Zwei Minderheiten-Bischöfe als Antennen europäischer Zukunft
Eisenstadts Bischof Ägidius Zsifkovics nahm an Weihe des neuen Bischofs der dalmatischen Diözese Hvar, Petar Palić, teil - Neuer kroatischer Bischof mit Österreich eng verbunden - Zsifkovics nutzt Dalmatienreise zu intensivem Dialog mit kroatischen Bischöfen und Ordensleuten
Sie kennen und schätzen einander seit vielen Jahren: Petar Palić, neu ernannter Bischof von Hvar, langjähriger Generalsekretär der Kroatischen Bischofskonferenz, und der Eisenstädter Bischof Ägidius Zsifkovics, der Montag Vormittag gemeinsam mit mehr als drei Dutzend überwiegend kroatischen Bischöfen dem neuen Mitbruder im Bischofsamt in der St. Stephans-Kathedrale auf der Insel Hvar die Hände auflegen durfte. Doch die Geste geistlicher Solidarität aus Eisenstadt hat eine starke geschichtliche und kulturelle Hintergrundstrahlung.
Diaspora-Kroaten als besonders empfängliche Antennen für den unveräußerlichen Wert von Glauben, Sprache und Kultur
Denn noch ein weiterer Aspekt verbindet Ägidius Zsifkovics und den am 9. März 2018 von Papst Franziskus zum Bischof von Hvar ernannten Petar Palić: Aus Janjevo (Kosovo) stammend, entstammt auch Palić einer außerhalb Kroatiens lebenden kroatischsprachigen Minderheit. Mit ihm erhielt nun zum zweiten Mal in der Geschichte des Landes ein Diaspora-Kroate die Bischofsmitra. Damit bildet sich gleichzeitig auch eine besondere Affinität zwischen Eisenstadt und Hvar ab, deren amtierende Bischöfe in eigener Person und Generationengeschichte das Modell einer europäischen Zukunft abseits gesellschaftlicher Uniformierung abbilden, in der Kirche und Glaube Garant für die Freiheit des Menschen bleiben: Als lebende Knotenpunkte in einem weitverzweigten Netz kultureller, sprachlicher und weltanschaulicher Bezüge vereinen beide Geistliche die fünfhundert Jahre alte Genetik eines vertriebenen Volkes in der Diaspora mit dem in kirchlichen Eliteschmieden kultivierten Verständnis des Christentums als Kraft, die die Grenzen von Nation, Rasse, Ideologie und Sprache überschreitet.
Neuer Bischof von Hvar mit Österreich eng verbunden
Petar Palić wurde am 3. Juli 1972 in der Nähe von Priština, ehemals Jugoslawien, geboren. Von 2005 bis 2009 studierte er an der Universität Graz Moraltheologie und wurde 2009 zum Dr. theol. promoviert. Während dieses Aufbaustudiums war er in der Pfarrseelsorge im steirischen Dobl tätig. Von 2009 bis 2011 war er Bischofsvikar für die Seelsorge, von 2011 bis 2017 Generalvikar der Diözese Dubrovnik. Anschließend war er Generalsekretär der kroatischen Bischofskonferenz. Der deutliche Österreichbezug des neuen Bischofs geriet auch durch die Anwesenheit der österreichischen Bischöfe Wilhelm Krautwaschl und Maximilian Aichern sowie des Generalsekretärs der Österreichischen Bischofskonferenz Peter Schipka beim Weiheakt in Erinnerung. Einen lebendigen Bezug zur Kirche Dalmatiens kann neben Bischof Zsifkovics vor allem Altbischof Maximilian Aichern aufweisen. Der Ordensmann Aichern war als früherer Benediktinerabt mit der Visitation dalmatischer Klöster betraut und gilt unter den Bischöfen der Region als profunder und über die Grenzen seines Ordens hinaus verdienter, hochgeschätzter Kommunikator.
Ein väterlicher Altbischof, der seinen Nachfolger liebevoll segnet
Eine menschlich besonders berührende Note erhielt die Bischofsweihe im Dom von Hvar durch die Ansprache des Altbischofs der Diözese, Slobodan Štambuk. Bischof Štambuk, der die Inseldiözese Hvar fast 30 Jahre lang als Hirte geleitet hat und selbst von einer der vor Split liegenden Inseln stammt, fand vor den Gläubigen und der medialen Öffentlichkeit Worte, die väterliches Wohlwollen für seinen Nachfolger ebenso zum Ausdruck brachten wie ein vorbildliches theologisches Verständnis des Bischofsamtes als Dienst und nicht als Besitz. Mit Herz und Humor segnete Štambuk seinen Nachfolger Petar Palić und verschaffte ihm - nach der öffentlichen Verlesung des päpstlichen Ernennungsdekretes durch den päpstlichen Nuntius - mit seinen Worten und seiner herzlichen Haltung starken psychologischen Rückenwind bei den Gläubigen und in der Öffentlichkeit. Rückenwind, den Palić gut gebrauchen kann, wenn er für die nicht einfache pastorale Aufgabe als Hirte auf den mentalitätsmäßig und soziokukturell sehr unterschiedlichen, in jüngster Zeit durch einen aggressiven Tourismus herausgeforderten Inseln der Diözese Hvar in See stechen wird. Mit seiner Geste erwies sich Altbischof Štambuk als reifer Hirte, der seine betagten Hände öffnet - um loszulassen und erst dadurch wahrhaftig zu segnen.
