Bischof Zsifkovics: Christliche "Blutspende" rettet vor blutigen Ideologien
Eisenstädter Diözesanbischof als Festprediger beim "Fest des kostbaren Blutes Christi" im kroatischen Ludbreg vor 20.000 Gläubigen – Bischof Zsifkovics unter Aufgriff brisanter politischer Themen: "Ohne die christlichen und menschlichen Grundwerte der Gerechtigkeit und Wahrheit werden Frieden und Versöhnung nicht möglich sein"
Ludbreg – "Blutspenden können Leben retten. Die christliche Blutspende als Ausdruck für die liebende Begegnung zwischen Gott und Mensch rettet vor all den blutigen Ideologien, die so viel Unheil angerichtet haben": Das betonte Bischof Ägidius J. Zsifkovics beim großen Fest des kostbaren Blutes in der vergangenen Woche. Der Eisenstädter Diözesanbischof, der als Burgenlandkroate mit der kroatischen Kultur und Sprache eng verbunden ist und doch die perspektivische Weite eines Außenstehenden einzunehmen weiß, brachte in einer beherzten, acht Mal durch spontanen Applaus unterbrochenen Predigt auch hochbrisante politische Themen wie die Konflikte zwischen Ethnien, Kulturen und politischen Richtungen oder die Aufarbeitung der Geschichte zur Sprache.
Anerkennung von Spitzen der Politik und Kirche
Das Thema Blut bildete den Leitfaden einer live vom kroatischen Rundfunk HRT übertragenen Festpredigt vor rund 20.000 Wallfahrerinnen und Wallfahrern, die trotz des Starkregens zum Fest des kostbaren Blutes in den Wallfahrtsort Ludbreg gekommen waren. An der Festmesse nahmen auch die kroatischen Bischöfe Josip Mrzljak (Bischof von Varaždin), Vlado Košić (Bischof von Sisak), Vjekoslav Huzjak (Bischof von Bjelovar-Križevci) sowie die Zagreber Weihbischöfe Ivan Šaško und Mijo Gorski teil. Vor Ort waren außerdem hochrangige politische Vertreter wie der kroatische Parlamentspräsident Gordan Jandroković. Kroatiens Außenminister Davor Stier bedankte sich nach dem Fest persönlich mit einer SMS an Bischof Zsifkovics für dessen offenherzige Predigt.
Scharfe Abgrenzung zu blutigen Ideologien
Dabei ging es dem Eisenstädter Diözesanbischof gleich zu Beginn seiner Predigt um eine scharfe Abgrenzung zu allen Blut-und-Boden-Ideologien, wie sie in rassistischen, faschistischen und nazistischen Systemen propagiert werden: "An diesen Ideologien – ob nun im Namen von Rasse oder Klasse – klebt das Blut, der Hass und das Leid. Der Schrei der unschuldigen Opfer, der Verfolgten und Gefolterten, der Vergewaltigten und Ermordeten der autoritären Regimes dringt bis in die Gegenwart. Er lässt sich nicht zum Schweigen bringen. Nur die Bereitschaft zur Reue und zur aufrichtigen, reinigenden Sühne kann hinleiten zu einer Kultur der Versöhnung. Und nur die Versöhnung und Vergebung werden einen Neuanfang für ein friedliches Miteinander ermöglichen."
"Vergesst die Opfer nicht!"
Dabei scheute sich Bischof Zsifkovics nicht, das Thema der Schuld kritisch aufzugreifen: "Erinnert Euch der Verbrechen der Vergangenheit! Vergesst nicht die Opfer, vergesst nicht den Seligen Kardinal Stepinac und all die anderen unschuldig Verfolgten des autoritären Systems." Der 1998 seliggesprochene Märtyrerkardinal Alois Stepinac rettete während des faschistischen Ustascha-Regimes verfolgte Juden und Serben, unterstützte Notleidende und Verfolgte und protestierte gegen die Konzentrationslager. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde er von den Kommunisten unter falschen Anklagen verhaftet und zu 16 Jahren Zwangsarbeit verurteilt. Er stand bis zu seinem Tod 1960 unter Hausarrest.
