Eberau/Gaas
Geschichte
Die Anfänge der heute größten und schönsten Wallfahrtskirche des südlichen Burgenlandes, die ihren Namen den umliegenden Weingärten verdankt, reichen in das 12. Jahrhundert zurück. Das Chronogramm im Chorraum des heutigen Gotteshauses lautet: „saLVe sanCta Mater“. Die Großbuchstaben MCLV ergeben die Jahreszahl 1155, die auch in einer Visitationsurkunde des 17. Jahrhunderts aufscheint. Diese Jahreszahl dürfte sich auf den gotischen Chorraum, den ältesten Bauteil der Kirche, beziehen. Im Zuge von Renovierungsarbeiten stieß man wiederholt auf romanische Bauelemente einer ehemaligen Burgkapelle, die mit der 1221 erstmals erwähnten Burg „Kertes“ in Zusammenhang gebracht werden kann. Der Aus- und Umbau des romanischen Baus zu einer spätgotischen Kirche dürfte im Verlauf des 15. sowie zu Beginn des 16. Jahrhunderts erfolgt sein. 1475 gewährte Papst Sixtus IV. in einer Bulle all jenen, die einen Beitrag zur Erhaltung der Kirche leisteten, einen Ablass. In der Folge wurde das kleine gotische Gotteshaus mit Netzrippengewölbe aus Terrakotta errichtet, bereits im 15. Jahrhundert war der Ort eine viel besuchte Gnadenstätte. 1524 wurde der um das heutige Langhaus vergrößerte Sakralbau vom Raaber Weihbischof Franz von Megara zu Ehren Mariä Himmelfahrt geweiht, in der Wirkungszeit des Pfarrers Georg Legath (1777 bis 1820) wurde der Bau mit einer barocken Einrichtung ausgestattet. Der gotische Turm stürzte 1750 ein, er wurde noch vor 1777 in seiner heutigen, barocken Form wiederhergestellt. Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges erlitt die Kirche schwere Schäden, Dach und Decke stürzten ein. 1948 konnte der Turm neu eingedeckt werden, 1952 erhielt die Kirche vier neue Glocken und neue Fenster im Chorraum. Unter Mithilfe des Bundesdenkmalamtes und der Kulturabteilung der Burgenländischen Landesregierung sowie der Diözese Eisenstadt wurden in den vergangenen Jahrzehnten sämtliche Statuen und Einrichtungsgegenstände einer gründlichen Restaurierung unterzogen. Den krönenden Abschluss dieser Arbeiten bildete die große Außen- und Innenrenovierung mit der feierlichen Einweihung durch Diözesanbischof Dr. Paul Iby am 15. August 1998. Maria Weinberg gilt als Zentrum der Marienverehrung des südlichen Burgenlandes. Bis heute hat die „Weinbergerin“ – wie Maria Weinberg im Volksmund liebevoll genannt wird – nichts an Beliebtheit eingebüßt. Wallfahrtstage sind neben dem 15. August auch der 8. September, der 8. Dezember und der 25. März.
Äußeres
Die historisch unterschiedlichen Bauabschnitte prägen das Erscheinungsbild der beliebten Wallfahrtskirche. Der alte Bauteil aus dem 15. Jahrhundert, der heutige Chorraum, wird von dem im 16. Jahrhundert errichteten einschiffigen Langhaus weit überragt. Zweifach abgestufte Strebepfeiler umgeben die Außenmauern. Der im Kern gotische Turm dürfte etwa zur selben Zeit wie das Langhaus entstanden sein. 1777 erfolgte nach einem Einsturz die Wiederherstellung des oberen Turmteiles in seiner barocken Form. Er trägt einen Zwiebelhelm. Der kleine markante Bau vertritt eine in der mittelalterlichen Baukunst weit verbreitete Form einer Friedhofskapelle: den Karner. Das im Kern spätgotische, barock umgestaltete Bauwerk mit steilem Satteldach wird heute als Kerzen-Kapelle genutzt. Diese birgt einen Altar mit einer Kreuzigungsgruppe (17. Jahrhundert). Unterhalb der Kapelle befindet sich die Beinkammer, in die Knochen geworfen wurden, welche bei der Neuanlegung von Gräbern zum Vorschein kamen.
Innenraum
Der einheitliche Saalraum weist ein fünfjochiges, weitmaschiges Netzrippengewölbe auf. Das Gewölbe ruht beiderseits auf Konsolen, die Wappen, Hauszeichen und Steinmetzzeichen zieren. Der älteste Bauteil, der Chor, ist von einem zierlichen Netzrippengewölbe überspannt. Den Abschluss der Wandkonsolen bilden Tierköpfe. Der barocke Hochaltar stammt aus dem Jahr 1785. Oberhalb der Gnadenstatue thront Gott Vater in den Wolken, die Weltkugel in der Hand, von Engeln umgeben. Die Figuren beiderseits der Doppelsäulen stellen die Ungarnkönige Stephan und Ladislaus sowie die Eltern Mariens, Joachim und Anna, dar. Im Zentrum des Hochaltares steht die Gnadenstatue der Muttergottes, die zu den schönsten spätgotischen Kunstwerken des Burgenlandes zählt (1460 / 70). Die im Jahr 1965 freigelegten Fresken und Malereien dominieren weitgehend das Aussehen des Kirchenraums. Die Darstellung der Kreuzabnahme über dem Triumphbogen stammt aus dem 17. Jahrhundert. Neben dem gotischen Sakramentshäuschen hängt ein bemerkenswertes spätgotisches Kruzifix, das – einzigartig im Burgenland – Christus mit Perücke zeigt (15. Jahrhundert). Die Kanzel der Kirche wurde im Jahr 1795 gefertigt. Den Schalldeckel schmücken Engel mit Kreuz, Anker, Kelch und Gesetzestafeln. Die Reliefs stellen den Sämann sowie die Aussendung der Apostel dar. Am Stufengeländer ist das Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg zu sehen. Die einfacher als der Hochaltar gegliederten Seitenaltäre stammen aus dem Jahr 1793. Der Antoniusaltar auf der Kanzelseite trägt Figuren der Heiligen Donatus, Antonius von Padua und Florian. Die Heiligen Leonhard, Georg und Rochus sind auf dem Georgsaltar zu sehen. Eine Nische an der Südwand birgt eine Figur des hl. Nepomuk. Die barocke Steinsäule mit der Darstellung der Immaculata in der Mitte der Kirche stammt aus dem Jahr 1625. Die Sockelinschrift in deutscher, kroatischer und ungarischer Sprache lässt erkennen, dass hier seit Generationen Wallfahrer unterschiedlicher Muttersprachen beten. Das Gehäuse der Orgel, die auf der Empore steht, ist ein Werk aus dem Jahr 1794. Konzerte, die in der Wallfahrtskirche Maria Weinberg regelmäßig veranstaltet werden, laden Besucher zum Innehalten und zur Besinnung ein.
aus „Bedeutende Wallfahrten, Kirchen und Kapellen“
Band II: Niederösterreich und Burgenland
Journal-Verlag