Gallus (16. Oktober)
Ein Kanton und eine Stadt tragen den Namen eines Einsiedlers: St. Gallen in der Schweiz entwickelte sich im Mittelalter aus der Zelle des irischen Glaubensboten Gallus, der um das Jahr 590 als Wandermönch auf den Kontinent gekommen war. Bis zum heutigen Tag zeugt die barocke Klosteranlage von St. Gallen von der Blüte einer der bedeutendsten Abteien Europas, deren Geschichte sich über zwölf Jahrhunderte erstreckte und die ihren Anfang nahm in dem kleinen Bethaus des Gallus. Von hier aus wurde die Kultur des Abendlandes maßgeblich mitgestaltet.
Gallus, der um 550 in Irland geboren wurde, gehörte zu den zwölf Mönchen des berühmten irischen Klosters Bangor, die um 590 zusammen mit Kolumban zuerst nach Frankreich kamen. Kolumban gründete dort das berühmte Kloster Luxeuil, westlich von Mülhausen. Zu zweit zogen Gallus und Kolumban dann später über Metz und Zürich weiter bis nach Tuggen am Ostende des Zürichsees. Dort ließen sich die beiden Glaubensboten in der Absicht nieder, die hier lebenden Heiden zu bekehren. Doch trotz täglicher Predigten, die Gallus sogar in alemannischer Sprache hielt, gingen die heidnischen Bewohner weiterhin zu den Opferstätten im Wald, um ihren Götzen zu dienen. Der hitzige Kolumban geriet darüber so in Zorn, dass er schließlich den heidnischen Opferaltar in Brand steckte und die Opfergaben in den See warf.
Diese unbesonnene Handlungsweise des irischen Mönches reizte die Bewohner von Tuggen bis auf Blut. Bevor sie jedoch Rache nehmen konnten, flohen Gallus und Kolumban und ließen sich in Bregenz nieder. Auch hier war das Christentum noch nicht sehr verbreitet. Unermüdlich setzten sich die beiden Wandermönche erneut für die Verkündigung des Evangeliums ein, wirkten drei Jahre scheinbar erfolgreich, wurden dann aber erneut vertrieben.
Nachdem Kolumban und Gallus drei weitere Jahre an verschiedenen Orten rund um den Bodensee missioniert hatten, trennten sich ihre Wege. Kolumban zog nach Oberitalien, wo er in der Folge das Kloster Bobbio gründete. Gallus, dessen Gesundheitszustand stark geschwächt war, konnte dem Freund nicht auf dem beschwerlichen Weg über die Alpen folgen und blieb bis zu seiner Gesundung bei Priester Willemar in Arbon am Bodensee. Zusammen mit dem Diakon Hiltibold zog sich Gallus danach in eine Wildnis südlich des Bodensees zurück und baute sich dort am sogenannten Mühletobel eine Klause.
In den folgenden Jahren wurde der Eremit Gallus zu einem begehrten Ratgeber bei Volk und Klerus. Im Jahr 615 trug man ihm die Bischofswürde von Konstanz an, doch Gallus lehnte ab. Klerus und Adel kamen immer wieder zu ihm und baten un seinen Rat und seine Hilfe. 625 erschien eine Abordnung aus Luxeuil in der Klause am Mühletobel, um Gallus die Abstwürde ihres Klosters anzutragen. Der Einsiedler lehnte auch dies ab. Er war glücklich und zufrieden in seinem Wald, hatte inzwischen eine größere Zahl von Gleichgesinnten um sich geschart und lebte mit ihnen nach der Regel seines einstigen Gefährten Kolumban.
Die folgenden 20 Jahre liegen bis heute im Dunkel. Gallus starb am 16. Oktober 640 in Arbon, 90 Jahre alt. Beigesetzt wurde er in seiner Klause zwischen dem Altar und der Chorwand. Schon 80 Jahre später entstand aus dieser Zelle mit dem Grab des Einsiedlers die Abtei St. Gallen, in der Abt Otmar die Benediktinerregel einführte. Die prächtige Kathedrale in St. Gallen mit der Gallus-Krypta trägt den Namen von Gallus und Otmar.
Verehrung/Brauchtum
Die Grabstätte von Gallus in St. Gallen war Wallfahrtsort bis zur Reformation; bis ins 19. Jh. gab es dort auch den Brauch der Weinsegnung (gegen Fieberkrankheiten). Gallus-Patronizien gab es in großer Zahl in der Schweiz, in Süddeutschland und im Elsaß.
In der Diözese Strassburg gedenken die Gläubigen Gallus gemeinsam mit seinem Gefährten Kolumban am 23. November.
Darstellung
Gallus ist als Einsiedler oder (Benediktiner) Mönch, seltener auch als Abt dargestellt. Als Attribut hat er meist einen Wanderstab in der Hand. Oft befindet sich auch ein Bär auf Gallus-Abbildungen; dies geht auf die Legende zurück, dass der Einsiedler einmal einem Petz befahl, ihm als Strafe dafür, dass er ihm sein Essen hatte stehlen wollen, Brennholz zu bringen. Diese Darstellung mit dem Bären ist beispielsweise bei Schnitzfiguren aus der Zeit um 1490 in St. Stephan in Augsburg und in der Lorenz-Kapelle in Rottweil zu sehen. Ein Fresko aus dem 11. Jh. in der Krypta von St. Mang in Füssen zeigt Gallus als Mönch.
Einsiedler
geboren: um 550 in Irland
gestorben: 16. Oktober 640 in Arbon, Schweiz
Patron von Bistum, Kanton und Stadt St. Gallen; der Gänse, Hühner und Hähne (gallus=Hahn); der Fieberkranken
Patron von: Neusiedl a. S.