Reisediplomatie im Zeichen eines vereinten Europas starker Identitäten
Bischof Zsifkovics nutzte seine Dalmatienreise, um mit zahlreichen Vertretern von Kroatiens Diözesan- und Ordenskirche ins persönliche Gespräch über jüngste gesellschaftliche und politische Entwicklungen in Kroatien und Europa zu kommen. So bat etwa der Erzbischof und Metropolit von Split-Makarska, Dr. Marin Barišić, Bischof Zsifkovics am Dienstag Nachmittag ins erzbischöfliche Palais am Hafen von Split. Gegenstand dieses Gespräches war unter anderem die vielen kirchlichen Beobachtern Sorge bereitende Wahrnehmung, dass in Kroatien und anderen Staaten Südost- und Osteuropas der nötige Transitionsprozess von den geistigen und moralischen Devastierungen des Kommunismus hin zu einer demokratisch-humanistischen Gesellschaft bedroht ist von den Gefahren schnellen Geldes und einer nicht unerheblichen Geschichts- und Kulturvergessenheit.
Modell des freien, in Sprache, Glauben und Identität verankerten Menschen
Diesem Phänomen gelte es, so Zsifkovics, mit Selbstbewusstsein, mit einer Hochhaltung von Familie und Gemeinschaft, mit gesundem Stolz auf die jeweils eigene Kultur und Sprache und nicht zuletzt mit Freude am christlichen Glauben entgegenzusteuern. Nur der bewusste Blick auf die eigenen Wurzeln ermögliche es, die Zukunft verantwortungsvoll zu gestalten. Das beinhalte die Fähigkeit, historische Altlasten zu übersteigen und bereit zu sein, immer wieder zu verzeihen und von neuem zu beginnen. Die Vision von den ‚Vereinigten Staaten von Europa’, sei eine Totgeburt, wenn diese Vision nicht auf einem humanistischem Menschenbild und intakten Werten von Familie, Gemeinschaft, Identität beruhe, so Zsifkovics, der Europabischof der Österreichischen Bischofskonferenz. Europa werde nur dann eine seinen eigenen humanistisch-jüdisch-christlichen Wurzeln gerecht werdende Zukunft haben, indem es seine Völker und Kulturen mit ihren sehr unterschiedlichen, teils überaus leidvollen Erfahrungen anerkenne und gerade dadurch in einem gemeinsamen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts noch stärker aneinander und an die gemeinsamen europäischen Werte binde. Dazu gehöre es, so der Eisenstädter Bischof, einer neuen "politischen Religion", die heute die Gestalt eines ideologischen Säkularismus trägt, nicht auf den Leim zu gehen.
Diözese Hvar
Bis zum 7. Jahrhundert waren die dalmatischen Inseln Hvar, Brač und Vis dem Erzbistum Split unterstellt. Erst im Jahre 1147 wurde die Diözese Hvar errichtet. Sitz des Bischofs war bis 1278 Stari Grad, Kathedrale war die heutige St.-Stephans-Kirche. Dann wurde das Bistum in die auf Betreiben der Republik Venedig nunmehr zum Hauptort der Insel ausgebaute Stadt Hvar verlegt, wo es sich auch heute noch befindet.
Die Diözese war anfangs dem Erzbistum Zadar unterstellt, das sich bereits unter venezianischer Kontrolle befand. Im Jahre 1180 fiel die Insel Hvar an König Béla III. von Ungarn und Kroatien, der die Diözese 1185 zum Erzbistum Split transferierte.
Seit dem 14. Januar 1889 umfasst das klerikale Territorium des Bistums 46 Gemeinden auf den Inseln Hvar, Brač, Vis, Šćedro und einigen kleineren benachbarten Inseln.
Die heutige Kathedrale St. Stjepan in Hvar stammt aus dem 16. Jahrhundert und ist dem heiligen Papst Stephan I. geweiht. Die dort zu sehenden Altarbilder stammen von italienischen Meistern des 16. Jahrhunderts.