Rettende Blutspende der christlichen Liebe
Das Rettende gegen all die blutigen Ideologien, die das Land in der Vergangenheit so sehr heimgesucht hätten, sei die "christliche Blutspende": "Das Blut Christi ist das Zeichen des Glaubens, der liebenden Hingabe und des Schenkens, das mit dem Kreuzestod gipfelt. Die christliche Blutspende ist nichts anderes als das Gastmahl der Liebe, bei dem sich Gott und Mensch begegnen. Das ist die Kraft der Eucharistie", so der Bischof.
Gesellschaft braucht Dialog und Kompromiss
Diese christliche Blutspende als Ausdruck der Liebe speise wiederum jenen Blutkreislauf, der sowohl für den Einzelnen als auch für die Gesellschaft lebenswichtig sei: "Blut ist ein Zeichen für das Leben und das Lebensspendende. Eine Gemeinschaft auf den Grundlagen der Gerechtigkeit und Wahrhaftigkeit, eine Haltung des Dialogs und der Achtung vor dem Leben und allen Mitmenschen, die Fähigkeit und Bereitschaft zu Kompromissen machen das Blut einer Gesellschaft aus", so Bischof Zsifkovics. Eindringlich warnte er vor einer Negativspirale, in der das rechthaberische Pochen auf eigene Geltungsansprüche nur zu einem ständigen Aufrechnen von Schuld und Gegenschuld führe. Das Ergebnis sei die zunehmende Dialoglosigkeit und Polarisierung statt Solidarisierung der Gesellschaft.
"Verschiedenheit ist ein Geschenk Gottes"
Weder dürfe man vergessen noch bloß im Vergangenen verharren: "Lebt in der Gegenwart und kämpft für die Zukunft! Alle, die hier sind, haben ein Recht auf ein gutes Leben, denn die Verschiedenheit der Menschen ist ein Geschenk Gottes", so der Eisenstädter Diözesanbischof.
Politik ohne "blutige Hände und schmutzige Finger"
Eindringliche Worte richtete er insbesondere an politische Verantwortungs- und Entscheidungsträger: "Ihr könnt nicht in ständiger Feindschaft leben! Stellt Euch nicht vor jene, die blutige Hände und schmutzige Finger haben! Ohne die christlichen und menschlichen Grundwerte der Gerechtigkeit und Wahrheit werden Frieden und Versöhnung nicht möglich sein", mahnte der Bischof. Zugleich forderte Bischof Zsifkovics die Menschen auf, sich für Europa zu öffnen und sich als Teil einer europäischen Werte- und Solidargemeinschaft zu begreifen. Eine Forderung, die in einigen der großen TV-Polit-Sendungen Kroatiens Gegenstand lebhafter Diskussion wurde und in mehr als 50 Print-Medien des Landes rezipiert wurde.
Ludbreg und die Reliquie vom kostbaren Blut
Die Stadt Ludgreb mit ihren knapp 8.500 Einwohnern liegt zwischen den Städten Varaždin und Koprivnica im Nordwesten von Kroatien. Der bedeutende Wallfahrtsort wird alljährlich von tausenden Pilgerinnen und Pilgern besucht. Die heutige Kirche wurde 1410 auf den Fundamenten der antiken Basilika erbaut. 1411 ereignete sich in Ludbreg ein eucharistisches Wunder: Ein namentlich unbekannter Priester soll an der eucharistischen Wandlung gezweifelt haben und sah daraufhin Blut im Kelch. Vor Schrecken ließ er die Reliquie des Blutes einmauern, offenbarte jedoch am Sterbebett sein Geheimnis. Seither wird die Reliquie vom kostbaren Blut Christi verehrt.