Zeitzeugen
Eine heute noch lebende alte Frau aus Steinamanger schilderte folgende Episode:
"Ich ging in die 2. Klasse Volksschule, als sich im Juni an meiner linken Schläfe eine hühnereigroße Geschwulst bildete. Meine Mutter brauchte mich hier in Szombathely ins Spital, wo ich von Oberarzt Dr. Gyuk untersucht wurde. Er wollte die Operation nicht übernehmen, empfahl uns aber, nach Körmend zum Fürsten-Doktor zu gehen, der meine Krankheit heilen könne.
Meine ältere Schwester begleitete mich dorthin. Im Wartezimmer warteten eine Menge Leute darauf, untersucht zu werden. Als der Herr Fürst herauskam, bemerkte er mich sogleich und forderte mich auf, in sein Ordinationszimmer zu kommen. Er untersuchte mich und sagte meiner Schwester, er werde mich in sein Spital aufnehmen; da sich die Geschwulst an der Schläfe befand, könne die Operation ein bisschen gefährlich sein. Dann machte er sich auch gleich an die Operation. Er sprach mir sehr freundlich Mut zu, ich brauche keine Angst zu haben. Er fragte mich, ob ich schon bei der Erstkommunion gewesen sei und ob ich gerne in die Kirche ginge. Inzwischen begann schon eine seiner Assistentinnen, meine Haare abzuschneiden; um die Geschwulst rasierte mich der Herr Fürst selber. Dabei unterhielt er sich die ganze Zeit mit mir; einmal spürte ich, dass er etwas auf die kranke Stelle blies, wahrscheinlich vereiste er sie, dann sagte er, ich soll mich nur ruhig festhalten an ihm und wir sollten uns dem Herrn Jesus anvertrauen.
‘Na, ist schon in Ordnung!’ sagte er dann, und schon wurde mein Kopf verbunden; inzwischen rief er meine Schwester herein und erklärte ihr, er werde mich für ein paar Tage in seinem Spital behalten.
Ich verbrachte einige Tage in der Klinik. Jeden Tag untersuchte er meinen Kopf. Er war sehr freundlich zu mir, und ich habe ihn sehr liebgewonnen. Nachdem ich das Spital verlassen hatte, musste ich noch eine Zeitlang alle 3-4 Tage zu ihm hineingehen, damit er mir den Verband wechselte. Ich ging immer sehr gerne ins Schloß, denn er war so freundlich und lieb zu mir. Als ich mich dann endgültig von ihm verabschiedete, fragte ihn meine Mutter, was sie ihm schuldig sei. Er behandelte die Kranken gratis, jeder wusste das, und auch wir mussten nichts zahlen. Umso mehr ermunterte er uns aber, auf Gott zu vertrauen, dann könne uns nichts Böses geschehen. Zum Abschied zeichnete er mit dem Finger ein kleines Kreuz auf meine Stirn."
(Manuskript von Sr. Cordia/Maria Puskely, 1988)
Ein Lehrer aus Körmend hielt sich oft in der Ordination Doktor Batthyánys auf, um die aus den verschiedensten Gegenden stammenden Kranken zu beobachten. Er notierte folgende Begebenheit:
"Eines Tages kam ein alter Mann aus dem Komitat Sopron an die Reihe. Der Doktor bemühte sich mit rührender Liebe um ihn. Arm in Arm führte er ihn in sein Zimmer:
- Hierher, Väterchen, hierher – und setzte ihn in den Lehnstuhl. – Nun, was haben wir denn für einen Kummer" Der Alte erzählt ihm, dass er seit vier Jahren immer schlechter sehe und nun fast gar nicht mehr sehen könne. Hierher musste er auch geführt werden.
- Wann waren Sie beim Arzt?
- Ich war noch nicht.
- Wenn Sie nicht älter wären als ich, würde ich jetzt schimpfen mit Ihnen.
Nachdem er mit der Untersuchung fertig war, fragte er ihn:
- Können Sie Deutsch, Väterchen?
- Nein, erwiderte der Alte.
Darauf fragte er mich:
- Und Sie, Herr Lehrer?
- Ja, entgegnete ich.
- Es gibt keine Hilfe mehr. Er wird ganz blind werden.
Alles ist schon zu spät.
Aber er tröstete den Alten und schrieb ihm ein Rezept auf.
- Ich habe Tropfen aufgeschrieben. Davon müssen Sie sich ins Auge tropfen. Und wenn es der Wille Gottes ist, dass er Ihnen Ihr Augenlicht ganz nimmt, so fügen Sie sich in Seinen Willen! Ich kann nicht mehr viel helfen. Sehen Sie, Väterchen, so seid ihr, ihr Alten. Sie vernachlässigen ihre Beschwerden und kommen erst dann, wenn man kaum mehr etwas machen kann. Ich gebe Ihnen eine Brille. Die wird Ihre Augen gegen die starken Sonnenstrahlen schützen. Und die Tropfen lassen Sie nur schön anfertigen und tropfen ein. Eine Zeitlang werden sie ihren Augen noch etwas helfen. Aber lassen Sie sie hier machen, es gibt hier zwei Apotheken.
- Danke höflichst, küß die Hand.
Und damit trottete er aus der Ordination hinaus. Doch vor dem Fenster der Ordination bleibt er stehen. Der gutherzige Fürst bemerkt das und ruft den Alten noch einmal zurück.
- Nun, was gibt es, Väterchen?
- Oh, Durchlaucht, ich kann diese Apothekersachen nicht machen lassen, ich habe kein Geld.
- Und der gnädige Herr Fürst gab seinem Kranken auch noch Geld.
(Manuskript von Sr. Cordia/Maria Puskely, 1988)
Die Tochter eines Lehrers aus Körmend erzählt den Fall ihres Bruders:
"Mein älterer Bruder Karl wurde in der Bürgerschule damit beauftragt, von den Tannen Harz zu sammeln. Vor unserem Haus gab es einen kleinen Park mit vielen Tannen. Mein Bruder kletterte also auf die Bäume und sammelte fleißig Harz. Dabei passierte es, dass sich ihm ein Ast ins Auge bohrte. Meine Schwester rannte in die Schule, die Eltern zu holen.
- Mutti, erschrick nicht, es ist weiter nichts, nur der Karli hat sich das Auge ausgestochen.
Meine Eltern rannten nach Hause und als sie sahen, dass bereits eine gelbe Flüssigkeit aus dem Auge meines Bruder rann, liefen sie mit ihm zum Herrn Fürst, obwohl es bereits auf 4 Uhr zuging und um diese Zeit normalerweise keine Ambulanz mehr war. Mein Vater entschuldigte sich für die Störung und erzählte, was passiert war, worauf der Fürst erwiderte:
- Und wenn Sie nachts kämen, wäre es auch dann meine Pflicht, einem Kranken zu helfen!
Er operierte meinen Bruder auf der Stelle, und die Operation gelang wunderbar. Es ist bis heute kaum festzustellen, welches das operierte Auge ist, nur mein Bruder selbst kann es sagen."
(Manuskript von Sr. Cordia/Maria Puskely, 1988)