Vorsynodale Versammlung der Diözese Eisenstadt
Liebe Delegierte zur vorsynodalen Versammlung unserer Diözese hier in unserem Martinsdom!
Man könnte überrascht sein, dass eine solche Versammlung in einem Kirchenraum stattfindet – nicht in einem nüchternen Veranstaltungsraum. Für Konzilien, Synoden, Katechesen war und ist der sakrale Raum ein legitimer. Die Kathedra in den Bischofskirchen verdeutlicht das Lehr-, Leitungs- und Hirtenamt in der Nachfolge der Apostel. Vom Apostelkonzil bis zum Zweiten Vatikanischen Konzil spannt sich der Bogen des Ringens. Oft war es ein Neuanfang, manchmal ein Scheitern. Oft ist es zur Trennung der Kirchen gekommen. Auch Streiten will gelernt sein – davon erzählt die Apostelgeschichte im 15. Kapitel der Lesung; sie zeigt, wie das Streiten geht. Immer aber geht es um den bleibenden Auftrag der Verkündigung, der Evangelisierung und um den Aufbau des Reiches Gottes.
Im Vademecum für die Synode heißt es: "In der Tat ist die Synodalität weniger ein Ereignis oder ein Schlagwort als vielmehr ein Stil oder eine Haltung, mit der die Kirche ihre Sendung in der Welt erfüllt." Das Ziel kann daher nicht sein: Mehr Dokumente, zusätzliche Kommissionen und Arbeitsgruppen, Macht- oder Strukturfragen. All das kann auch zur Versteppung des Glaubens führen. Es geht vielmehr um den "sensus fidelium", um den Glaubenssinn des Gottesvolkes. Das Volk Gottes lebt vom Hören, vom Gespräch, von der Verantwortung füreinander, vom Miteinander, und baut auf einem Fundament, das wir schlichtweg Gott nennen. "Die Gesamtheit der Gläubigen, welche die Salbung vom Heiligen Geist haben, kann im Glauben nicht irren", so sagt es das Zweite Vatikanische Konzil. So setzen wir am Beginn unserer Versammlung ganz bewusst das Zeichen der Tauferneuerung, damit deutlich wird, worauf es ankommt, worauf wir letztlich bauen.
Die synodale Kirche in ihren Dimensionen von Gemeinschaft, Teilhabe und Sendung wurde auch in unserer jungen und vielgestaltigen Diözese gelebt. Icherinnere an die Diözesansynoden, an die Diözesantage, an den Dialog für Österreich und Burgenland, an den neuen pastoralen Weg und an viele andere Initiativen der Bischöfe und Priester, der Ordensleute, der Frauen, Männer und jungen Menschen, der Hauptamtlichen und Ehrenamtlichen. Der synodale Weg ist uns Burgenländern nicht fremd.
In Vorbereitung auf die Bischofssynode 2023 ist dieser Prozess eine "typische" Initiative von Papst Franziskus, geprägt von einer jesuiti-schen Tradition und in der Tradition des Konzils. Was will er damit? Er will mit dem ganzen Volk Gottes auf den Geist hören, klar unterscheiden, das Wesentliche bewahren, den Glauben erneuern, Wege und Ausdrucksformen finden, um das Evangelium mit allen zu teilen. Das heißt: sich gemeinsam auf den Weg machen im aufeinander Hören, im Austausch von Ideen und Projekten, um Kirche sichtbar werden zu lassen als gastfreundliches Haus, dessen Türen für alle weit offenstehen. Synode ist kein Parlament – so Papst Franziskus. Es geht nicht um Abstimmungen von Mehrheiten, es geht um Einmütigkeit! Ich erinnere an die großen Konzilstheologen (Rahner, Ratzinger, Urs von Balthasar, Congar, Küng, Häring, Vorgrimler, Schillebeeckx, u.a.) und an die Konzilsväter – oft haben wir sie nicht verstanden.
