Primizpredigt für Ivan Vukčevic in Jois – 04.07.2021
Vor 60 Jahren feierte die Pfarre Jois die Primiz von Dr. Franz Hillinger – es ist schön, dass Du, lieber Mitbruder Franz, heute mit uns feierst. Als Bischof darf ich Dir zum diamantenen Priesterjubiläum gratulieren und von Herzen Danke und Vergelt´s Gott sagen für Deinen Dienst! Heute nach 60 Jahren feiert Ivan Vukčević seine Primiz hier in Jois. Unser Neupriester Ivan hat nicht nur Philosophie und Theologie studiert, sondern auch Musikwissenschaften. Als Priester ist er auch ein begabter und leidenschaftlicher Musiker und Kirchenmusiker. Bei dieser Primizmesse hat die Musik einen besonderen Stellenwert – die Blasmusik, der Volksgesang, der Chorgesang, die Orgel und Tamburizza. Daher nehme ich mir bei dieser Predigt bewusst die Musik zur Hilfe, um Dir, lieber Mitbruder Ivan, als Dein Bischof und Primizprediger heute für Deinen priesterlichen Dienst 3 Ratschläge mitzugeben.
Jedes Musikstück lebt von seiner Melodie.
Die Tonleiter zählt nur 7 Noten, doch was lässt sich daraus machen! Und jedes Instrument gibt seine Klangfarbe dazu, ob die Orgel, Blas-und Streichinstrumente oder die Tamburizza. Vom Grundton geht die Melodie aus, schwingt sich durch die Höhen und Tiefen, um zum Grundton zurückzukehren. Ist es nicht so auch mit unserem Leben? Fast 8 Milliarden Menschen leben auf unserer Erde. Keiner gleicht dem anderen. Jeder Mensch ist einmalig, unverwechselbar, vielfältig. Jedes Leben hat seine Melodie, mit seinen Höhen und Tiefen, seinem Ausgangspunkt und seinem Ende. Nur dann ist eine Melodie wohlklingend, wenn sie bestimmten Gesetzen folgt. So auch unser Leben.
Unser berühmter Musiker und Komponist Joseph Haydn schrieb kurz vor seinem Tod – und er fasste darin sein ganzes Lebensprogramm zusammen: „Ich hab´s mit meinem Leben gehalten wie mit meinen Kompositionen. Ich hab sie mit Gott begonnen und mit einem Laus Deo beendet. Gottes Lob war der goldene Faden, der sich durch mein ganzes Leben zog.“ Joseph Haydn verstand, was den tiefsten Sinn unseres Lebens ausmacht – nicht Arbeit, Jagd nach Geld und Ehre, sondern dass wir Gott und den Menschen mit einem liebenden Herzen dienen und so unser Leben zu einem Preislied machen, das von Gott seinen Ausgang genommen hat, zu ihm zurückkehrt und bei ihm zur Ruhe kommt.
Du lieber Ivan, sollst – wie der hl. Ignatius von Antiochien sagt – die „Melodie Gottes“ als Priester erkennen, in sie einstimmen und wo immer Dich die Kirche hinsendet, sie den Dir anvertrauten Menschen weitersingen und ihnen helfen, dass sie in diese Melodie einstimmen. Dein Primizspruch „Introibo ad altare Dei“ erinnert Dich bei jeder hl. Messe daran, wenn Du zum Altar trittst, das Lob Gottes anstimmst und mit den Menschen in den Höhen und Tiefen des Lebens Gottes Melodie weitersingst. Das Lob Gottes ist Dein wichtigster Dienst.
Als Priester bist Du – wie der Prophet Ezechiel in der 1. Lesung – von Gott berufen und gesandt, dem oft widerspenstigen Volk die Melodie Gottes zu verkünden, vorzusingen und es zum Mitsingen zu bringen. Auch wenn es in unserer modernen Zeit oft nicht danach aussieht, sollst Du wissen, die alte Melodie Gottes wird sich trotz neuer Hits und Melodien durchsetzen. Nicht durch Anbiederung, Propagandatricks, Verführung, Finanzspritzen, Gewalt, sondern in der Kraft des Geistes. Sei als Priester ein guter Vorsänger der Melodie Gottes, so dass die Menschen diese Melodie erlernen, liebgewinnen und weitersingen.
