Santiago de Compostela
Die Stadt im Nordwesten Spaniens ist die Faszination einer Legende, die in der Glanzzeit der Wallfahrt täglich tausend Pilger und mehr auf den Weg quer durch Europa gebracht hat. Santiago ist die Stadt eines Apostels, der die Menschen angezogen hat wie kein anderer. Viele Jakobuskirchen und -kapellen kennzeichnen das Netz der Wege, das über den ganzen Kontinent gespannt war.
In der Krypta der gewaltigen Kathedrale wird ein silberner Sarkophag gezeigt. Doch dieser enthält nicht die Gebeine des Jakobus des Älteren, des „wahren Jakob“. Und doch hat die Legende, die davon erzählt, dass die Zwölf nach der Himmelfahrt Jesu die damals bekannte Welt unter sich aufgeteilt hätten und Jakobus so als Missionar nach Spanien gekommen sei, bis heute eine gewaltige Anziehungskraft.
Historisch gesichert ist nur, dass Jakobus als Bischof von Jerusalem um das Osterfest des Jahres 44 von Herodes Agrippa zum Tode verurteilt und hingerichtet wurde. Hier setzt die Legende ein, die zu berichten weiß, dass der hl. Leichnam auf einer Fischerbarke wieder dorthin überführt worden sei, wo der Apostel seine ersten Missionsversuche unternommen habe. Dann schweigen Geschichte und Legende für viele Generationen. Im 9. Jahrhundert wurden die angeblichen Überreste des Jakobus unter Bischof Theodomir aufgefunden. Die Wallfahrt konnte beginnen. Für fünfhundert Jahre war Santiago das Ziel ungezählter Pilger, die zu Fuß, mit dem Schiff und auf dem Pferd aus den letzten Winkeln Europas kamen. In Hospizen und Ordensgemeinschaften wurde für die Reisenden in Sachen Jakobus, deren Zeichen bald die Muschel wurde, gesorgt. Heute sind es jährlich einige tausend Pilger aus ganz Europa, die nach strenger Prüfung durch den Sekretär der Kathedrale, die begehrte Pilgerurkunde erhalten.
Wenn der Europarat den Camino, den Jakobsweg durch den Norden Spaniens, zum Kulturdenkmal erklärte, dann wird dem Apostel, der durch die Wallfahrtsbewegung von Osten nach Westen das Abendland zusammenführte, größte Reverenz erwiesen.