Muttertag in Frauenkirchen
Liebe Mitbrüder im priesterlichen und im diakonalen Dienst, ehrwürdige Schwestern, Schwestern und Brüder im Herrn!
Der jüdische Sabbat beginnt am Freitag mit einem gemeinsamen Abendessen in der Familie, bei dem die Mutter das Licht am Kerzenständer entzündet. Das ist nicht nur eine schöne alte Tradition, das hat auch eine tiefere Bedeutung. Warum entzünden gerade Frauen und Mütter die Kerzen? Die Antwort des weisen Juden ist: Weil es die Frauen und Mütter sind, die drei Dinge im Haus und in der Familie verbreiten.
Das erste: Sie verbreiten Licht und Wärme. Die Mutter steht also für die Liebe, die Geborgenheit, die Heimat, das Verständnis, den Trost und die Hilfe.
Sie verbreiten auch ein zweites, nämlich die Sprache und die Kultur. Von der Mutter hört das Kind die ersten Worte in ihrer Muttersprache und sie vermittelt damit wohl auch ihre Kultur.
Und sie verbreiten auch das Dritte, nämlich den Glauben und das Gebet. Die Mutter ist es, die traditionell mit den Kindern die ersten Gebete beim Aufstehen und beim Niederlegen spricht. Und die das Kind in den Glauben und schließlich später dann auch in die christlichen Werte einführt. Gerade die Corona-Krise zeigt uns wie wichtig das Heim, das Haus, die Familie – vor allem auch die Frauen und Mütter sind – damit Familie, Kirche und Gesellschaft funktionieren kann und von Bestand sind. Gerade die Corona-Krise zeigt uns aber auch ganz deutlich, wenn das nicht funktioniert. Wie verwundbar und zerbrechlich Familie und Gesellschaft sind.
Am heutigen Muttertag, liebe Schwestern und Brüder, möchte ich unseren Blick ganz bewusst auf das erste Gnadenbild von Frauenkirchen, das sich am ersten linken Seitenaltar dieser wunderschönen Basilika befindet, und auf seine tiefe Bedeutung unseren Blick hinlenken. Es ist eine seltene und kostbare Maria lactans Darstellung. Das heißt, Maria die Stillende. Maria mit dem Jesuskind auf dem Arm, das an der Brust liegt und mit der Mutter auf die Heilige Schrift hinschaut, die Maria in der anderen Hand hält. Dieses Bild der stillenden Mutter möchte uns sagen, wo die wahre Nahrung für unser Leben zu suchen ist. Und dass wir Gottes Wort in uns wie die Nahrung für den Leib auch als Nahrung für die Seele gleichsam mit der Muttermilch in uns aufnehmen sollen. Maria gibt ihrem Kind eine gute, gesunde und lebensspendende Nahrung, in der alle Vitamine für Körper, Seele und Geist enthalten sind. Maria will auch uns, ihren Kindern, diese Nahrung für das Leben geben und zeigt uns im ersten Gnadenbild von Frauenkirchen, wo diese Nahrung zu finden ist. Nämlich im Wort Gottes, bei Jesus Christus. In einer Welt und Zeit, in der Väter und Mütter ihren Kindern die beste Nahrung geben für den Leib und sie mit nur allen denkbaren Mitteln füttern, scheint die Nahrung für die Seele – das heißt das Gebet, Gottes Wort der Heiligen Schrift, der Gottesdienst und die Sakramente – kaum mehr eine Rolle zu spielen. Leiden unsere Kinder nicht unter dem Vitaminmangel an Gott und seinem Wort? Sind wir moderne Menschen nicht in Gefahr nur einseitig erzogen und ernährt zu werden? Das heißt, alles nur für den Leib und kaum etwas oder nichts für die Seele zu tun? Wird da nicht eine einseitige, an Vitamin-G mangelnde Generation herangezogen, die den Sinn des Lebens und die Orientierung im Leben verloren hat?
