Rattersdorf
Die Wallfahrtskirche Rattersdorf ist Pilgern und Kircheninteressierten zu empfehlen.
Die Rattersdorfer Wallfahrtskirche liegt eingebettet in die hügelige Landschaft des Mittelburgenlandes. Zwischen Wäldern und Wiesen zeigt sich den zahlreichen Pilgern der malerische Ort und sein Gotteshaus, das im Grunde aus zwei „zusammengebauten“ Kirchen besteht. Der ältere Süd-Teil hat seine Wurzeln im 12. Jahrhundert, während der Nordtrakt im 15. Jahrhundert errichtet wurde. Beide Kirchen wurden während der ersten Türkenbelagerung 1529 zerstört. Es kam bis zum 17. Jahrhundert zum Wiederaufbau, vorangetrieben durch die beiden Fürstenhäuser Nadásdy und Esterházy. Das Patrozinium der Südkirche lautet auf Maria Geburt und geht auf das Mittelalter zurück, während das Patrozinium der Nordkirche mit Maria Heimsuchung gegenreformatorischen Ursprungs ist.
Drei „große Tage“
Gegenwärtig gibt es drei Hauptwallfahrtstage: Der Sonntag nach dem 2. Juli (Maria Heimsuchung), der 15. August (Maria Aufnahme in den Himmel) als Höhepunkt und der 8. September (Maria Geburt). Pilger kommen besonders aus der näheren Umgebung wie Mannersdorf, Pilgersdorf, Piringsdorf und Oberloisdorf. Seit der Grenzöffnung zu Ungarn haben sich auch wieder Wallfahrten aus Velem und Köszeg etabliert.
Die Pilger können so einiges bestaunen: An erster Stelle muss wohl das Gnadenbild „Maria lactans“ (Stillende Muttergottes) erwähnt werden. Eine Besonderheit ist zudem die paraventartige Bilderwand mit 34 Bildtafeln rund um den Gnadenaltar (siehe Foto), die in dieser Form wohl einzigartig ist. In der oberen Reihe sind 14 Portraits von Augustinern zu sehen. In der Mitte der unteren Reihe (hinter dem Altaraufsatz) ist Christus dargestellt, umgeben von den vier Evangelisten, acht Aposteln und vier Kirchenväter. Ikonographisch besonders wertvoll ist die Bekrönung dieser Bilderwand. Es handelt sich dabei um ovale Öltafelbilder, die jeweils von zwei runden Bildern flankiert werden. Bei Restaurierungsarbeiten in den 1990er-Jahren wurden im Südschiff Fresken aus der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts freigelegt, was kultur- und kunstgeschichtlich äußerst bedeutsam ist. Auf einem Fresko sind die drei ungarischen Könige Stefan, Ladislaus und Emmerich zu erkennen. Auf der Südseite über dem Eingang zur Sakristei sieht man den Kampf des heiligen Georg gegen den Drachen.
Grenzüberschreitend
Die Wallfahrtskirche hat unter Pfarrer Michael Muck (der 1979 gestorben ist) eine Blütezeit erlebt. Jährlich kamen viele Gruppen auch abseits der großen Festtage. Die Wallfahrten sind bis heute nicht versiegt. Ungarische Fußwallfahrer machen auf ihrem Weg nach Mariazell in Rattersdorf Station. Das Eingangstor unter dem Turm ist in den Sommermonaten in der Regel geöffnet. Von dort erhält man durch ein geschmiedetes Eisentor einen guten Blick in die Kirche. In diesem Eingangsbereich können die Besucher Kerzen anzünden. Es gibt einen für alle erreichbaren Lichtschalter, mit dem man die Beleuchtung des Gnadenbildes betätigen kann.
(aus dem martinus - Kirchenzeitung der Diözese Eisenstadt, 20. September 2020)