Papst Franziskus beteiligt sich mit Baustein-Spende
Knalleffekt beim prominent besetzten Festakt "50 Jahre Orthodoxengesetz in Österreich" am Dienstag in Wien: Anwesender Kurienkardinal Kurt Koch und Bischof Zsifkovics überreichten Spendenbetrag von 100.000 Euro von Papst Franziskus für das erste Orthodoxe Kloster Österreichs, das im burgenländischen St. Andrä am Zicksee gebaut wird – Dank des Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios I. von Konstantinopel, weltweites Oberhaupt der orthodoxen Christen
Wien – Es war ein Geschenk für die Geschichtsbücher, das ebenso sensationell wie erfreulich in einen hochkarätig besetzten Festakt platzte: Kurienkardinal Kurt Koch, zugleich Präsident des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen und damit "Ökumeneminister des Vatikans", nutze seine Grußworte im Rahmen der heutigen Feier "50 Jahre Orthodoxengesetz in Österreich", um gemeinsam mit dem Eisenstädter Diözesanbischof Ägidius J. Zsifkovics einen großen Spendenbetrag von Papst Franziskus für das Projekt des ersten Orthodoxen Klosters in Österreich, das in der Diözese Eisenstadt in St. Andrä am Zicksee gebaut wird, zu überreichen. Papst Franziskus hatte dem Eisenstädter Bischof vor wenigen Tagen eine Baustein-Spende für die Grundsteinlegung des ersten Orthodoxen Klosters in Österreich zukommen lassen und Bischof Zsifkovics damit gleichsam zum "Treuhänder" seines persönlichen Engagements für dieses ökumenische Jahrhundertprojekt gemacht.
Papst Franziskus unterstützt orthodoxes Kloster mit persönlichem Beitrag
Der Kurienkardinal überreichte gemeinsam mit Bischof Zsifkovics den Baustein in der Höhe von 100.000 Euro an Patriarch Bartholomaios I. und an die griechisch-orthodoxe Metropolis von Austria. Übergeben wurde zudem die gerahmte Stiftungsurkunde des Klosters vom November 2014. "Papst Franziskus hat das ökumenische Anliegen des Baus des ersten Orthodoxen Klosters in Österreich von Anfang an mit seinem Segen und Wohlwollen unterstützt. In seinem Schreiben vom 1. November 2014 an Bischof Ägidius Zsifkovics als Stifter des Bauplatzes hat er für dessen ökumenisches Wohlwollen mit großer Freude gedankt und an die bereits von Johannes Paul II. betonte Brückenfunktion der Diözese Eisenstadt erinnert, mit den Völkern Osteuropas ‚Kontakte zu pflegen und auch mit ihnen zu teilen, materiell und geistig‘", so der Kurienkardinal wörtlich.
Persönlicher Baustein des Papstes als Ansporn für andere
Nachdem bereits der am Festakt anwesende Ökumenische Patriarch Bartholomaios I. nach seinem Besuch in St. Andrä im November 2014 eine persönliche Spende für das erste Orthodoxe Kloster in Österreich gegeben hatte, "möchte sich Papst Franziskus ebenfalls an der Grundsteinlegung mit einem ganz persönlichen Beitrag beteiligen", so Kurienkardinal Koch. So wie das seit 50 Jahren bestehende Orthodoxengesetz "Grundsteincharakter für die Ökumene in Österreich" habe, so sei auch die Spende ein Beitrag für eine Grundsteinlegung – als "persönlicher Baustein des Heiligen Vaters": "Dieser Baustein möge Ansporn für viele andere sein, sich am ersten Orthodoxen Kloster in Österreich durch ihr Gebet und durch ihr praktisches Tun, durch ideelle oder auch materielle Zuwendung zu beteiligen", sagte der Präsident des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen, Kardinal Koch.
