen. Ihr, liebe Schwestern, habt eine große Aufgabe, die weit über das aktive Tun hinausgeht. Als Erlöste sollt Ihr Eure Berufung leben und die Frohe Botschaft den Menschen weitergeben. Ordensleben ist kein Produkt, keine gesicherte Lebensentscheidung, sondern ein Lebensentwurf in der Nachfolge Jesu. Ordensleben geht nie in Pension – das bewundere ich besonders an Euren älteren Mitschwestern.
Das Leben in der Ordensgemeinschaft, mit allen Herausforderungen, oft auch mit dem Zermürbenden, muss exemplarisch für die Echtheit in der Nachfolge Jesu sein. Jede Ordensgemeinschaft, mag sie klein oder groß sein, ist Kirche im Kleinen. Ordenshäuser, Klöster sind offene Häuser, keine geschlossenen Burgen hinter dicken Klostermauern, sondern Orte, an denen man Gott begegnen und Freude wachsen kann. Papst Franziskus an die Ordensleute: Es ist notwendig, „hinauszugehen und neue Gegenwarten zu suchen, um dem Evangelium und der Liebe Gottes treu zu sein.“ Ohne Ordensgemeinschaften verkümmert die Kirche und die Gesellschaft.
Ordensleben bedeutet offen und hellhörig zu sein, die Zeichen der Zeit zu erkennen und verlangt Euren ganzen Einsatz in Kirche, in unseren Diözesen und in der Zivilgesellschaft.
Die zunehmende Selbstverliebtheit, der Drang nach Selbstverwirklichung, der grassierende Individualismus, haben in unseren Ordensgemeinschaften keinen Platz. Die Mitte jeder Gemeinschaft muss Er sein, der ruft und beruft.
Liebe Schwestern aus Ungarn, aus der Slowakei, aus der amerikanischen Region und aus Österreich: „Ich will Euch eine Zukunft und Hoffnung geben!“ Dieses Bibelwort aus dem Prophetenbuch, das Motto Eures Generalkapitels, ist eine große Verheißung.
Ein Generalkapitel muss sich auch mit der Zukunft der Kongregation beschäftigen. Hoffnungslosigkeit und Resignation wären falsche Zugänge. Wie können wir Freude an der Berufung wecken? Was wird aus unseren Ordenshäusern, Ordenseinrichtungen und Schulen, ohne uns zu Immobilienmaklern degradieren zu lassen? Wie könnt Ihr Euer Charisma leben? Die Aufgaben in der Slowakei, in Ungarn, in Österreich, in der amerikanischen Region sind verschieden, aber ohne ein grenzüberschreitendes Miteinander – auch über die Kongregation hinaus – können wir Zukunft nicht gestalten.
Viele Fragen stehen im Raum, nur einige habe ich genannt, Antworten sollen von Euch gewagt werden!
„Ich will Euch eine Zukunft und Hoffnung geben“ – dieses Gotteswort wird nur dann wirklich, wenn wir Zukunft wollen.
Liebe Mitschwestern, ich danke Euch allen, Ihnen, die Sie hier sind, den Mitschwestern in Euren Gemeinschaften und besonders den verstorbenen Mitschwestern, die uns viel Gutes getan haben.
Ich danke Euch für Euer Zeugnis für Christus, den Erlöser und für Eure verschwenderische Hingabe an die Menschen, ganz besonders für Euer Gebet.
Ich bitte um Eure Offenheit, Zuversicht und Gelassenheit, um Euren Mut, Wege aufzuzeigen, die bis jetzt noch nicht begangen wurden.
Liebe Mutter Generaloberin, liebe Mitschwestern, ich wünsche Euch für dieses Generalkapitel und für Euren Weg in die Zukunft viel Segen!
Gottes Geist begleite Euer Nachdenken, er präge das Leben der Schwestern in der Kongregation, in den Provinzen und in Euren Gemeinschaften. Lasst Euch vom Geist leiten! Selige Mutter Alfonsa, bitte für uns!
Amen.
Ägidius J. Zsifkovics
Bischof von Eisenstadt