Zur Melodie eines Musikstücks muss die Harmonie kommen.
In einer Musikkapelle oder in einem Chor spielt und singt nicht jeder für sich allein drauflos. Erst das Zusammenspiel, das harmonische Zusammenklingen der Töne schafft den Wohlklang. Keine Stimme darf fehlen und ausfallen, jeder muss sich einfügen in das Ganze.
Das gilt auch für unser Leben. Wir leben nicht jeder für sich allein. Wir leben in Gemeinschaft. Wir Menschen sind Lebewesen, die auf Gemeinschaft hin angelegt sind. Wenn es in der Chronik eines Musikvereins im Jahr 1850 heißt: „Die Musikkapelle hat viel zur Einigkeit in der Gemeinde beigetragen“, kommt darin zum Ausdruck, dass Musik Gemeinschaft stiftet und fördert, dass unsere Vereine Schulen der Kameradschaft und des Zusammenlebens sein können und sollen. Musizieren zwingt zum Aufeinander-Hören und Sich-Einordnen, fördert Rücksicht, Kameradschaft und Gemeinschaft, die Harmonie. Musik wirkt aber auch über die eigenen Reihen hinaus und gibt die Möglichkeit, anderen Freude zu machen und so gemeinschaftsbildend in eine Gemeinde hineinzuwirken. Die Harmonie der Musik ist darüber hinaus ein Bild für die Zusammengehörigkeit und das Zusammenwirken der Menschen und der Gläubigen im Besonderen. Der Apostel Paulus gebraucht dafür das Bild vom Leib und den Gliedern. Kein Glied kann für sich leben, jeder ist auf die anderen und das Ganze angewiesen. Erst wenn alle Glieder zusammenwirken, ist der Leib gesund. Erst wenn alle in Liebe zusammenstehen und jeder sein Bestes beiträgt, kommt Harmonie, harmonische, christliche Gemeinschaft zustande, in der sich alle wohlfühlen. Das gilt von der Familie, von der Gemeinde, von der Gemeinschaft der Völker und besonders von der Pfarrgemeinde und Kirche. Sind wir heute in der Politik und Gesellschaft, in unseren Gemeinden und Vereinen, auch in der Kirche und in unseren Pfarrgemeinden nicht oft weit davon entfernt? Lautet da nicht oft das Motto anstatt Harmonie, Egoismus, Spaltung und Disharmonie? Ist das für Christen nicht ein Verrat an der Botschaft Jesu?
Du, lieber Ivan, hast als Priester die Aufgabe des Chorleiters und Dirigenten. Deine Aufgabe ist es Menschen zusammenzuführen, ihre Talente und Fähigkeiten zu erkennen und zum Wohl der Gemeinschaft harmonisch zum Klingen zu bringen. Priesterlicher Dienst ist Dienst an der Einheit und nicht an der Spaltung der Gemeinde und Kirche. Diesen Dienst wirst Du nur dann erfüllen, wenn Du Dich selber vom Sakrament der Einheit, der Eucharistie, nährst, das Gebet pflegst, die Sakramente spendest und sie auch selber empfängst, vor allem das Sakrament der Versöhnung, die Beichte. Du sollst – wie der Apostel Paulus in der 2. Lesung – um Deine Schwachheit und Ohnmacht wissen, aber auch ganz auf die Kraft Christi und seine Gnade vertrauen. Als Priester erkenne die Charismen in den Menschen und harmonisiere sie.
Ein Musikstück ist bestimmt von der Melodie, Harmonie, vom Takt.
Das harmonische Zusammenspiel funktioniert nur, wenn der Takt festgelegt ist, wenn ein Dirigent den Takt schlägt und die Einsätze gibt, wenn alle auf den Dirigenten schauen, sich von ihm führen lassen. So können auch die Menschen nur in Harmonie und Frieden leben, wenn sie auf Gott den Schöpfer schauen, ihn anerkennen, auf ihn hören, nach seiner Ordnung und seinem Willen sich ausrichten. Nicht immer möchte der Mensch den Willen Gottes annehmen und in Freiheit sich in das Ganze einordnen. Er missbraucht seine Freiheit immer wieder, will sich in Stolz, Überheblichkeit selbst aufschwingen zu einem Dirigenten und wundert sich dann, dass nur Misstöne, ein Durcheinander und Chaos herauskommen. Jesus kam in die Welt, um die Welt zurückzuführen zu Gott und damit zur Harmonie, zum Frieden, den die Welt nicht geben kann. Es ist tröstlich zu wissen, dass Gott die Fäden dieser Welt und unseres Lebens in seiner Hand hält und hinführen will und kann zu einem großen, guten harmonischen Schlussakkord, der in der Ewigkeit weiterklingt.