Projekt der "Mäzene und Visionäre des 21. Jahrhunderts"
Mit diesem "persönlichen Baustein des Heiligen Vaters" bestätigte sich zugleich auf eindrucksvolle Weise der Festvortrag des Religionsrechtsexperten Dominik Orieschnig: An diesem Projekt "werden nun Mäzene und Visionäre des 21. Jahrhunderts bauen. Sie werden damit auch unter Beweis stellen, wie ein moderner Kulturbeitrag Österreichs abseits von Schisport und Walzerseligkeit in einem Vereinten Europa von morgen aussehen kann – ein Europa übrigens, das heute um sein eigenes Selbstverständnis ringt und das die innovative Kraft seiner Mitgliedsstaaten und seiner christlichen Kirchen dringend benötigt." Das Kloster, so Orieschnig in seinem Festvortrag, sei nicht allein ein "Ort des Gebetes für die Orthodoxen Christen des pannonischen Raumes", sondern eine "humanistische Drehscheibe zwischen Ost und West", eine "Brücke der Hoffnung zwischen orthodoxer und katholischer Kirche, und nicht zuletzt ein kulturelles Symbol gegen Fanatismen aller Art."
Der Ökumenische Patriarch Bartholomaios I. von Konstantinopel, weltweites Oberhaupt der orthodoxen Christen, und der griechisch-orthodoxe Metropolit von Austria, Arsenios (Kardamakis), bedankten sich sehr herzlich für die Anerkennung und die Spende des Papstes.
Höchste Würdenträger am Festakt
Eine Vielzahl höchster Würdenträger und prominenter Persönlichkeiten nahm an dem Festakt "50 Jahre Orthodoxengesetz in Österreich" teil, darunter auch der Apostolische Nuntius Peter Stephan Zurbriggen, neben Bischof Ägidius Zsifkovics auch die katholischen Bischöfe Manfred Scheuer, Wilhelm Krautwaschl, Klaus Küng, Alois Schwarz, Werner Freistetter und Franz Scharl sowie der evangelische Bischof Michael Bünker und der Bischof der Altkatholischen Kirche Heinz Lederleitner. Seitens der Orthodoxie konnte Metropolit Arsenios neben Patriarch Bartholomaios I. unter anderem die griechisch-orthodoxen Patriarchen von Alexandrien und ganz Afrika, Theodor II., den russisch-orthodoxen Erzbischof von Österreich, Antonij (Sevrjuk), Metropolit Isaak (Barakat) vom Patriarchat von Antiochien und den serbisch-orthodoxen Bischof Andrej (Cilerdzic) begrüßen. Seitens der Republik Österreich war u.a. die Dritte Nationalratspräsidentin Anneliese Kitzmüller vertreten. Gastgeber Metropolit Arsenios konnte auch zahlreiche Ehrengäste aus den Bereichen Kultur und Wirtschaft begrüßen.
50 Jahre "Orthodoxengesetz"
Mit dem vor 50 Jahren – genau am 23. Juni 1967 – beschlossenen "Orthodoxengesetz" erhielt die orthodoxe Kirche in Österreich eine neue juristische Grundlage für ihr kirchliches und gesellschaftliches Wirken. Das Gesetz (BGBl. Nr. 229/1967) zählt zu den legistischen Meilensteinen des Umgangs der Zweiten Republik mit den in ihr gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften. Es ist nicht nur von zentraler Bedeutung für die Stellung der orthodoxen Kirche in Österreich, sondern genießt auch international in panorthodoxen Kreisen hohe Anerkennung. Die Teilnahme des Ökumenischen Patriarchen am heutigen Festakt ist der beste Beleg für diese Wertschätzung.
Orthodoxe Kirche als Körperschaft öffentlichen Rechts
Im Dialog mit dem damaligen Ökumenischen Patriarchat von Konstantinopel Athenagoras (1948-72) und dem von ihm bereits 1963 eingesetzten ersten Metropoliten von Austria, Chrysostomos Tsiter, wurden juristische Wege und Möglichkeiten gesucht, der orthodoxen Kirche in Österreich eine gesellschaftliche Stimme als Körperschaft öffentlichen Rechts zu verleihen. Auf Seite des Staates war es Unterrichtsminister Heinrich Drimmel, ein Kirchenrechtler, der die erforderlichen Arbeiten am Gesetz vorantrieb, die nach einem Regierungswechsel von seinem Nachfolger Theodor Piffl-Perčević vollendet wurden.
