Homilie zur Neujahrsmesse 2019
Am ersten Tag des neuen Jahres lenkt die Kirche unseren Blick noch einmal auf das Weihnachtsgeschehen. Der Evangelist Lukas berichtet uns wie die Hirten nach Betlehem eilten und Maria und Josef und das Kind in der Krippe fanden. Auch ich möchte in dieser Predigt mit Euch gemeinsam noch einmal den Blick in den Stall von Betlehem werfen. Krippendarstellungen zeigen uns neben dem Kind in der Krippe, Maria und Josef, die Hirten mit ihren Schafen, die Heiligen 3 Könige und oft eher unscheinbar im Hintergrund auch noch 2 Tiere neben der Krippe: Ochs und Esel.
Wieso stehen gerade Ochs und Esel an der Krippe? Hätten wir dort nicht eher den König der Tiere, den Löwen, vermutet, wenn der König der Welt geboren wird? Oder den Pfau mit seinem wundervollen Gefieder, um den kargen Stall etwas freundlicher zu gestalten. Aber es sind gerade Ochs und Esel. Beide stehen schon in der Bibel.
Der Prophet Jesaja hat einmal gesagt: Der Ochs kennt seinen Besitzer und der Esel die Krippe seines Herrn, aber das Volk Israel hat seinen Herrn und Gott vergessen, der die Menschen so reich beschenkt hat.Das erinnert uns an das Weihnachtsevangelium, wo es ja auch heißt: "Jesus kam in sein Eigentum. Aber die Seinen nahmen ihn nicht auf." Aber im Stall – bei Ochs und Esel – da wird er angenommen! Die angeblich unvernünftigen Tiere zeigen also mehr Antenne für den Gottessohn als die Menschen! Der Ochswar vor dem Zeitalter der Traktoren jahrtausendelang das Zugtier der Menschen. Ermuss immer wieder für die Menschen den Karren aus dem Schlamm ziehen.
Der Esel durfte für das neugeborene Jesukind rasch zur großen Hilfe werden, weil er Maria und das Kind auf der Flucht nach Ägypten getragen hat und Josef mit ihnen schnell fliehen konnte. Eselist ein anspruchsloses, einfaches und nicht wählerisches Tier. Erist ein Tier, dass Lasten zu tragen gewohnt ist, oft geprügelt wird. Erdurfte eine ehrenvolle Last tragen: Jesus beim Einzug in Jerusalem. Erist ein Tier für friedliche Zeiten, für Kriege braucht es schnelle, stolze Pferde. Erist das Reittier der armen und kleinen Leute. Sind das nicht alles Hinweise auf Eigenschaften des göttlichen Kindes?
Ochs und Eselsind dem Kind in der Krippe sehr ähnlich geworden – deshalb stehen sie wohl auch an der Krippe neben dem Jesukind. Ochs und Esel sollen uns an drei Dinge erinnern:
Als Ochs und Esel zum ersten Mal an die Krippe gestellt wurden, sollten sie wohl die Betrachter fragen: Welchen Platz nimmt Gott denn in deinem Leben ein? Kennst du ihn überhaupt noch? Ochs und Esel sind einfache, geduldige und friedliche Tiere. Sie erinnern uns, wie anspruchslos auch das göttliche Kind war und dass auch uns Menschen-Christen diese Eigenschaften auszeichnen sollen. Ochs und Esel erinnern als Lasttiere an Jesus, der in die Welt kam, um unsere Lasten mitzutragen, der den Karren der Menschheit durch seinen Tod und seine Auferstehung aus dem Dreck gezogen hat.
Heutewerden mehr denn je Menschen-Christen gesucht, die wie Ochs und Esel Zug-Last-Friedenstiere sind, die sich das Joch der Verantwortung auflegen lassen und Aufgaben übernehmen, um den Karren der Kirche und Gesellschaft in dieser Welt voranzubringen.
Ochs und Eselsind keine Randfiguren an der Krippe. Sie zeigen uns, wo es langgeht. Und wenn schon die beiden unscheinbaren Tiere an der Krippe die Richtung anzeigen, dann brauchen wir vor den großen Tieren dieser Welt keine Angst zu haben.
Schauen wir auch im Neuen Jahr auf das Kind in der Krippe und übersehen wir dabei Ochs und Esel mit ihren Eigenschaften nicht! Versuchen wiruns ihre positiven Eigenschaften anzueignen! Und wenn wir im Alltag manchmal etwas abfällig zum Mitmenschen "Du Ochs oder Du Esel" sagen, dann erinnern wir uns an ihre guten Eigenschaften, die unsere Kirche und Gesellschaft, letztlich unsere ganze Welt so dringend brauchen. Und wenn vielleicht zu uns jemand "Du Ochs oder Du Esel" sagt, dann sehen wir es nicht als Beleidigung, sondern vielmehr als Ehre an.
Schämen wiruns nicht 2019 möglichst oft Ochs und Esel zu sein! Denn, wenn wir Ochs und Esel sind, dannsind wir ganz nahe beim Kind an der Krippe, dannstehen wir in der Nachfolge Jesu, danngehen wir sicher in seiner Spur. In diesem Sinne: Prosit Neujahr! Amen.