Ich erinnere an die Konzilsgeneration – ihre Hoffnungen wurden von uns zu schnell begraben. Die Hausaufgaben des Konzils haben wir nur bruchstückhaft gemacht. Ob wir als Kirche insgesamt vielleicht doch zu selbstgenügsam geworden sind? Ichdenke an den Segen der Kirchenfernen und Kirchenkritischen, ich denke an die Herausforde-rung der vielen, denen Gott vollkommen gleichgültig geworden ist.
Gemeinschaft, Teilhabe, Sendung!
Eine Gemeinschaft von Gläubigen, die aufhört, nach Katholizität und universaler Offenheit zu streben, hat ihre christliche Identität und Authentizität verloren.
Ist unser Christsein echte Nachfolge in der Vielstimmigkeit dieser Welt, oder nur der platte Versuch, einen selbstgenügsamen Beitrag zu leisten? Haben wir noch Mut, auf den verschlungenen Pfaden der Welt die Fußspuren Jesu zu suchen? Es stimmt wahrscheinlich, dass die Glaubwürdigkeit der Kirche heute in einer der größten Krisen steckt. "Krise" ist aber nicht nur eine Schnelldiagnose für die Kirche, sie betrifft unsere Welt, die Gesellschaft, auch unser eigenes Leben. Auch in der Kirche ist die Kultur der Angst und der Verdächtigung zu überwinden und alles zu fördern, was Vertrauen bildet – nicht zuletzt das Gottvertrauen!
Dass es dabei Stolperfallen, aber auch viel Ehrlichkeit geben kann, zeigen uns manche Vorgänge um den Synodalen Weg der Kirche in Deutschland.
Auch unser Bericht zur diözesanen Konsultation ist kein vollständiger, dafür war die Beteiligung zu gering, der Blick zu innerkirchlich, die Zeit zu kurz, und dazu noch die Pandemie! Was wir heute hören und uns präsentiert wird, könnte ein Beitrag werden für eine Synthese und für den synodalen Prozess weltweit und auf diözesaner Ebene. Es können weiterhin Rückmeldungen an die Arbeitsgruppe gemacht werden, vor allem von Menschen und Bereichen, die bisher kaum oder gar nicht berücksichtigt wurden. Es ist ein geistlicher Prozess!
Meine vorrangige Aufgabe als Bischof wird es weiterhin sein, die synodalen Erfahrungen zu ermöglichen, zu begleiten und zu unterscheiden. Zu ermutigen, um breite Unterstützung zu bitten und den Glauben der Kirche in authentischer Weise zu hüten, auszulegen und zu bezeugen. Meine Aufgabe wird es sein, die Antennen für den Heiligen Geist weit auszufahren – er wirkt auf überraschende und erfrischende Weise. Meine Aufgabe muss es sein, als guter Hirte, der Herde, dem Volk Gottes voranzugehen, in seiner Mitte zu stehen und darauf zu achten, dass niemand zurückbleibt.
Angesichts der Wunden, Fragezeichen, Spaltungen, Fehler, die uns heute als Kirche kennzeichnen, darf ich mit einigen Bildern schließen: Die Kirche ist keine perfekte Gesellschaft, sie ist, wie es Papst Franzis-kus sagt, ein "Feldlazarett", der Arzt ist Christus – wir sind vielleicht Sanitäter. Die Kirche ist wie ein Orchester, die Partitur ist das Evangelium, der Dirigent ist Jesus Christus, er kennt auch unsere Misstöne. Die Kirche ist eine Baustelle, fragmentarisch, fragil und unfertig, der Architekt aber ist ER, und ER ist auch das Fundament.
Ich ermutige Euch, die Delegierten, Euch, denen eine besondere Verantwortung in unserer Diözese zugemutet wird, und alle, die Kirche sind und die wir heute vertreten dürfen, zu hören, zu unterscheiden und anzupacken. Tun wir es im Geist der "ersten Synode" in der Apostelgeschichte mit Offenheit, gegenseitiger Wertschätzung und großer Geduld. Und weil dieser synodale Weg ein geistlicher Prozess ist, begleiten wir ihn immer mit unserem Gebet.
Gottes Geist begleite unser Tun! Amen.