Das erste Gnadenbild von Frauenkirchen mit der stillenden Mutter zeigt uns, dass Gottes Wort zu einem gesunden Leben gehört. Uns Menschen Nahrung ist, Kraft und Orientierung gibt. Die Botschaft des ersten Gnadenbildes von Frauenkirchen ist zugleich auch die Botschaft des heutigen Evangeliums. Jesus ist diese Nahrung. Er ist der Weg, die Wahrheit und das Leben. Und Maria möchte nur eines tun: uns alle – jeden Menschen – zu diesem Jesus hinführen. Wir Christen sollen – so die erste Lesung aus der Apostelgeschichte – heute aber auch das Gebet und Gottes Wort nicht vernachlässigen. Aber auch nicht die Sorge um die Armen, die es auch unter uns gibt, nicht zu vergessen. Gibt es gerade da heute für uns alle nicht viel zu tun? In dieser Krisenzeit mit ihren schweren Folgen? Da sollen und müssen wir an die Armen denken, und den Verlierern helfen und wir Christen sind als Getaufte und Gefirmte, so aus dem zweiten Petrusbrief, lebendige Steine im Bau des Reiches Gottes. Wir sind sein besonderes Eigentum. Sind wir uns als Christen dessen auch wirklich bewusst? Und was Jesus beim Abschied seinen Jüngern sagt, das ist auch für uns alle von Bedeutung. Diese Jünger sind nämlich verschreckt, so auch wie heute auch viele Menschen – viele Christen – gerade auch in dieser schwierigen Zeit der Pandemie verschreckt sind. Und was sagt ihnen Jesus? Er sagt damals wie heute: Euer Herz lasse sich nicht verwirren. Glaubt an Gott und glaubt an mich. Im Haus meines Vaters sind viele Wohnungen.
Der Glaube, liebe Schwestern und Brüder, nimmt uns nicht die Anstrengung, die Arbeit und die Last des Lebens einfach weg. Der Glaube gibt viel mehr Kraft, Vertrauen, Trost und Hoffnung. Der Glaube nimmt uns letztlich die Angst und schenkt uns den Mut, sich den Herausforderungen des Lebens zu stellen. In Kirche und Gesellschaft unsere Talente einzubringen und so an einer besseren Kirche an einer besseren Welt und Gesellschaft mit zubauen und mitzuarbeiten.
Liebe Schwestern und Brüder, ist das nicht eine hoffnungsvolle Botschaft für uns alle? Gerade in dieser von Krisen, Kriegen, Konflikten, Hungern, Seuchen – vor allem von der Pandemie des Corona-Virus – befallenen und erschütterten Welt? Schauen wir heute auf Maria, die Mutter auf der Heide und bitten wir um ihre Hilfe und Fürsprache in dieser Zeit der Corona-Pandemie und lassen wir uns von ihr zu ihrem Sohne führen, der für uns Christen der Weg, die Wahrheit und das Leben ist.
Danken wir aber auch am heutigen Muttertag für die vielen selbstlosten Dienste und das christliche Beispiel und Zeugnis unserer Frauen und Mütter, die für unsere Familien, die Kirche und Gesellschaft unerlässlich sind und verbreiten auch wir als Christen in unserer Umgebung Licht und Wärme. Das gute Wort in unserer Muttersprache und die gesunde, offene europäische Kultur, sowie unseren glaubhaften, christlichen Glauben, der niemanden ausschließt, sondern jedem Menschen helfen will, das Ziel des Lebens zu erreichen. Maria hat dieses Ziel erreicht. Sie will auch, dass wir alle – dass du und ich – genau so dieses Ziel erreichen. Schauen wir auf sie, folgen wir ihr, lassen wir uns von ihr an der Hand nehmen und zu ihrem Sohn Jesus hinführen, der für uns der Weg, die Wahrheit und das Leben ist. Amen.