Christtag 2019 im Martinsdom zu Eisenstadt
Stellen Sie sich vor, was sich bei einem Christbaumverkäufer in einer österreichischen Landeshauptstadt in diesen Tagen zugetragen hat. Das Pastoralamt einer Diözese in Österreich hat zum Advent und zu den Weihnachtsfeiertagen eine Broschüre herausgegeben, um den Menschen von heute eine Hilfe in der Vorbereitung auf Weihnachten und den Heiligen Abend in die Hand zu geben. Damit diese Broschüre an möglichst viele Menschen kommt, hatte man die Idee sie auch den Christbaumverkäufern zu geben, die sie kostenlos an die Christbaumkäufer weitergeben sollen. Als man einen Christbaumverkäufer darum bat, sagte dieser erpost und verärgert: Das ist unerhört, wo sich die Kirche überall einmischt, sogar in das Weihnachtsgeschäft. Was hat die Kirche denn mit Weihnachten zu tun? Der Christbaumverkäufer lehnte die Weitergabe der Broschüre ab.
Was hat die Kirche denn mit Weihnachten zu tun? Eine Frage, die für uns, die wir gestern um Mitternacht, heute und in diesen Tagen das Geburtsfest Jesu Christi hier in unserer Domkirche feiern etwas komisch, banal klingt und die wir oft als lächerlich abtun. Aber gibt es in unserer Gesellschaft – auch unter uns Christen – nicht immer mehr Menschen, die nicht mehr oder noch nicht wissen, was Weihnachten bedeutet und dass Weihnachten doch mit unserem Glauben und der Kirche zu tun hat? Ist es nicht traurig, dass unser Weihnachtsfest weithin nur zu einem Geschäftsevent und zu einer Geburtstagsparty verkommen ist, bei der man aber gar nicht mehr so recht weiß, wer das Geburtstagskind ist und warum wir feiern?
Was hat die Kirche denn mit Weihnachten zu tun? Damit wir das nicht vergessen, hat Papst Franziskus uns an den alten und sinnvollen Brauch des Krippenaufstellens in der Weihnachtszeit erinnert. Die Krippe ist "das lebendige Evangelium" und fasst am besten und am kürzesten die Botschaft von Weihnachten zusammen. Die Krippe erinnert uns Menschen-Christen an 3 Dinge:
Gott zeigt uns im Kind von Bethlehem sein Gesicht. Wir haben einen, der nicht fern von uns im Himmel thront, sondern der in einem Stall im Kind von Bethlehem einer von uns wird. Gott beugt sich so tief zu uns Menschen herab und er zeigt uns in Jesus sein Gesicht. Er schaut uns von ganz unten an und er will, dass auch wir heute sein Gesicht in dieser Welt sind. In und durch uns sollen Menschen heute Gott sehen, ihm begegnen und ihn erkennen. Von uns soll es nicht heißen wie im heutigen Evangelium: "Er kam in sein Eigentum, aber die Seinen nahmen ihn nicht auf." Von uns soll es vielmehr heißen: "Die Seinen nahmen ihn auf." Es ist tröstlich einen zu haben, der unsere Sorgen und Nöte, unser Gelingen und Versagen kennt und der uns gerade in den schwierigen Situationen des Lebens nicht allein lässt, sondern der uns ganz nahe ist.
