Ladislausfeier in Güssing
Am 22. Jänner 1931 – also vor genau 90 Jahren – ist der erste und bisher einzige Selige unseres Landes und unserer Diözese Fürst Dr. Ladislaus Batthyány-Strattmann in Wien verstorben. Deshalb ist der 22. Jänner auch der liturgische Gedenktag unseres Seligen und die Stadtpfarre Güssing begeht diesen Gedenktag am folgenden Sonntag mit einer Statio am Grab des Seligen und einem Festgottesdienst hier in der Basilika – so wie wir das auch heute gemeinsam tun.
Wir feiern den Gedenktag unseres seligen Ladislaus in diesem Jahr wegen der Corona-Pandemie nur im kleinsten Kreis, stellvertretend für die vielen Menschen, die sonst aus unserem Land und aus Ungarn hier gemeinsam dieses Fest begehen. Dank moderner Medien sind wir trotz großer Einschränkungen aber durch das Livestreaming in dieser Stunde mit vielen Menschen im Gebet und in der Feier dieses schlichten Sonntagsgottesdienstes zutiefst verbunden.
Wir feiern unseren "Arzt der Armen" nicht nur im Jahr der Pandemie und im Jahr seines 90. Todestages, sondern auch im Jubiläumsjahr unseres Landes "100 Jahre Burgenland", dessen Werden der Selige hautnah miterlebt hat und auch manches miterleiden musste. So ist es wohl mehr als angebracht gerade heute auf das Leben und Wirken unseres seligen Ladislaus zu schauen und von diesem Familienvater, Arzt und Christen in Zeiten der Pandemie mit so vielen Kranken und Toten bei uns und weltweit, in Zeiten großer Herausforderungen für Kirche und Gesellschaft und im Jubiläumsjahr unseres Burgenlandes von ihm zu lernen und ihn um seine Hilfe und Fürsprache zu bitten.
Was können wir vom seligen Ladislaus in Zeiten von Corona als Land und Kirche, als Menschen und Christen lernen?
Für mich sind es vor allem 3 Dinge, die wir heute mehr denn je in Gefahr sind zu verlieren:
Die Zuwendung zum Mitmenschen, besonders zum Alten, Kranken.
Die gegenwärtige Pandemie hat Mängel im Gesundheitssystem und bei der Betreuung Kranker ans Licht gebracht. Neben einer guten medizinischen Versorgung sind die Zuwendung und der Beistand der Kranken von größter Bedeutung. Das ist schon die halbe Heilung. Die Zuwendung und Nähe ist in der Tat ein kostbares Balsam, das dem Leidenden in seiner Krankheit Stütze und Trost gibt. Für uns Christen ist die Nähe und Zuwendung ein Ausdruck der Liebe Christi, des barmherzigen Samariters, der aus Mitleid jedem Menschen nahe ist. Deshalb braucht es heute bei uns nicht eine Sterbehilfe, sondern vielmehr eine Lebenshilfe, wo Sterbenden beigestanden wird und sie in dieser schwierigsten Phase des Lebens liebevoll begleitet werden und ihnen unsere ganze menschliche Zuwendung und Nähe geschenkt wird. Gerade diese Pandemie zeigt uns die Einsatzbereitschaft und Großzügigkeit des Personals im Gesundheitswesen, von Ehrenamtlichen, von Arbeitern und Arbeiterinnen, von Priestern und Ordensleuten, die mit Professionalität, Opferbereitschaft, Verantwortungsbewusst-sein und Nächstenliebe vielen Kranken und ihren Familienangehörigen geholfen, sie gepflegt, getröstet und versorgt haben, oft auch unter dem Einsatz ihrer eigenen Gesundheit und des eigenen Lebens.
Als Bischof sage ich heute allen diesen „Engeln des Alltags“ DANKE und VERGELT´S GOTT für ihren Einsatz und ihren Dienst!
Sie alle tun das, was auch unser seliger Ladislaus als Arzt, Vater und Christ getan hat – sich ganz seinen Mitmenschen, besonders den Alten, Kranken und Armen, aber genauso auch den Kindern und Jugendlichen zuzuwenden und ihnen unsere Nähe spüren lassen. Braucht unsere moderne und kalte Welt nicht mehr denn je gerade diese Zuwendung und Nähe zum Mitmenschen sowie eine „Kultur des Beistands“ und nicht eine Beihilfe zur Selbsttötung? Für mich bleibt es unverständlich, warum unsere Höchstrichter diesem Dammbruch zugestimmt haben! Jetzt muss die Politik den Schaden beheben!
Das Miteinander in Familie, Kirche und Gesellschaft.
