Ökumenischer Gottesdienst für die Einheit der Christen
Wahrscheinlich kennen viele von uns die Geschichte vom "Hans Guck-in-die-Luft" aus dem Struwwelpeter – über den Burschen, der ständig nach oben starrt und deshalb das Nächstliegende nicht sieht; der zuerst über einen Hund stolpert und dann noch in einen Fluss fällt. Und was ist die Lehre aus dieser bekannten Geschichte? Wir sollen keine "Hans Guck-in-die-Luft" Christen und Kirche sein! Wir sollen den Blick zum Himmel haben, aber das uns Mögliche tun!
Das gehörte Evangelium Mk 16, 14-20 gibt uns Christen 3 Aufträge:
Wir sollen Hinausgehen und das Evangelium allen verkünden – am besten so, wenn wir es glaubwürdig mit unserem Leben bezeugen. Evangelium ist nicht Sitzordnung, sondern Wegweisung! Wir sind als Kirche heute sehr in Gefahr nur zu sitzen, uns gemütlich einzurichten und gemütlich aus der ersten Reihe Fußfrei alles besser zu wissen, zu beurteilen und zu kritisieren. Seelsorge aber verlangt Bereitschaft zur Nachfolge, Beweglichkeit und Flexibilität, vor allem aber sich immer wieder von neuem auf den Weg zu den Menschen zu machen. Es braucht Seelsorger und Seelsorgerinnen, die sich nicht in ihre eigenen 4 Wände und Pfarrhäuser einsperren, sondern die hinausgehen!
Wir sollen Glauben haben und aus diesem Glauben heraus Zeichen setzen. Das Fundament unseres Christseins ist zuerst der Glaube an unseren Herrn Jesus Christus und sein Evangelium, eine lebendige Beziehung und Freundschaft zu Jesus. Unser Glaube ist kein Glaube an Dogmen, keine Ideologie, sondern eine Freundschaft mit Jesus. Freundschaft gilt es zu pflegen, damit sie hält – so auch im Glauben. Die Freundschaft mit Jesus pflegen wir durch das Gebet, Lesen und Betrachten der Bibel, den Gottesdienst und die Feier der Sakramente. Sind diese Dinge bei uns nicht weithin aus der Mode gekommen? Aber sie sind für uns Christen und unser Christsein lebensnotwendig! Erst auf Grund des Glaubens können wir in der Welt Zeichen setzen!
Wir sollen heute das Evangelium gemeinsam als Christen bezeugen. Getaufte – also Christen aller Konfessionen – sind vom Herrn selber durch Taufe, Firmung und Konfirmation gerufen, gesalbt und gesandt für Jesus Christus und das Evangelium in der Welt und vor der Welt heute gemeinsam ein glaubwürdiges Zeugnis abzulegen. Die Spaltungen, das Gegeneinander, die Kämpfe und Polemiken sowie das Verabsolutieren der eignen Tradition und Position gehören der Vergangenheit an – heute müssen Christen gemeinsam Zeugnis für ihren Glauben an Jesus Christus und sein Evangelium ablegen. Auch wenn es schmerzt, dass wir noch nicht die volle eucharistische Gastfreundschaft haben und es noch theologische Differenzen im Amtsverständnis gibt, so ist es doch schön, dass heute Abend hier in Trausdorf verschiedene Menschen – Evangelische und Katholiken, Deutsche und Kroaten – also mit all unseren Unterschieden und Traditionen gemeinsam um die Einheit der Christen beten und so ein christliches Zeugnis geben? Und das Evangelium verspricht uns: "Der Herr stand ihnen bei und bekräftigt ihr Wort durch Zeichen." Schämen wir uns nicht gemeinsam für Jesus Zeugnis abzulegen! Er verspricht uns unsere Worte mit Zeichen zu bekräftigen – ist das nicht eine großartige Verheißung?
Wie können wir Christen heute am besten Zeugnis geben? Es braucht wohl einen dreifachen Blick:
Es braucht den Blick nach innen – Jesus Christus neu entdecken. Am besten dadurch, dass wir wieder die Bibel zur Hand nehmen, in ihr lesen, um aus ihr Orientierung für unser Leben zu bekommen.
Es braucht den Blick nach vorne – den Auftrag Jesu erfüllen. Schämen wir uns nicht in unserer modernen Zeit Jesu Evangelium im Alltag in die Tat umzusetzen und so auch gegen den "Strom der Mehrheit" zu schwimmen. Heute sind nicht Beamte, Funktionäre und Mitläufer gefragt, sondern vielmehr Zeugen, die Jesu Auftrag erfüllen!
Es braucht den Blick zur Seite – wir dürfen unsere Mitmenschen nicht übersehen, vor allem nicht die Armen, Kleinen und Schwachen in unserer Kirche und Gesellschaft. Der Blick an die Ränder ist Jesu Blick!
"Hans Guck-in-die-Luft-Christen und Kirche“ können stolpern, fallen und auch eine Genickstarre bekommen. Eine Kirche und Christen aber, die nach innen, nach vorne und zur Seite schauen, bleiben beweglich, geistig rege und finden zu einem lebendigen Christsein und Kirchesein heute. Solche Christen wünsche ich unseren beiden Kirchen von ganzem Herzen! Amen.