Die Feier der Osternacht 2020 im Martinsdom
Vom jüdischen Paschafest sagt man: Wer diese Nacht kennt, der hat das Wesen des Judentums begriffen. Und ich glaube, wir dürfen das auf unser christliches Feiern heute Nacht übertragen: Wer diese Nacht kennt, kann erfahren, was Christentum-Christsein bedeutet. Wer die Osternacht mitfeiert, der kann nicht nur hören, sondern auch sehen, spüren und mit allen Sinnen erfahren, was Erlösung und Befreiung, was letztlich Christentum und Christsein heißt.
Christsein heißt: In Jesus Christus das Licht der Welt finden.
Die brennende Osterkerze ist das Symbol für Jesus Christus.
Deshalb tragen wir die Osterkerze durch die Kirche und erleben, wie dieses eine Licht sich ausbreitet und den dunklen Raum erhellt.
Wir haben sichtbar gemacht, dass nur ein Funke der Hoffnung und Freude auf jeden von uns überspringen kann, und wir haben gezeigt, dass wir einander Hoffnung und Freude weiterschenken wollen, indem wir das Licht unserer Nachbarn angezündet haben und die Kerzen vor den Rollups unserer Dekanate! Diese Freude ist durchgeklungen im Loblied auf die Osterkerze und in unserem gemeinsamen Danklied.
Im Schein der Kerzen hörten wir dann in den Lesungen von weiteren Lichtspuren, die Gott in unser Leben legt: Es leuchtet uns in seiner Schöpfung, die er uns anvertraut hat. Wir können ihn dort entdecken, wo wir aus Ängsten und Zwängen befreit werden – wie das Volk Israel aus ägyptischer Gefangenschaft. Und wir lassen uns vom Apostel Paulus sagen, dass für uns Christen durch die Taufe ein Leben im Licht Jesu begonnen hat. Wir sind heute Jesu Lichtträger in dieser oft düsteren und von Angst erfüllten Welt.
Christsein heißt: Sich vom auferstandenen Jesus zu einem aufgeweckten Leben rufen lassen.
Unsere Befreiung und Rettung durch Jesu Tod und Auferstehung hat Konsequenzen für unser Leben. Was wir als Durchgang vom Tod zum Leben, von der Dunkelheit ins Licht gefeiert und nachempfunden haben, muss sich auswirken in unserem Leben. Was in der Taufe an uns geschehen ist, muss sichtbar werden in einem erneuerten und begeisterten Leben. Denn die Sache Jesu braucht Begeisterte! Deshalb erneuern wir unser Taufversprechen, indem wir den dunklen Mächten in unserem Leben Widerstand leisten und unseren Glauben an den gekreuzigten und auferstandenen Herrn bekräftigen. Um auch zu spüren, dass wir zu einem wachen und aufgeweckten Leben im Sinn Jesu gerufen sind, lassen wir uns mit dem gesegneten Wasser besprengen und erfrischen. Es braucht heute mutige und aufgeweckte und nicht schlafende, egoistische und gleichgültige Christen!
Christsein heißt: Für das neu geschenkte Leben danken.
Wir drücken unseren Dank aus, indem wir Brot und Wein auf den Altar stellen und gemeinsam Mahl halten zum Gedächtnis an Jesus Christus, unseren Retter, indem wir Eucharistie-Danksagung feiern. Wir drücken unseren Dank aus, indem wir in unseren Gebeten und Gesängen den loben und preisen, der Jesus von den Toten erweckt und damit auch uns aus dem Tod geholt hat. Wir kommen nicht nur in der Kirche zum gemeinsamen Mahl der Liebe zusammen, sondern wir setzen dieses Mahl der Liebe auch in unseren Häusern und Familien fort am gemeinsamen Tisch beim festlichen Ostermahl, wo wir nach den Wochen der Fastenzeit die gesegneten Osterspeisen essen und so gemeinsam Ostern feiern.
Christsein heißt: In Jesus Christus das Licht der Welt finden – Sich vom auferstandenen Jesus zu einem aufgeweckten Leben-Christsein rufen lassen – Für das neu geschenkte Leben danken.
Ich wünsche uns, dass wir am Ende der drei österlichen Tage sagen können: Ich habe meinen Glauben neu entdeckt – Mir ist klarer geworden, was Christsein heißt – Ich habe Befreiung erlebt, die mir durch Jesu Tod und Auferstehung geschenkt ist. Dann ist Ostern! Amen.