Gott liebt die Stille und die Einfachheit. Das ist eine klare Ansage und Einladung zugleich für uns Menschen auch den Wert der Stille zu erkennen – die Stimme Gottes lässt sich nur in der Stille vernehmen, im Hinhören auf sein Wort, dass er in der Hl. Schrift zu uns spricht und in der Beschäftigung mit diesem Wort. Wie schwer fällt es uns modernen Menschen einander zuzuhören und sich füreinander Zeit zu nehmen. Noch schwerer ist es mit Gott. Ehrlich gefragt: Wie oft haben wir im Advent uns Zeit für Gott und sein Wort, das Gebet oder auch für unsere Mitmenschen genommen? Die Geburt Jesu im Stall von Bethlehem zeigt auch, dass Gott die Einfachheit, die Armut, das Kleine, Schwache und Unscheinbare liebt. Das ist eine Aufforderung an uns Christen, dass auch wir wie unser Gott einen Blick für die Armen, Kleinen und Schwachen in unserer Umgebung und Gesellschaft haben, einen einfachen Lebensstil pflegen. Ist das nicht eine wichtige Botschaft für unsere aufgeblasene Welt? Der Klimawandel mahnt, uns auch um ein gutes Klima in unserer Umgebung zu bemühen und nicht auf Kosten der nächsten Generation zu leben, sondern unser Leben einfach, bewusst und nachhaltig zu gestalten. Für ein gutes Klima in der Welt ist auch die Beziehung des Menschen zu Gott ausschlaggebend! An Weihnachten legt Gott im Kind von Bethlehem seinen Liebesbrief in die Krippe und sagt uns: Mensch, ich liebe dich, so wie du bist! Gib auch Du diese Liebe weiter, damit unsere Welt besser, menschlicher und friedvoller wird!
Bei der Krippe kommen alle zusammen. Das ist ein großer Kontrast zu uns Menschen. Wir gehen gerne unsere eigenen Wege und suchen unser Glück im eigenen Tun und Können. Das Kind in der Krippe führt die unterschiedlichsten Menschentypen zusammen, breitet die Hände aus, weil es angenommen werden will und bietet sich jedem Menschen als Weg, Wahrheit und Leben an. Das Kind in der Krippe ist mit uns auf dem Weg unserer Pilgerschaft, es gibt unserem Leben Sinn und Orientierung, ist das Ziel des Lebens. Kind in der Krippe haben alle Platz und jeder ist willkommen – eine Aufforderung an uns, dass wir wie das Jesuskind niemanden ausgrenzen, abweisen oder wegen seines Andersseins ausschließen. Das Kind in der Krippe verpflichtet uns Christen zu Offenheit, Respekt, Toleranz und geschwisterlichem Umgang auf Augenhöhe! der Krippe finden wir Mensch und Tier in Harmonie – muss unsere moderne Zeit nicht wieder den Einklang der Schöpfung finden?
Was hat die Kirche denn mit Weihnachten zu tun? Zum christlichen Weihnachtsfest gehören Christbaum und Krippe. Beideerinnern uns an das, was wir zu Weihnachten feiern – den Geburtstag des Jesuskindes, das uns am Baum des Lebens, am Kreuz, durch seinen Tod und seine Auferstehung erlöst, gerettet hat. Die Krippe hilft uns nicht zu vergessen, dass Gott uns im Kind von B. sein Gesicht gezeigt hat; dass Gott die Stille und die Einfachheit liebt; dass beim Kind in der Krippe alle zusammenkommen und den Sinn und das Ziel ihres Lebens finden können.
Sie sehen also, die Kirche hat sehr wohl mit Weihnachten zu tun. Sie erinnert die Menschen durch die Jahrhunderte, dass sie den Sinn von Weihnachten nicht vergessen und dieses Fest auch in der Kirche und in den Familien um die Krippe herum gemeinsam feiern. Das ist unser christliches Erbe, das gehört zur DNA eines Christen und auch ganz wesentlich zur christlichen Kultur in Europa. Pflegen wir dieses kostbare Erbe und geben wir es an die junge Generation weiter!
Wenn ich bei diesem festlichen Weihnachtsgottesdienst nach dem Evangelium und vor der Predigt bewusst den Gang zur Krippe für uns alle gemacht habe, dann deshalb, weil die Krippe die kürzeste und beste Predigt dessen ist, was sich an Weihnachten erreignet hat und was wir heute und in diesen Tagen in der Kirche und daheim feiern.
Mein Weihnachtswunsch: Mögen wir alle beim Blick auf die Krippe im Jesuskind Gottes Gesicht sehen und mögen unsere Mitmenschen in unserem Gesicht diesen Gott heute durch uns erfahren! Wenn das geschieht, dann ist "das Wort Fleisch geworden und wir haben seine Herrlichkeit geschaut", dann ist wirklich Weihnachten! Amen.