Biografie
Geboren 316/317 zu Sabaria in Pannonien (heute Szombathely, Steinamanger, Ungarn) als Sohn eines römischen Tribunen aus Pavia (Oberitalien). Er wurde in Pavia erzogen und trat mit 15 Jahren in die römische Armee ein, wo er in Gallien in der Garde unter Kaiser Constantius II. (324-361) diente. In diesen Jahren spielte die berühmte Szene seiner Wohltätigkeit, als er am Stadttor von Amiens (nördlich von Paris) seinen Soldatenmantel mit einem frierenden Bettler teilte. Er ließ sich mit 18 Jahren taufen und verließ ein Jahr später die Armee.
Er wurde Schüler des Bischofs Hilarius von Poitiers und ging dann in seine Heimat, um seine Eltern zu bekehren, vielleicht auch im Auftrag des Bischofs Hilarius in Illyrien zu missionieren. Die Arianer leisteten aber großen Widerstand. Daher zog er sich als Einsiedler auf die Insel Gallinaria bei Genua zurück. Um 360 ging er wieder nach Poitiers und traf dort Hilarius, der eben aus dem Exil zurückgekehrt war. 361 gründete er in Ligugé (7 km südlich von Poitiers) eine Zelle, die sich bald zum ersten Cönobitenkloster des Abendlandes entwickelte. 371 wurde er vom Volk zum Bischof von Tours (Westfrankreich) ausgerufen. In der Nähe von Tours gründete er um 375 das Kloster Marmoutier, das er zu einem Zentrum kulturellen Schaffens und zu einer Schule von künftigen Missionaren und Bischöfen machte und wohin er sich selbst gern immer wieder zurückzog.
Er widmete sich der Missionierung der noch weitgehend heidnischen ländlichen Gebiete Galliens. Auf seinen Missionsreisen kam er vor allem in das Gebiet der mittleren Loire (Chartres, Amboise, Levrous), zu den Senonen (im Gebiet des heutigen Sens) und Häduern (gallischer Stamm zwischen Loire und Saône). Er predigte auch in Paris, wo er einen Leprakranken wunderbar heilte, und in Vienne, wo er mit Victricius und Paulinus von Nola zusammentraf.
Er reiste zweimal nach Trier, wo er sich sehr für Priscillianus einsetzte. Priscillianus, ein spanischer Laie, war Begründer und Wortführer einer schwärmerischen religiös-aszetischen Bewegung, die überall heftigste Emotionen für und gegen ihn wachrief. Bischof Martin konnte seine Hinrichtung in Trier 385 nicht verhindern. Vielmehr zog er sich durch seine Berühmtheit als Wundertäter, seine aszentische Strenge und seinen unerbittlichen Gerechtigkeitssinn gegenüber Priscillianus und seinen Anhängern wachsende Feindschaft zu, sogar unter seinem eigenen Klerus. Er starb auf einer Seelsorgsreise zu Candes (westlich von Tours) am 8. 11. 397. Zu seinem Begräbnis in Tours strömte eine riesige Menschenmenge zusammen.
Die Verehrung des heiligen Martin breitete sich in Liturgie und Volksfrömmigkeit schnell aus. Er ist einer der ersten Nicht-Märtyrer (Confessor, "Bekenner"), die in die römische Liturgie aufgenommen wurden. Über seinem Grab in Tours erhob sich im 5. Jahrhundert eine Kapelle, die später durch eine prächtige Basilika mit einer klösterlichen Zelle (die spätere Abtei St-Martin) ersetzt wurde.
Das Grab war bis ins späte Mittelalter hinein fränkisches Nationalheiligtum und ist auch heute noch Zentrum bedeutender Wallfahrten. Chlodwig machte Martin zum Schutzherrn der fränkischen Könige, man führte seinen Mantel in der Schlacht mit. In Frankreich allein sind viele Klöster (besonders des Benediktinerordens) und sehr viele Kirchen (angeblich 3667) ihm geweiht, Städte und Burgen tragen seinen Namen.