Neujahr 2021 im Martinsdom zu Eisenstadt
Am Neujahrstag sind wir es gewohnt einander gute Wünsche zuzusprechen, und das besonders nach dem schweren Corona-Jahr 2020. Die Corona-Pandemie verändert unser Leben, verbreitet Unsicherheit und Angst sowie große Hoffnungsmüdigkeit unter den Menschen. Mutter Elvira – die Gründerin der Gemeinschaft Cenacolo in Saluzzo bei Turin – gibt ihren Burschen und Mädchen in Situationen der Hoffnungsmüdigkeit 10 verbotene Worte mit, die eine Hilfe sein wollen trotz aller Herausforderungen die Hoffnung nicht zu verlieren. Ich möchte in dieser Predigt uns allen daraus nur 3 Worte am heutigen Neujahrstag 2021 als Wunsch und Aufgabe mitgeben, damit wir in Corona-Zeiten die Hoffnung nicht verlieren. Diese 3 Worte sollen im Neuen Jahr für uns alle 3 verbotene Worte sein.
Das erste verbotene Wort lautet: Ich habe keine Lust.
Wie oft hören wir dieses Wort im Alltag: Ich habe keine Lust. Das gilt nicht nur für das persönliche Leben, in Familie, Beruf und Freizeit, sondern das gilt oftmals auch für das Glaubensleben. Ich mache das oder jenes nicht, weil ich gerade keine Lust dazu habe. Ich gehe nicht in die Kirche, weil mir gerade nicht danach ist. Ich bete nur, wenn ich Lust dazu habe. Wir alle kennen das und wir alle haben es wohl auch schon selber öfters gesagt: Ich habe keine Lust! Oder ich tue das oder jenes nur dann, wenn ich Lust dazu habe. Verbirgt sich hinter diesem Satz nicht oft die Haltung des modernen Menschen unserer Konsumgesellschaft mit seiner Sucht nach Erlebnis und Genuss. Denn man lebt ja schließlich nur einmal und das gilt es möglichst voll auszukosten! Zeigt das nicht auch deutlich die Ausrichtung des modernen und aufgeklärten Menschen des 21. Jahrhunderts alleine auf das Diesseits, auf diese unsere Erde und Welt hin? Ist das nicht letztlich eine bloße Reduzierung des Menschen auf sich selber? Unsere Kirche und Gesellschaft braucht in Zeiten der Pandemie noch mehr als sonst Menschen, die nicht sagen: Ich habe keine Lust, sondern vielmehr Menschen, die in allen Bereichen des Lebens und Glaubens bereit sind, ihren Beitrag mit Lust zu leisten und auch anderen Lust auf das Leben und den Glauben zu machen. Das stärkt auch und gerade in Zeiten der Pandemie die Hoffnung und ist ein wichtiger Impfstoff gegen die Hoffnungsmüdigkeit unserer Zeit!
Das zweite verbotene Wort lautet: Das geht mich nichts an.
Im Alltag können wir alle dieses Wort oft hören oder auch selber sagen. Ohne auf die Frage des anderen wirklich hinzuhören, antworten wir gleich: Das geht mich nichts an. Wie oft gehen wir wie der Priester und Levit in der Erzählung des barmherzigen Samariters im Evangelium am verletzten und verwundeten Mitmenschen vorüber mit dem Gedanken, der geht mich nichts an, mach dich ja nicht schmutzig, der soll selber sehen, wie er weiterkommt. Heute scheint neben dem Corona-Virus der Virus der Gleichgültigkeit unter den Menschen am meisten verbreitet zu sein. Er ist vielleicht nicht so aggressiv wie das Corona-Virus, aber mindestens so heimtückisch, lähmend und letztlich auch zerstörend für jede Gemeinschaft und unsere ganze Gesellschaft. Gleichgültigkeit ist das Ergebnis des dauernden Wegschauens – wie Papst Franziskus es in seinem neuen Buch "Wage zu träumen" so treffend sagt – und des sich Ein-Redens, dass, weil es keine sofortige oder magische Lösung gibt, es besser ist, gleich gar nichts zu tun. Hören wir nicht immer wieder: Das bringt doch nichts. Das ist doch nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Das geht mich nichts an.
Unsere Kirche und Gesellschaft braucht gerade in Zeiten der Pandemie mehr als sonst Menschen, die nicht sagen: Das geht mich nichts an. Im Gegenteil, Kirche u. Gesellschaft leben gerade von Menschen, die sich Gott und ihre Mitmenschen zu Herzen nehmen, die an ihrem Nächsten nicht kalt vorübergehen, sondern ihm beistehen. Als Bischof danke ich allen "barmherzigen SamariterInnen" in unserer Diözese für ihren Einsatz und Dienst. Ohne sie wären unsere Diözese und unser jubilierendes Burgenland nicht das, was sie heute sind. Das stärkt auch und gerade in Zeiten der Pandemie die Hoffnung und ist ein wichtiger Impfstoff gegen die Gleichgültigkeit unserer Zeit!
Das dritte verbotene Wort lautet: Ich bin dazu nicht fähig.
Auch dieses Wort können wir im Alltag oft hören. Oder wenn man an uns mit einer Bitte herantritt, sagen wir oft sehr schnell: Das kann ich nicht. Das will ich nicht. Ich bin dazu nicht fähig. Ist das aber wirklich so? Ist es nicht oft nur eine billige Ausrede und Flucht vor neuen Herausforderungen und vor unserer christlichen Verantwortung? Wie soll unsere Welt besser werden, unsere Gesellschaft sich gut weiterentwickeln, wenn wir alle nicht unsere Talente und Fähigkeiten für das Gemeinwohl einsetzen und uns nicht einbringen, sondern nur alles vom Staat oder unseren Mitmenschen fordern und erwarten? Gerade Christen sind durch die Taufe befähigt und zugleich auch gesandt, ihre Talente und Fähigkeiten in Kirche und Gesellschaft einzubringen und an ihnen mitzubauen und mitzugestalten. Ja noch mehr, Christen werden dafür einmal bei Gott Rechenschaft ablegen, wie sie mit ihren Talenten und Fähigkeiten gewirtschaftet haben!
Unsere Kirche und Gesellschaft braucht gerade in Zeiten der Pandemie mehr als sonst Menschen, die nicht sagen: Ich bin dazu nicht fähig. Kirche und Gesellschaft brauchen Menschen, die bereit sind ihre Fähigkeiten für andere einzusetzen, ohne dabei auf die Uhr zu schauen, etwas dafür zu bekommen u. jemanden auszuschließen.
Mein Neujahrswunsch an sie alle ist, dass wir es 2021 schaffen, die 3 Worte nicht zu sagen: Ich habe keine Lust – Das geht mich nichts an – Ich bin dazu nicht fähig. Mögen wir im Blick auf das Kind in der Krippe unsere Hoffnungsmüdigkeit, Gleichgültigkeit und Unfähigkeit überwinden, damit 2021 für uns alle ein gesegnetes Jahr wird! Und noch eine Bitte ans Christkind: Befreie uns vom Corona-Virus! Amen.