Grundlegung für Beziehung zwischen orthodoxer Kirche und Staat
Das 1967 vom österreichischen Nationalrat beschlossene "Orthodoxengesetz" setzte sich zur Aufgabe, der kanonischen Errichtung der Metropolis von Austria auch staatlicherseits Rechnung zu tragen, regelte die bekenntnismäßige Zugehörigkeit zur Orthodoxen Kirche in Österreich, erkannte die bestehenden orthodoxen Kirchengemeinden auf staatlicher Ebene an und schuf die Möglichkeit der Errichtung neuer Einrichtungen. Es gewährleistet u.a. die Erteilung orthodoxen Religionsunterrichts an Schulen oder regelt vermögensrechtliche Fragen.
Seit der Novellierung im Jahr 2011 besteht mit Wirksamkeit für den staatlichen Bereich unter Vorsitz des Metropoliten von Austria eine orthodoxe Bischofskonferenz, zu deren Aufgaben insbesondere die Koordination des Religionsunterrichts, das kirchliche Begutachtungsrecht oder die Abgabe von Stellungnahmen gegenüber dem Bundesminister für Unterricht, Kunst und Kultur vor der Anerkennung von orthodoxen Einrichtungen zählen.
Der heutige Festakt wurde mit einer Vesper in der griechisch-orthodoxen Kirche zum Heiligen Georg in der Wiener Griechengasse eröffnet. Im Anschluss daran fand in der griechisch-orthodoxen Kathedrale zur Heiligen Dreifaltigkeit am Wiener Fleischmarkt die eigentliche Festversammlung statt. Nach den Grußworten von Hausherr Metropolit Arsenios gaben der Leiter des Kultusamtes, Oliver Henhapel, und Anton Stifter, zuständiger Beamter für die Orthodoxie im Kultusamt eine erste Einführung in die komplexe Rechtsmaterie des Orthodoxengesetzes.
Passgenaue Würdigung für Orthodoxengesetz und orthodoxes Kloster
Den Festvortrag hielt der Religionsrechtsexperte Dominik Orieschnig. Seine Würdigung einer visionären Grundsteinlegung für die Ökumene war nicht nur ein passgenauer Ausdruck für die Bedeutung des Orthodoxengesetzes mit seiner Regelung der Rechtsverhältnisse der griechisch-orthodoxen Kirche in Österreich. Es war zugleich eine passgenaue Würdigung der Baustein-Spende von Papst Franziskus für das erste Orthodoxe Kloster in Österreich. Sowohl das Orthodoxengesetz als herausragende "kulturhistorische Leistung der Republik Österreich", womit die Orthodoxen in der Zweiten Republik angekommen waren, als auch das Projekt des Orthodoxen Klosters als "ein lebendiges soziales Bauwerk" seien "ökumenische Weichenstellungen von enormer Innovationskraft". Beide würden zum Ausdruck bringen, dass der "intellektuelle Reichtum" des österreichischen Staates "wesentlich auch in der Vielfalt der mit ihm historisch verwachsenen Religionsgemeinschaften und Kirchen besteht".
Orthodoxe Christen in Österreich
In Österreich leben zwischen 400.000 und 450.000 orthodoxe Christen. Sieben orthodoxe Kirchen haben hier kirchliche Strukturen und sind in der seit 2010 bestehenden Orthodoxen Bischofskonferenz vertreten: Das Patriarchat von Konstantinopel (griechisch-orthodox), das Patriarchat von Antiochien, die russisch-orthodoxe Kirche, die serbisch-orthodoxe Kirche, die rumänisch-orthodoxe Kirche, die bulgarisch-orthodoxe Kirche und die georgisch-orthodoxe Kirche. Der Bischofssitz der georgisch-orthodoxen Kirche für Österreich ist derzeit allerdings vakant.