Du, lieber Ivan, hast als Priester den Taktstock, Dirigentenstab in der Hand und gibst den Takt-Ton an. Tue es mit Verantwortung, Umsicht! Wie von einer Stimmgabel musst Du den Ton immer neu von Jesus und seinem Evangelium übernehmen, in Stille darauf genau hinhören, damit Du den richtigen Takt-Ton den Menschen heute weitergeben kannst. Wenn Du Dich darum mühst, wirst Du auch den richtigen Umgang und Ton mit dem Presbyterium und Bischof sowie mit den Menschen finden – es ist der gute Ton der Ehrfurcht, des Gehorsams und gegenseitigen Respektes. Darin sollst Du als Priester den Dir anvertrauten Menschen Vorbild und Lehrer sein. Du sollst aber wissen, auch wenn Du Dich noch so bemühst allen Menschen ein guter Hirte und Seelsorger zu sein, gibt es immer auch Menschen wie im Heimatort Jesu in Nazaret, die Anstoß nehmen an Deiner Person, Deinem priesterlichen Dienst und an Deinem Wort. Das soll Dich nicht entmutigen. Jesus ging es in seiner Heimatstadt und Familie nicht anders, so hörten wir es im heutigen Evangelium. Und das Evangelium sagt uns auch, wo Gott eigentlich zu finden ist, weder im Lärm, noch in der Sensation oder im Außergewöhnlichen, nein vielmehr finden wir ihn im Stillen, Kleinen, Unauffälligen, Gewöhnlichen und Alltäglichen – vergiss das als Priester nie, es ist wichtig für Deinen Dienst!
Lieber Mitbruder und Neupriester Ivan!
Mein Wunsch an Dich in dieser festlichen Stunde der Primizmesse ist: Möge Dir die Musik helfen Deinen priesterlichen Dienst ganz für die Menschen auszuüben, indem Du ihnen die Melodie Gottes vorsingst und mit ihnen weitersingst, ihre Stimmen in Harmonie zur Einheit zusammenführst und im richtigen Takt und Tonmit ihnen umgehst!
Die Diözese Eisenstadt, der Bischof, das Presbyterium und Volk Gottes unserer Diözese, die Pfarren Jois, Winden, Kaisersteinbruch sowie die Familie Freitag sind Deine neue Heimat. Die Kroaten im Burgenland erinnern Dich an Deine Heimat Montenegro und Deine Heimatdiözese Kotor, deren emeritierter Bischof Ilija Janjić heute mit uns feiert und der damit Deine Heimat und Familie hier vertritt – Danke Bischof Ilija!
Meine guten Wünsche zu Deiner Priesterweihe und Primiz möchte ich am Ende dieser Predigt auch musikalisch mit einem alten slowenischen Marienlied zum Ausdruck bringen. Ich habe es auf Dich hin umgeschrieben. Es ist eine Bitte an Maria, die in Deiner Heimatpfarre Budva in Montenegro verehrt wird, wo ich am kommenden Sonntag mir Dir Deine Heimatprimiz feiern darf, sie möge Dich in Deinem priesterlichen Dienst begleiten und behüten. Ich hoffe, ich finde jetzt die richtige Melodie, Harmonie und auch den richtigen Takt und Ton.
Maria, Mutter und Königin, leg deine Hände auf Ivan hin.
Maria, behüte du ihn, Maria du Königin.
Maria, Mutter und Wegweiserin, führ Menschen durch Ivan zu Jesus hin. Maria, behüte du ihn, Maria du Wegweiserin.
Maria, Mutter und Fürsprecherin, zeig Ivan wo Menschen in Nöten sind. Maria, behüte du ihn, Maria du Fürsprecherin.
Lieber Neupriester Ivan, Schwestern und Brüder, so sei es - Amen.