Unser Burgenland – vor 100 Jahren noch ein Armenhaus – wäre heute wohl nicht ein gleichwertiges Bundesland Österreichs und eine aufstrebende Region im Herzen Europas, hätten unsere Väter und Mütter, Großväter und Großmütter trotz der beiden schrecklichen Weltkriege mit ihren Opfern, einer großen Auswanderungswelle nach Amerika, trotz Armut, politischer, konfessioneller, sprachlicher und anderer Unterschiede nicht die Zusammenarbeit gesucht. Nur im Miteinander konnten sie die Herausforderungen auch bewältigen! Gerade dieses Miteinander ist heute in Gefahr – das zeigt uns auch diese Corona-Pandemie mit ihren Herausforderungen und schweren Folgen für die Familie, Arbeitswelt, Kirche und Gesellschaft. Ohne den Willen zum Miteinander zerbröckelt jede Ehe und Familie. Ohne den Willen zum Miteinander in der Politik, in den Ländern und Gemeinden, Vereinen und Volksgruppen ist kein Staat zu machen, ist kein Fortschritt und keine positive Entwicklung zu erzielen. Ohne den Willen zum Miteinander innerhalb der Kirchen und zwischen den Kirchen und Religionsgemeinschaften gibt es keine Einheit, keinen ehrlichen Dialog, keinen Frieden u. echte Versöhnung. Gerade diese Weltgebetswoche um die Einheit der Christen lädt uns alle dazu ein! Ich bin dem Superintendenten Manfred Koch und den evangelischen Christen dankbar, dass wir im Burgenland ein gutes ökumenisches Miteinander pflegen und so als Christen für die Menschen da sind! Ohne den Willen zum Miteinander aller im Land gibt es keine gesunde Gesellschaft, keine Sicherheit, keinen Frieden und Wohlstand. Gerade die vergangenen Monate der Pandemie zeigen uns deutlich wie wackelig und anfällig unser Miteinander, aber zugleich auch, wie notwendig und fruchtbar es ist! Diese Pandemie mit ihren großen Herausforderungen für die Politik, Wirtschaft, Arbeitswelt, Bildung, Gesundheitswesen, Finanzen, Familien, Generationen, Armen können wir nur im Miteinander und nicht im Gegeneinander bewältigen. Daher tut es weh, zu sehen, wie gerade in dieser schweren Zeit der Corona-Pandemie, wo wir alle Zusammenstehen sollten, immer mehr der Egoismus, der eigene Vorteil und das Gegeneinander aufkommen – der Neid und Kampf um die Impfungen ist nur ein Beispiel dafür! Leider befeuern Medien diese Situation, weil sie „News“ brauchen. Braucht nicht gerade diese unsere Zeit ein neues Miteinander in Familie, Kirche und Gesellschaft, um diese Pandemie zu bewältigen? Es braucht Menschen wie unseren seligen Ladislaus, die das Miteinander in Ehe und Familie, im Beruf, in Kirche und Gesellschaft pflegen und im Alltag wieder schlicht und einfach leben. Ladislaus hat als Vater seine Familie jeden Tag zum Essen, Gespräch und Gebet versammelt – wäre dieses alte Rezept nicht auch gut für den Zusammenhalt und das Miteinander heute in unseren Familien, in Kirche und Gesellschaft? Ladislaus konnte es, weil er das Miteinander seiner Familie aus dem Miteinander mit seinem Gott im Gebet gespeist hat.
Die Solidarität und die Nächstenliebe.
Giulio Superti-Furga, der bekannte Direktor des Forschungszentrums für Molekulare Medizin und Professor für Molekulare Systembiologie an der MedUni Wien antwortete folgendes vorigen Sonntag in einer österreichischen Tageszeitung auf die Frage: Gibt es in ihren Augen eine menschliche Schuld an der Ausbreitung des Corona-Virus? Er sagte: "Das ist eine ethische Frage. Ich glaube, es ist nicht falsch zu sagen, dass die Arroganz der Menschen, ihre Art, mit Tieren umzugehen, ihre Gier, überallhin zu reisen, immer mehr Geschäfte zu machen, auch Geschäfte mit Wildtieren zu machen, dass all das die Verbreitung des Virus begünstigt." Superti-Furga spricht von der Arroganz und Gier des Menschen – das ist wohl das Gegenteil von Solidarität und Nächstenliebe. Diese Arroganz und Gier des Menschen hinterlässt tiefe Spuren in unserem Menschsein und Christsein und zeigt sich in der Trennung von Gott und Mensch und in der Ausbeutung von Mensch und Natur – eine Antwort der Schöpfung ist der Klimawandel.
Braucht es nicht gerade heute ein Zurück zum einfachen Lebensstil, die Verbindung von Gott und Mensch, zum Gleichgewicht von Mensch und Natur, um nicht der Arroganz und Gier nach dem immer Mehr zu verfallen, sondern um mit den Mitmenschen solidarisch zu sein und den Armen, Kleinen und Benachteiligten zu helfen und beizustehen? Unser seliger Ladislaus wird zu recht "Arzt der Armen" genannt, weil er in seinen Mitmenschen und Patienten immer "Christus" gesehen hat. Er hat als Augenarzt nicht nur Menschen das Augenlicht zurück-gegeben, sondern er hatte auch offene Augen für die körperliche und seelische Not der Menschen – arme Patienten behandelte er kostenlos, gab ihnen noch das Geld für die Medikamente und die Heimfahrt. Solidarität und Nächstenliebe sind gerade auch in dieser Pandemie mit ihren schweren wirtschaftlichen Folgen gefragt – Arbeitslosigkeit, ein weithin aufgeblasener Lebensstil und neue Formen der Armut fordern von uns Menschen-Christen Solidarität und Nächstenliebe.
Die Botschaft unseres seligen Ladislaus an seinem 90. Todestag von seinem Grab hier aus der Basilika in Güssing an uns Burgenländer und Christen in dieser Corona-Pandemie ist eine dreifache:
Wendet euch den Mitmenschen zu, besonders den Alten und Kranken! Pflegt das Miteinander in Familie und Beruf, Kirche und Gesellschaft! Lebt gerade jetzt in schweren Zeiten die Solidarität und Nächstenliebe!
Unser seliger Ladislaus ruft damit – wie Jona in der ersten Lesung die Menschen damals in Ninive – heute uns alle hier im Burgenland zur Umkehr zu Gott auf und er selber lässt sich – wie die Jünger im Evangelium – von Jesus rufen und will, dass auch wir Jesus folgen.
Seliger Ladislaus, bitte für unser jubilierendes Burgenland – bitte für Deine Familie Batthyány, die Franziskaner und Dein Güssing – bitte für alle Kranken an Leib und Seele, besonders die Corona haben – erbitte uns aber ganz besonders das baldige Ende dieser Pandemie! Amen.